Schneckle im Elchtest
mich langsam doch. Mächtig sogar.
»Steve, es ist absolut alles gesagt. Es ist vorbei. Hallo? Erde an Steve, Ciaociao Bambino. Isse Ende. Finito! Capice? Ich gehe jetzt!«
Ich rumste mit dem Trolley gegen Steves Knie. Das Ding war mächtig schwer. Wie sollte ich damit denn bis zur nächsten Ortschaft mit einer Busanbindung kommen?
»Sabine ...«, bettelte er.
Meine Güte, war das würdelos.
Ich beschloss, ihm den Rest zu geben: »Steve, du bist bereits Geschichte. In Stuttgart wartet bereits mein neuer jugendlicher Geliebter auf mich. Ein wahrer Adonis! Er arbeitet, äh, in einer Autowerkstatt und macht tolle Sauereien mit, äh, Motoröl.«
Ich lächelte beim Gedanken an MO. Ob der wohl auf solche Schweinereien stand? Vielleicht hatte er Glück und seine Kfz-Sahneschnitte entpuppte sich tatsächlich als schwules Pendant. Allerdings standen seine Chancen schlecht: In Kfz-Werkstätten arbeiteten hauptsächlich Heteros.
»Du hast einen anderen?«, wollte Steve entsetzt wissen. Er räusperte sich. »Ich vergebe dir.«
»Nein!«, brüllte ich. »Du sollst mir nicht vergeben! Ich will hier weg! Von dir! Für alle Zeiten! Wenn mein Handy funktionieren würde, könnte ich jetzt einen Hubschrauber einfliegen lassen, der mich zurück nach Stuttgart nimmt. Aber mein Handy funktioniert ja nicht! Und Ediths Telefon ist abgeschlossen. Deshalb laufe ich jetzt bis in die nächste Stadt. Steve?«
»Ja?«
»Verzieh dich! Du Null! Und mach’s beim nächsten Mal wenigstens etwas besser. Ciao!« Ich schnaufte tief durch, schnappte den Trolley und drängelte mich an meinem neuen Ex vorbei.
Da packte mich das Rindvieh doch tatsächlich am Arm und schüttelte mich: »Das kannst du mit mir nicht machen«, zischte er. »Du hast mich die ganze Zeit nur ausgenutzt! Hast dein langweiliges Image in Stuttgart mit mir aufpoliert. Hier in Schweden hast du dich von meiner Familie aushalten lassen. Unsere Gutmütigkeit ausgenutzt!«
»Das ist ja wohl ... Egal. Halt deine Rede vor dem Spiegel«, hielt ich ihm verärgert entgegen, während ich versuchte, mich loszureißen. »Über deine feine Familie möchte ich jetzt wirklich nichts mehr sagen. Keinen Ton. Und zu dir sage ich jetzt zum letzten Mal adiós!«
»Ja, geh doch, du frigide Kuh!«, brüllte da der Abservierte. »Geh zu deinem Motormann! Vielleicht erträgt der deine Launen und deinen merkwürdigen Humor besser. Viel Spaß auch bei deinem miesen kleinen Schwabenleben mit deinen bescheuerten, verklemmten Freundinnen. Geht doch alle und zieht auf den Killesberg!«
»Steve? Weißt du was? Das ist eine gute Idee!«
Da schickte mir der Lebensmüde noch einen Satz hinterher: »Nie wieder werde ich mich auf eine Frau mit einem derart dicken Hintern einlassen. Ganz egal, wie reich sie ist.«
Ich drehte mich um. In Zeitlupe.
Dabei ballte ich bereits meine rechte Faust – und umschloss den Daumen
nicht
mit den anderen Fingern. Er lag schön locker auf einem Zeigefingerknöchel. So, wie es sich für all diejenigen, die jemals einen Rocky-Film gesehen haben, gehörte.
»Was hast du gesagt?«, wollte ich leise wissen.
»Ich habe gesagt, dass ich mich nie wieder mit einer Frau mit einem derart fetten Hintern ...«
Weiter kam er nicht, weil meine Faust ein wundervolles »Krrrx« aus seiner Nase zauberte. Himmel, der Kerl blutete wie ein abgestochenes Schwein! Wunderbar, dieses Rot! Ich schüttelte meine Faust in Gedenken an Hartmut gen Himmel, noch einmal meinen Kopf über so viel Blödheit und stapfte endlich los. Ljungby, die nächstgrößere Stadt, konnte eigentlich gar nicht so weit entfernt sein.
Back to the roots oder:
Neues Spiel, neues Glück
Im Bus gähnte ich Volker nilpferdmäßig an: »So, das war’s.«
Ich hatte viele Stunden lang erzählt und dabei den gesamten nichtalkoholischen Cola-Vorrat der Manager geplündert. Wir waren durch endlose Wälder gefahren, hatten uns auf der Fähre nach Deutschland die Beine vertreten und die letzten Kilometer nach Lübeck schließlich wieder im Dunkeln gesessen.
»Wann hast du eigentlich zum letzten Mal geschlafen?«, wollte Volker wissen.
»Keine Ahnung. Ist schon eine Weile her.«
Ich musste schon wieder gähnen. Nicht einmal die Cola kam noch gegen den Sandmann an, der seit einiger Zeit mit einem Vorschlaghammer auf meinem Kopf herumdrosch.
»Was hast du denn jetzt vor? Willst du dir in Lübeck ein Zimmer nehmen?«, wollte Blondie von mir wissen.
»Das wäre wohl das Beste«, meinte ich. »Schade, dass ich so müde bin und
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