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Schnee an der Riviera

Schnee an der Riviera

Titel: Schnee an der Riviera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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und aparte dunkle Augen. Sie kleidete sich geschmackvoll und akkurat, selbst die Uniform stand ihr gut, und wenn sie einen Mann anlächelte, glaubte der bereits, mit ihr im Bett zu liegen. Dennoch war sie eine ernsthafte und empfindsame Person, jahrelang war sie mit einer drogenabhängigen Jugendliebe verheiratet gewesen, der ihr das Leben zur Hölle gemacht hatte. Nun hatte sie sich endlich scheiden lassen und lebte mit ihren beiden zwölfjährigen Zwillingstöchtern und ihrem neuen Partner, einem Steuerberater, zusammen. Wie oft hatte sie sich in den letzten Jahren bei Nelly über ihr verhunztes Leben ausgeheult! Jetzt war Nelly diejenige, die Unterstützung brauchte, und Valeria ließ sie nicht hängen.
    »Dottoressa, Dottor Auteri hat bereits angerufen, Sie möchten ihn so bald wie möglich zurückrufen, und Dottor Esposito hat sich ebenfalls gemeldet, ob Sie bitte umgehend zu ihm kommen. Ah, und Veronica hat von sich hören lassen: alles in Ordnung. Außerdem hat das Krankenhaus noch angerufen: Signora Galli ist aus dem Koma aufgewacht. Und von Fatima Kamali gibt es auch was Neues. Die ist komplett ausgerastet, sie haben ihr Beruhigungsmittel gegeben, aus Angst, sie könnte irgendwelche Dummheiten machen ...«
    »Ist gut, Valeria, ich geh’ sofort zu Esposito. Ruf Gerolamo an, falls er schon da ist, er soll mich ins Krankenhaus begleiten.«
    Gaetano Esposito saß an seinem Schreibtisch und antwortete auf ihr Klopfen mit einem herrischen, fast genervten »Herein!«. Doch als er Nelly sah, lächelte er.
    »Kommen Sie herein, Dottoressa Rosso, machen Sie sich’s bequem. Ich habe gerade mit dem Polizeipräsidenten gesprochen (um diese Uhrzeit?, wunderte sich Nelly), den die ganze Angelegenheit ziemlich – ähm – nervös macht.«
    »Wen macht sie das nicht? Ich bin heute Morgen verfolgt worden.«
    »Verfolgt? Das ist die Höhe. Jetzt lassen Sie sich doch endlich schützen, zum Donnerwetter!«
    »Ich denke überhaupt nicht daran. Aber wenn die mich bespitzeln lassen, bedeutet das, sie haben Schiss. Wer auch immer die sind. Und das ist auf jeden Fall ein Vorteil. Wie Sie ja wissen, hatte ich Dottor Volponi bereits gesagt, dass wir eine ziemlich heiße Spur verfolgen. Wir liegen bestimmt nicht auf der faulen Haut, und die Ergebnisse werden nicht auf sich warten lassen.«
    Herrgott noch mal! Kaum flatterten ihr die Nerven, sprudelte der Polizeislang in ihr hoch wie eine Geysirfontäne.
    »Das wollen wir hoffen, der lässt mir nämlich keine Ruhe mehr. Wenn Sie außerdem die Freundlichkeit besäßen, mich über diese vielbesungenen Spuren auf dem Laufenden zu halten, Dottoressa – vorausgesetzt, es handelt sich nicht um ein Trostpflaster für Volponi ...«, er grinste verschmitzt. »Ach, übrigens, ich soll Ihnen ausrichten, dass Sie sich so bald wie möglich mit Dottor Pittaluga in Verbindung setzen möchten.«
    »Gianandrea Pittaluga?«
    »Genau der. Soweit ich weiß, haben er und der Polizeichef kürzlich miteinander telefoniert oder sich getroffen.«
    »Wird gemacht. Aber vorher wollte ich noch ins San-Martino-Krankenhaus: Signora Galli ist aufgewacht.«
    »Natürlich, fahren Sie sofort hin, ich bin gespannt, was die zu sagen hat. Und machen Sie sich wegen des Polizeichefs keinen Kopf. Ich halte Ihnen den Rücken frei, so gut ich kann. Sie haben mein vollstes Vertrauen. Ich weiß, wie gut Sie sind. Ich habe auch mit Richter Ferrari gesprochen.«
    »Danke, Dottore.« Gerolamo saß in seiner üblichen schwarzen Lederjacke in Nellys Büro. Als sie hereinkam, lächelten seine unergründlichen, wachen Augen noch vor seinen Lippen.
    »Der Wagen steht bereit, Dottoressa.«
    »Schön, dann nichts wie ins San Martino. Hoffentlich kann man mit der Galli schon reden.«
    Mit aufgepflanzter Sirene bahnte sich das Polizeiauto den Corso Europa entlang seinen Weg durch den zähen Verkehr. Nur widerwillig machten die im Stau steckenden Autos den drängelnden Ordnungskräften Platz, doch schließlich erreichten sie ihr Ziel. Wie immer empfand Nelly eine tiefe Abneigung gegen diesen monströsen Komplex aus alten, teils baufälligen Gebäuden, der an eine archaische Festung des Leids erinnerte. In einem notdürftig sanierten Gebäude lag, von ihrer Schwester und ihrem Ehemann überwacht und betreut, die schreckliche Galli. Der Arzt, der soeben erfahren hatte, dass die Polizei seine auf der Intensivstation befindliche Patientin sehen wolle, kam Nelly entgegen. Er hatte ein undefinierbares Alter, dichtes, graues Haar und wirkte

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