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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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Wohnung. Zum Glück war eine Bushaltestelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite, sodass ich tatsächlich nur eine halbe Stunde später am Hauptbahnhof Lübeck in einem Zug in Richtung meiner wundervollen schwäbischen Heimat saß. Vor mir lagen zweimal Umsteigen und über sieben Stunden auf der Schiene. Das sollte genug Zeit sein, um mir gründlich zu überlegen, wie ich Nina und Silke in Stuttgart wieder unter die Augen treten konnte.

    Drei Tage später widmeten Nina, Silke und ich uns in meiner Wohnung ausgiebig der Schönheitspflege. Erstaunlicherweise hatten mich meine Freundinnen nicht mit Hohn und Spott überschüttet, sondern waren einfach nur froh gewesen, Steve nie wieder über den Weg laufen zu müssen.
    »Und die romantische Doppelhochzeit rückt auch wieder in den Bereich des Möglichen«, hatte Silke frohlockt. »Ganz im Ernst: Nichts gegen Onkel Eugen. Aber eine Hochzeit in seinem Garten wünsche ich niemand.«
    Während Nina sich Wachsstreifen auf ihre Schienbeine klebte, meckerte sie: »Sabine, du musst endlich die Wachsstreifen von deiner Oberlippe ziehen. Vorher kannst du die Haarkur nicht auswaschen.«
    »Ich weiß«, seufzte ich. »Aber das tut so weh. Ich esse vorher lieber noch einen Muffin.«
    Nina blickte mich über ihre Krähenfüße-Maske hinweg strafend an. »Der kurze Schmerz geht schnell vorbei. Aber den Muffin schleppst du vielleicht dein ganzes Leben auf der Hüfte mit dir herum.«
    Demonstrativ zerrte sie die Kaltwachsstreifen unbarmherzig von ihrem ersten Schienbein – selbstverständlich ohne auch nur einen einzigen Laut von sich zu geben.
    »Autsch«, sagten Silke und ich dafür stellvertretend wie aus einem Mund und begannen albern zu kichern.
    Silke zupfte gedankenverloren an der trocknenden Gurkenmaske herum, die in ihrem Gesicht langsam zu bröckeln begann. »Weißt du was? Eigentlich siehst du ganz hübsch aus mit der grünen Maske im Gesicht, der blauen Maske in den roten Haarspitzen und der gelben Maske auf dem Dekolleté«, erklärte sie.
    »Jawohl.« Ich hielt ihr mein Holunderblütenschorle zum Anstoßen hin. »Alles so schön bunt hier.«
    »Ihr verkennt mal wieder den Ernst der Lage«, seufzte Nina dazwischen. »Wir gehen stramm auf die vierzig zu. Wir müssen kämpfen.«
    »Sir, jawohl, Sir!«, verkündete ich salutierend.
    Nina schüttelte nur resigniert den Kopf und begann, leise und despektierlich vor sich hinmurmelnd ihre Zehennägel zu lackieren.
    Da klingelte es an meiner Wohnungstür.
    Wir sahen uns relativ entsetzt an: drei Vogelscheuchen in Bademänteln, denen am ganzen Körper unzählige Masken und Papierstreifen klebten.
    »Wer kann das sein?«, fragte Nina skeptisch. »Hast du was bestellt?«
    Ich nickte. »Ja, Pizza.«
    »Ach so. Dann kann ich ja aufmachen«, freute sich Nina und humpelte mit ihrem linken, frisch lackierten Fuß und den Wachsstreifen am rechten Bein so majestätisch, wie es die grüne Gurken- und die blaue Haarmaske erlaubten, zur Tür.
    Auf einmal hörten Silke und ich sie entsetzt »Wah!« rufen, bevor sie sehr bestimmt sagte: »Äh, nein danke. Wir wollen keine Rosen kaufen. Auf Wiedersehen.«
    Darauf knallte die Tür zu und Nina humpelte zu uns zurück.
    »Peinlich, peinlich«, meinte sie schaudernd. »Da draußen stand nicht der Pizzabote, sondern ein endlos langes Terence-Hill-Double und wollte Rosen verkaufen. Meine Güte. Der Kerl sah ja ziemlich gut aus ... Wie weit sind wir gekommen, dass schon die Schönsten unter den Männern Unkraut an Wohnungstüren verticken müssen!«
    Da klingelte es wieder.
    Nina schnaubte. »Na warte, Blauauge.«
    Während sie zur Wohnungstür zurückhumpelte, klingelte etwas in meinem Hinterstübchen und das inzwischen schon fast wieder vergessene Ziehen im Magen stellte sich ein.
    »Blauauge ...«, murmelte ich vor mich hin.
    Ich lächelte Silke schief an, die mir auch gleich folgen konnte und kurz aufmunternd meine Hand drückte. Selbstverständlich waren meine beiden Busenfreundinnen über meinen Lübecker Ausrutscher genauestens informiert.
    »Denk einfach nicht dran«, flüsterte Silke mir zu. »Und wenn doch, dann vergiss nicht, dass du nicht zurechnungsfähig warst.«
    Ich nickte. »Schon. Aber er war so nett, freundlich und hilfsbereit, er sah so wahnsinnig gut aus – und war total witzig ... jedenfalls wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Vielleicht habe ich das auch nur geträumt. Auf jeden Fall habe ich mich ganz sicher total danebenbenommen und bin anschließend feige abgehauen

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