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Schnee in Venedig

Schnee in Venedig

Titel: Schnee in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Flegel hielt.
    «Wollte er Ihnen den Bericht übergeben?» Tron warf einen fragenden Blick auf die Akte neben der Konfektschachtel.
    Spaur schüttelte den Kopf. «Nein. Den Bericht hatte sein Adjutant bereits in die Questura gebracht. Er wollte mich sprechen. Beim Frühstück.»
    «Und worum ging es?»
    Spaur wickelte eine Trüffelkrokant-Praline aus dem Papier, steckte sie sich in den Mund und trank einen Schluck Kaffee. «Es ging um Ihren Besuch bei einem gewissen Albani.»
    «Ballani.»
    Spaur zuckte die Achseln. «Meinetwegen auch Ballani. Oberst Pergen hatte den Eindruck, dass Ihr Besuch bei Signor Ballani in Zusammenhang mit dem Lloydfall steht.»
    Tron ließ dies unkommentiert. Stattdessen fragte er: «Hat er sich über mich beschwert?»
    «Nein. Beschwert hat er sich nicht», sagte Spaur. «Er hat sich nur danach erkundigt, was Sie gestern bei diesem Ballani gemacht haben. Er hat Sie   …»
    Tron seufzte. «Gesehen, als ich gerade das Haus verlassen habe. Ich war mir nicht sicher, ob er mich erkannt hat.»
    «Der Oberst schien etwas   …» Spaur machte eine kleine Pause, um nach den richtigen Worten zu suchen. «Er schien ein wenig beunruhigt zu sein», sagte er schließlich. Er nippte an seinem Kaffee und warf Tron einen fragenden Blick zu.
    «Er hat auch allen Grund, beunruhigt zu sein», sagte Tron.
    «Weshalb?»
    Tron berichtete, was er gestern in Erfahrung gebracht hatte, und beschränkte sich dabei auf die Aufzählung der Tatsachen: die Entdeckung der Fotografie bei Sivry, seinen Besuch bei Pater Tommaseo und sein Gespräch mit Ballani.
    Spaur hatte ihm mit wachsender Aufmerksamkeit zugehört. Als Tron seinen Bericht beendete, ließ der Polizeipräsident die schokoladenüberzogene Kirsche fallen, die er ausgewickelt hatte. Er ergriff die Karaffe am geschliffenen Hals, als wolle er einen Kranich erdrosseln. Dann schenkte er sich ein Glas ein, stürzte es hinunter und sagte: «Wollen Sie behaupten, dass Leutnant Grillparzer von Oberst Pergen den Auftrag erhalten hat, den Hofrat zu töten und die Papiere an sich zu nehmen?»
    «Die Schlussfolgerung haben Sie gezogen, Herr Baron.»
    «Sie liegt auf der Hand», sagte Spaur. «Und sie liefert auch eine Erklärung für den Streit, den Grillparzer und Pergen im Casino Molin hatten. Grillparzer hat die Papiere behalten und   …»
    «…   den Oberst damit erpresst», vollendete Tron den Satz.
    «Und was erwarten Sie jetzt von mir, Commissario?» Spaur griff erneut nach der Karaffe mit dem Cognac. «Sollich mich an Toggenburg wenden?» Er dachte nach. Schließlich schüttelte er den Kopf und sagte: «Das kann ich nicht.»
    «Weil es zu wenig Beweise gibt?»
    Spaurs Augenbrauen hoben sich resigniert. «Weil es überhaupt keine Beweise gibt.»
    «Und die Tatsache, dass mir Pergen verschwiegen hat, dass er Grillparzer kennt?», warf Tron ein.
    «Grillparzer könnte einer von Pergens Informanten sein. Was er Ihnen selbstverständlich nicht auf die Nase binden wird.»
    «Was ist mit Ballanis Aussage?»
    Spaur machte eine wegwerfende Handbewegung. «Ich rede von Beweisen, Commissario. Hat dieser Ballani irgendetwas, womit er seine Behauptung, dass Oberst Pergen sich hat bestechen lassen, belegen kann?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Nein. Aber man könnte sich die Prozessakten noch einmal ansehen. Ich könnte mir vorstellen, dass man etwas findet. Jetzt, wo man weiß, wonach man suchen muss.»
    «Und wie soll ich an die Prozessakten herankommen, Commissario? Der Prozess, den Oberst Pergen geleitet hat, war ein Prozess vor einem Militärgericht. Aber für die Benutzung des Militärarchivs in Verona benötigen wir Toggenburgs Genehmigung. Und Toggenburg wird wissen wollen, aus welchen Gründen wir diese Akten brauchen.»
    «Dann sagen Sie es ihm.»
    Spaur stand abrupt auf. Er ging ans Fenster, öffnete einen Flügel und vertrieb zwei Tauben, die sich auf dem Fensterbrett niedergelassen hatten. Sie flogen auf, glitten wie gefiederte Gespenster über den Campo San Lorenzo und verschwanden über dem Giebel der Kirche. Spaur starrte ein, zwei Minuten lang aus dem Fenster. Dann kam er zurück und setzte sich wieder.
    «Und was soll ich Toggenburg sagen, Commissario? Sie haben ein Foto, über dessen Bedeutung man streiten kann. Und Sie haben Aussagen, für die es keinerlei Belege gibt. Fest steht lediglich, dass Pergens Leute die Wohnung Ballanis durchsucht und sein Cello zerstört haben. Vielleicht will sich der Bursche ja nur an Pergen rächen.»
    «Sie meinen,

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