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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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bassig-versoffener Stimme der erwachte Volker an meiner Seite. Er rappelte sich auf und strahlte mich mit umwerfend blauen Augen an. »Guten Morgen, verrücktes Huhn. Gut geschlafen?«
    »Äh ja, ich glaube schon«, antwortete ich verdattert und registrierte verwirrt ein dumpfes Ziehen im Magen und heftiges Herzklopfen. Das war bestimmt eine heraufziehende Erkältung. Ich räusperte mich. »Auf jeden Fall habe ich vom Schlafen nicht viel mitgekriegt.«
    Er lachte. »Kein Wunder, nach dem, was du hinter dir hattest.«
    »Wieso? Was denn?«, fragte ich misstrauisch, zog die Decke bis zum Kinn und linste vorsichtig darunter.
    Natürlich hatte ich keine einzige Textilfaser mehr am Leib. Ich kniff die Augen fest zusammen und versuchte krampfhaft, mich an irgendeine Schandtat der letzten Nacht zu erinnern. Wie eine Keule kam da ein großes Stück Erinnerung angeflogen und knallte mir unfein gegen die Stirn.
    »Aua«, flüsterte ich und warf einen erschrockenen Blick auf meinen Synchronturnpartner der letzten Nacht.
    Der strahlte mich weiter glücklich an. Nun besaß er auch noch die Frechheit, mir eine besonders widerspenstige Locke aus der Stirn zu streichen, und rückte mir gewaltig auf die Pelle. Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt war ich den einen Fischkopf doch gerade erst losgeworden – da hatte ich schon den nächsten an mir drankleben. Das ging natürlich überhaupt nicht.
    Ich rückte ein Stück zurück und räusperte mich. »Äh, Volker, ich hoffe, dass du letzte Nacht nicht irgendetwas falsch verstanden hast.«
    Er rückte auf. »Aber nein.« Schon wieder zupfte er an meinen Haaren herum. »Ich habe das schon alles richtig verstanden.« Er gluckste. »Du bist vielleicht eine durchgedrehte Nudel. Wenn ich gewusst hätte, wie herrlich verrückt ihr Schwäbinnen seid, hätte ich nicht mein Leben lang einen großen Bogen um euch gemacht.«
    »Danke für das, hm, Kompliment. Das sollte doch eins sein, oder?«, fragte ich leicht konsterniert. Gänzlich unpassend erwiderte ich: »Ich muss mal.«
    »Aber bitte. Du kennst ja den Weg. Da waren wir schließlich auch«, freute er sich.
    »Wir waren zusammen auf dem Klo?«, fragte ich entsetzt.
    Er nickte glücklich. »Du meintest, das hätte eine tolle Höhe.«
    »Aha«. Anscheinend war doch nicht die gesamte Erinnerung zurückgekommen. Barmherzigerweise. »Wie auch immer. Ich muss mal.«
    Meine Kleider waren nicht zu sehen. Ich seufzte. Das war ja jetzt auch schon egal. Schließlich hatte Volker mich gestern stundenlang nackt gesehen. Da kam es heute Morgen auch nicht mehr darauf an. Ich hüpfte also im Evakostüm den Gang entlang zum Klo.
    Auf der Schüssel stellten sich dann doch noch einige Flashbacks ein, die mir spontan die Röte ins Gesicht trieben. Die kämpfte ich allerdings schnell nieder. Schließlich war ich eine gesunde, noch nicht so schrecklich alte Frau, die in den letzten Monaten quasi im Zölibat gelebt hatte. Da musste ja jeder andere Kerl, der nicht über Steves äußerst zweifelhafte Liebhaberqualitäten verfügte, meine aufgestaute Energie abbekommen. Das war nur natürlich. Hoffentlich sah Volker das auch so.
    Als ich den Gang zurück Richtung Schlafzimmer tappte, fiel mir auf, dass jeder einzelne Zentimeter von Wänden und Decke mit Reiseplakaten bedeckt war. Das erinnerte mich immerhin daran, dass der Kerl so etwas wie ein Reisebüro hatte.
    Vom Bett her kam zum Glück wieder leises Schnorcheln. Das bewahrte mich für den Moment vor weiteren Peinlichkeiten. Schade eigentlich. Mein Retter hatte was ... Andererseits kam ich auf die Art und Weise wenigstens schnell aus der Nummer raus. Ich sammelte meine Klamotten zusammen, zog mich schnell an und schnappte mir meinen Trolley. Doch den klassischen Abgang aller One-Night-Standler, zu denen ich im Übrigen gar nicht gehörte, bekam ich dann doch nicht hin. Das hatte Blauauge nicht verdient.
    Deshalb kritzelte ich noch schnell ein paar letzte warme Worte auf einen Fresszettel: »Lieber Volker, noch einmal vielen herzlichen Dank fürs Retten. Ich wünsche dir noch viele wunderschöne und aufregende Reisen – sogar nach Schweden – und ein herrliches Leben. Ich hoffe, du denkst nun tatsächlich positiv von uns Schwaben – wir sind nämlich deutlich besser als unser Ruf. Dein sehr dankbares Schneckle.«
    Das war’s. Ich legte dem Schnarcher den Zettel auf die wunderbarerweise völlig haarlose Brust, fühlte noch einmal das merkwürdige Ziehen im Magen und schlich mich dann mit meinem Trolley aus der

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