Schnee Im Regierungsviertel
Einzelzelle gesteckt. Dort hockt sie jetzt und läßt ihre Tränen fließen.«
»Hat auch der Vortragende Legationsrat Material geliefert?«
»Wir haben keine Beweise. Die Unterschriften auf dem Schuldschein leugnet er nicht, aber er sagt, Kubitzka habe ihm Antiquitäten beschafft und dafür seien noch Zahlungen fällig. – Clever ist der Bursche! Unsere Diplomaten sind durch eine harte Schule gegangen; die lassen sich nicht so leicht aushebeln. – Nun, wir werden ihn im Auge behalten und noch etwas tiefer graben.«
Freiberg hatte sich inzwischen auf den Stuhl fallen lassen, auf dem noch vor wenigen Minuten ein weinendes Schnuppiekind hin und her gerutscht war. »Wie sieht’s mit der Rauschgiftseite aus?« fragte er.
»Die haben alle gekokst«, antwortete Barbara Fendt. »Und Kubitzka war ihr Lieferant.«
»Ihn hat Mario Pavone mit einer ferngezündeten Sprengladung vor kurzer Zeit vom Himmel geholt«, erklärte Freiberg, ohne die Stimme zu heben.
Verständnisloses Kopfschütteln von allen Seiten.
»Warum?« fragte Sörensen.
»Ich sehe auch kein Motiv«, stellte Barbara Fendt fest. »Pavone war doch in den Clan integriert und hat sich voll in den ›Dienst der guten Sache‹ gestellt.«
Kommissar Freiberg zögerte mit der Antwort. Er strich einige Male mit den drei Fingern der linken Hand über die Stirn und meinte: »Nachrichtendienstlich gibt es meines Erachtens keine Zusammenhänge. Ich vermute eher private Rache oder eine spektakuläre Aktion im Wirtschaftskrieg der Rauschgiftbosse. – Wir werden versuchen, das herauszufinden. Lupus wird mir helfen, Pavone zu überzeugen, daß ein Geständnis seine Lage nur verbessern kann.«
Fräulein Kuhnert hatte Lupus mit reichlichen Worten des Trostes auf den Stuhl in der Ecke hinter dem Besuchertisch plaziert und ihm ihren in der Höhe verstellbaren Schreibtischstuhl unter das schmerzende Bein geschoben. Ahrens und Singer saßen erwartungsvoll an der Fensterseite des Tisches.
Stenogrammblock und Vordrucke für die Beschuldigten-Vernehmung lagen bereit, und an das Tonbandgerät war mit einem langen Kabel das Mikrofon angeschlossen.
Kommissar Freiberg kam herein und sah Lupus fragend an: »Starke Schmerzen? – Du solltest lieber gleich zum Polizeiarzt gehen. Mit dem Fuß kannst du doch ohnehin nicht mehr zutreten – und das Schmerzensgeld hast du auch nur zählen dürfen.«
Lupus schien von dem ermunternden Plauderton und den kleinen Scherzchen nicht viel zu halten. Ohne eine Bewegungsmöglichkeit in die Ecke verbannt zu sein entsprach nicht seiner Stimmung und Mentalität. Er raunzte: »Ich bleibe hier sitzen, bis Pavone gestanden hat; und wenn er nicht spurt, stehe ich doch noch auf – dann könnt ihr für ein paar Minuten frische Luft schnappen gehen!«
Freiberg ließ Pavone vom PGD vorführen. »Nehmt dem Herrn die Handschellen ab. – Danke. – Herr Pavone, setzen Sie sich.«
Pavone rieb sich demonstrativ die Handgelenke, als seine Hände frei waren.
»Sind Sie mit der Verwendung eines Tonbandgeräts einverstanden?« fragte Freiberg ihn.
»Ich bitte sogar darum.«
Der Kommissar hielt ihm nochmals die Anschuldigung vor und ließ auch die Belehrung nicht fehlen, daß es ihm freistehe, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen; er könne auch einen Verteidiger hinzuziehen.
»Fragen Sie!« sagte Pavone kühl.
Die Aussagen des Beschuldigten zur Person brachten nichts Neues; überraschend war nur die Angabe: verwitwet.
Dann kam Freibergs erste Frage zur Sache: »Haben Sie das Flugzeug des Konsuls Kubitzka durch eine Sprengladung mit Hilfe einer Fernzündung aus Ihrer Mooney zum Absturz gebracht, und hatten Sie dabei die Absicht, den Konsul zu töten?«
»Ja!« antwortete Pavone klar und deutlich.
Lupus sah auf und nickte anerkennend.
»Beschreiben Sie den Hergang der Tat, und äußern Sie sich zu Ihren Motiven«, sagte Freiberg.
Pavone reckte sich und sah mit einem gewissen Stolz in die Runde. »Ich möchte eine Erklärung abgeben und verweigere im übrigen jede weitere Aussage.«
Freiberg machte eine vage Handbewegung, in der sich Enttäuschung und Aufforderung zugleich ausdrückten. »Bitte.«
Pavone strich einmal kurz über sein dunkles Haar und den Schnurrbart, bevor er seine Erklärung formulierte: »Ich handele im Auftrag der Organisation ›Hades‹, die es sich weltweit zur Aufgabe gemacht hat, den Rauschgifthändlern mit allen Mitteln das Handwerk zu legen und sie für immer aus der menschlichen Gesellschaft
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