Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnee an der Riviera

Schnee an der Riviera

Titel: Schnee an der Riviera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
Vom Netzwerk:
Ton ermutigt. Piero verzog genervt das Gesicht, als wollte er sagen: »Hört der denn noch nicht auf, ihr auf den Sack zu gehen?«
    »Die Meldung ist korrekt. Mario Mandelli war unschuldig.«
    »Da bin ich aber froh. Ich kannte ihn, wissen Sie?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Ein hochanständiger Mann. Das hat mich sehr getroffen.«
    »Mich auch, Brigadiere. Uns alle im Präsidium«, sagte Nelly leise.
    »Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann ... Ich kenne noch einige Leute unter den ehemaligen Kollegen, Carabinieri und sogar Informanten, die in diesen Kreisen verkehren. Sollte Ihnen das von Nutzen sein, stehe ich zu Ihrer Verfügung, Dottoressa.«
    Basile hatte leise gesprochen, damit Piero, der ihn missbilligend anglotzte, nichts hörte.
    »Danke, Brigadiere, ich werd’s mir merken. Das ist nicht nur so dahingesagt, sollte ich Hilfe brauchen, lasse ich es Sie wissen. Und falls Ihnen etwas zu Ohren kommt, sagen Sie mir Bescheid.«
    Der Ex-Brigadiere strahlte. Er bedankte sich tausendmal für das Vertrauen. Dann verabschiedete sich Nelly und überließ Basile und Piero ihren ewigen, von Beppes trockenen Bemerkungen gewürzten Streitereien. Diskussionsstoff hatten sie für diesen Morgen allemal genug.
     
    Während Nelly ihren gewohnten Weg zur Arbeit nahm, erwischte sie sich dabei, wie sie sich immer wieder nach eventuellen Verfolgern umblickte. Nach dem falschen Polizisten und dem anonymen Brief, dessen Verfasser offenbar von Maurizios Verschwinden wusste, war die Annahme gar nicht mal so abwegig. Mindestens drei Personen kamen als Verfolger in Frage, doch dann bogen zwei davon nacheinander in die Gassen und Nebenstraßen ab, während der Dritte ihr offenbar auf den Fersen blieb. Er tat unbeteiligt und blieb vor den Schaufenstern stehen, wenn sie es tat, oder wurde langsamer, um auf Distanz zu bleiben. »Gar nicht mal so übel, der Gute, aber nicht gut genug«, dachte Nelly. Rasch bog sie in ein Gässchen ein und versteckte sich in einem Hauseingang. Kurz darauf tauchte der Mann – ein großer und kräftiger Kerl um die dreißig mit einer Narbe im Gesicht – in derselben Gasse auf und kam hastig näher, als befürchtete er, sie aus den Augen zu verlieren. Als er begriff, dass die Straße menschenleer war, blieb er einen Moment lang unschlüssig stehen, dann setzte er sich wieder in Bewegung und eilte fast im Laufschritt an Nellys Versteck vorbei. In dem Moment sprang sie mit einem lauten »Stehen bleiben, Polizei!« hervor, doch der Kerl flitzte, ohne sich umzudrehen, die Gasse hinunter. Sofort nahm Nelly die Verfolgung auf und jagte hinter ihm her – Laufen war ihr Lieblingssport, auch wenn sie ihr gewohntes Training im Peralto-Park in den letzten Tagen hatte schleifen lassen.
    »Halt, Polizei!«, rief sie noch einmal, diesmal drohender.
    Doch statt langsamer zu werden oder stehen zu bleiben, legte der Mann noch einen Zahn zu und bog in eine kleine Straße ein, die in einen geschlossenen Platz mündete. Jetzt war sich Nelly sicher, dass er in eine Falle gegangen war, doch als sie den kleinen Platz erreichte, war der Mistkerl wie vom Erdboden verschluckt.
    »Scheiße, das kann ja wohl nicht wahr sein! Irgendwo muss er doch durchgeschlüpft sein.«
    Ratlos und verwirrt blickte Nelly sich um. Doch die beiden Hauseingänge und das Tor, die auf den Platz gingen, waren verriegelt, von dem Typen keine Spur.
    »Der kann nur in einem der Häuser verschwunden sein«, dachte Nelly voll ohnmächtiger Wut.
    Inzwischen hatte ihr Verfolger alle Zeit der Welt gehabt, sie abzuhängen, und es war sinnlos, weiter nach ihm zu suchen. Als er an Nelly vorbeigelaufen war, hatte sie sein Gesicht ganz deutlich gesehen, sie würde ihn sofort wiedererkennen, sollte er ihr noch einmal begegnen: Als Beschatter war er verbrannt. Doch normalerweise war sie die Jägerin, und Gejagte zu sein, schmeckte ihr gar nicht.
     
    Im Büro schenkte Valeria ihr ein strahlendes Lächeln. Sie kannten sich, seit Valeria vor rund zehn Jahren in den Polizeidienst eingetreten war, und mochten einander einfach gern. Seit ein paar Tagen beobachtete Valeria Nelly so sorgenvoll wie eine Mutter ihr kränkliches Kind. Sie verlor kein Wort darüber, bot ihr jedoch ständig Kaffee und andere Seelentröster an und setzte alles daran, ihr sämtliche Nervensägen vom Leib zu halten. Valeria war um die vierzig, wirkte jedoch wesentlich jünger. Sie war mittelgroß, hatte eine gute, an den richtigen Stellen gerundete Figur, hellbraunes, schulterlanges Haar

Weitere Kostenlose Bücher