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Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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hatte die Tür hinter sich geschlossen und stand nun draußen, ähnlich einem Türsteher, der im Dienst war. Es durchlief ihn ein Schaudern, die Luft war feucht nach dem Regen.
    »Wartet jetzt schon die Polizei auf uns?«, sagte ein Mann, der auf das Kino zukam. Er lächelte. An seiner Seite ging ein junges Mädchen, um die zwanzig Jahre.
    »Seid ihr im Theaterverein?«
    »Ja. Karl – das ist Anna.«
    Ari stellte sich vor und erzählte ihnen die Neuigkeiten.
    »Tot? Na so was«, äußerte sich Karl.
    Ari nickte mit dem Kopf.
    »Wir müssen den Unfallort untersuchen«, sagte er, »es ist also das Beste für euch, nach Hause zu gehen – wir werden euch später kontaktieren, falls es nötig ist.«
    Sie schauten sich gegenseitig an, Karl nahm Anna in den Arm, sie schien etwas außer sich zu sein. Zwei ältere Männer waren nun dazu gestoßen.
    »Was zum Teufel ist denn hier los?«, sagte der Kleinere von beiden. »Und wer bist du?«
    »Ich heiße Ari. Bin bei der Polizei«, fügte er hinzu, obwohl seine Uniform kein Zweifel daran ließ.
    »Ja, der Pfarrer. Genau. Ich heiße Úlfur – ich bin der Regisseur des Theatervereins. Was ist denn verdammt nochmal los? Warum steht hier eine Ambulanz?«
    »Es ist ein Unfall passiert.«
    »Unfall?«
    »Ja, Hrólfur ist die Treppe hinuntergefallen.«
    »Der verfluchte Kerl, er hat zuviel getrunken«, sagte Úlfur.
    »Er ist tot«, sagte Ari.
    Das schien Úlfur wie ein Schlag zu treffen.
    In diesem Moment kamen die Sanitäter mit der Trage aus dem Haus.
    Úlfur wollte gerade an Ari vorbei in das Haus hinein, doch Ari stellte sich ihm in den Weg.
    »Wir bitten alle, nach Hause zu gehen. Das Kino ist jetzt der Ort einer polizeilichen Untersuchung.«
    »Der Ort einer Untersuchung?« Úlfur trat einen Schritt vor. »Ist Tómas drinnen? Lass mich mit ihm sprechen. Ihr könnt mein Theater nicht einfach einen Tag vor der Premiere zusperren.«
    Ari überlegte einen Augenblick. Er hatte zwei Möglichkeiten – darauf zu beharren und Gefahr zu laufen, dass daraus ein großer Streit entstehen könnte, oder aber Tómas zu rufen. Nach dem, was vorher passiert war, der Schelte und Tómas’ lautem Reden, hielt Ari es für sicherer, ihm die Lösung dieses Problems zu überlassen. Tómas wollte an diesem Abend offensichtlich alles selbst entscheiden.
    »Warte einen Augenblick«, sagte Ari und versuchte, sich als Beamter zu geben. Er schaute ins Foyer und rief nach Tómas.
    Tómas erschien in der Tür. »N’Abend«, sagte er zu Úlfur und schaute dann den anderen Mann an. »Hallo, Pálmi. Hat Ari euch schon gesagt, was passiert ist?«
    »Ja, das ist furchtbar«, sagte Úlfur. »Können wir nicht drinnen miteinander reden?«
    »Doch, kommt herein – aber in Gottes Namen, nähert euch bloß nicht der Treppe. Wir müssen sie noch besser untersuchen, bevor wir sicher sein können, was sich zugetragen hat, doch es scheint mir ziemlich klar zu sein.«
    »Nanu, was glaubst du denn, was passiert ist?«, fragte Pálmi in dem Augenblick, in dem sie ins Haus traten. Ari folgte ihnen nach drinnen.
    »Er ist auf der Treppe gefallen, der gute Kerl«, sagte Tómas.
    »Was hast du denn da?« Ari richtete die Frage an Pálmi, der eine Plastiktüte in der Hand hielt.
    »Nur die neueste Version des Textbuches, ein paar Exemplare.«
    »Hrólfur und ich haben vorhin ein paar letzte Änderungen am Text vorgenommen. Pálmi hat sie zu Hause in seinen Computer eingegeben und ein paar Exemplare ausgedruckt«, sagte Úlfur zur Erklärung. »Wir haben heute Abend noch spät eine Probe – wir müssen den Saal einfach benutzen heute Abend.«
    »Das kommt nicht in Frage«, antwortete Tómas.
    »Wir haben morgen Abend Premiere, zum Teufel nochmal!«
    »Das ist nicht mein Problem«, sagte Tómas – die Freundlichkeit war ihm jetzt vergangen. »Ihr könnt den Saal vielleicht morgen wieder haben, doch es wäre das Beste, die Premiere um einige Tage zu verschieben.«
    »Das ist absolut ausgeschlossen!«, sagte Úlfur hitzig.
    Ari beschloss, Tómas dieses Problem alleine lösen zu lassen, und ging wieder hinaus. Er vermutete, dass Ugla noch kommen würde. Sie war ganz bestimmt auf der Probe gewesen. Es war ihm egal, was da drinnen im Foyer vor sich ging. Er wusste, dass Tómas, Úlfur und Pálmi kein Interesse daran hatten, seine Meinung zu hören. Sie kannten sich womöglich schon seit Jahrzehnten, konnten das zusammen lösen und sich einigen. Ari war ein Auswärtiger, noch grün hinter den Ohren, ein Polizist, der nur kurze Zeit

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