Schneebraut
es vermutlich von geringem Wert. Heutzutage springt bei diesen Büchern nicht mehr viel heraus.«
»Es ist wohl eher symbolisch, wenn es denn etwas ist?«
»Was, ja. Das kann man wohl sagen.« Immer noch dieser unstete Blick.
Ari schwieg. Wartete.
Pálmi gähnte.
»Entschuldige, ich bin ziemlich abgespannt.«
»Es dauert nicht mehr lange, bis zur Premiere, nicht wahr? Lange Proben?«
»Ja, nein, nein – einfach viel zu tun. Sie sind immer noch hier, die Dänen, wie du vermutlich hören kannst – lassen mich nicht schlafen.« Er versuchte, ein Lächeln hervorzuquetschen. »Sie kommen nicht aus dem Dorf wegen der Lawine.«
»Hast du irgendeine Idee, warum Hrólfur dich auserkoren hat? Zumal er ja im Süden Verwandte hat?«
»Nein, keine Ahnung.« Immer noch müde. Immer noch einen seltsamen Ausdruck im Gesicht. »Vielleicht wollte er, dass die Rechte in der Hand einer Person aus Siglufjörður bleiben – und es gibt eigentlich nur noch wenige hier, die er gut kannte.«
»Úlfur hat den Weinkeller bekommen.«
»Úlfur?« Verwunderung.
»Ja.«
»Nun, tja also – die Flaschen werden dann erwartungsgemäß also im Dorf bleiben. Hat er vor, sie zu verkaufen?«
»Ich habe noch nichts von ihm gehört«, sagte Ari und stand auf.
Die alte Dame und ihr Sohn kamen gerade aus der Küche, als Ari im Eingang stand und auf dem Weg nach draußen war. Er grüßte sie.
»Wie kommen die Ermittlungen voran?«, fragte Mads auf Englisch.
»Ganz gut«, antwortete Ari. »Bleibt ihr lange im Dorf?«
»Wir hatten eigentlich geplant, heute zu fahren, doch wahrscheinlich werden wir ein paar Tage länger bleiben müssen, weil das Wetter ja so schlecht ist.« Er machte ein bedrücktes Gesicht.
Seine Haltung deutete darauf hin, dass er sich lieber in heißeren und helleren Gefilden aufgehalten hätte.
***
Ari hatte Hrólfurs Verwandten im Süden angerufen, der aufgrund der guten Nachricht auf Wolke sieben schwebte – er sagte natürlich, dass er seinen Verwandten vermisse, gestand Ari aber, dass seine Frau und er gerade ihre Wohnung verloren hätten. Es deutete nichts darauf hin, dass der Verwandte eine weitere Verbindung zum Dorf hatte oder zu denen, die an besagtem Abend bei der Probe gewesen waren – doch es durfte nichts ausgeschlossen werden. Úlfur stand als Nächster auf dem Programm, Ugla musste jetzt erst einmal warten. Er konnte sie noch nicht treffen, nicht sofort.
»Verzeih die Fragen neulich, es war ein eher ungeeigneter Ort, da im Hot Pot«, sagte Ari zu Úlfur. Demut war manchmal von Erfolg gekrönt.
Sie saßen am Küchentisch in Úlfurs Haus in der Nähe des Rathauses. Ari hatte Tómas um ein paar Infos zum Regisseur gebeten; dem früheren Diplomaten mit lokalen Wurzeln, der seinen Vater schon sehr jung bei einem fürchterlichen Schiffsunglück verloren hatte, und wieder nach Norden gezogen war, als seine Mutter im hohen Alter verstorben war. Er hatte nur wenige Freunde im Dorf. »Geschieden … eher einsam, denke ich«, hatte Tómas mit erstaunlich besorgter Miene gesagt.
»Mach dir nichts daraus, lieber Pfarrer.« Úlfur beugte sich vor und schlug Ari leicht auf die Schulter. Die schmerzende Schulter.
Verdammt
. Er musste sie untersuchen lassen.
Der Schneesturm peitschte an das Küchenfenster, doch das Wetter schien keinen schlechten Einfluss auf Úlfur zu haben. Er schien im Gegenteil ziemlich guter Laune zu sein.
»Du wirst lange an diesem Wein zu trinken haben«, sagte Ari.
»Soviel ich weiß, handelt es sich um eine Unzahl von Flaschen.«
»Ja, und bestimmt ist die eine besser als die andere.«
»Das hat dich doch hoffentlich positiv überrascht.«
»Das kann man wohl sagen. Ich hatte ganz ehrlich von dem Kerl gar nichts erwartet. Doch genau so war Hrólfur zu Lebzeiten; er musste immer das letzte Wort haben.« Úlfur lächelte. »Ich bereue es so sehr, mich an diesem Abend mit ihm gestritten zu haben. Manchmal ging er mir richtig auf den Wecker.«
»Ja, ihr wart nicht immer einer Meinung, nicht wahr?«
»Nein, wahrlich nicht.«
»Genau. Er war zum Beispiel unzufrieden mit deinem Stück.«
»Ja«, antwortete er, da es so offensichtlich war. Doch dann bemerkte er es und war beleidigt.
»Was meinst du damit?«
»Schreibst du nicht auch Theaterstücke?«
»Doch, woher zum Teufel weißt du das?«, fragte er erregt.
»Ich glaube, dass er nicht sehr begeistert davon war.«
»Ja, er war von Pálmis Werken weit mehr beeindruckt«, sagte Úlfur, der sich etwas beruhigt hatte, stattdessen nun
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