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Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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Fjord noch abgelegener war als Siglufjörður, dann war es Héðinsfjörður.
    »Wir sollten ihn auch nach den Geschichten fragen, die Sandra von Hrólfur gehört hatte; dass jemand im Theaterverein ein Geheimnis hatte«, sagte Ari nach einem kurzen Schweigen. »Sie ließ durchblicken, dass es sich möglicherweise um eine Affäre handelte, etwas in der Richtung.«
    »Ja, Kalli kommt in diesem Zusammenhang besonders in Frage. Kalli und dieses Mädchen aus dem Westen. Ugla. Sie ist bestimmt schon weit herumgekommen«, sagte Tómas.
    Ari spürte, wie die Wut in ihm hochstieg. Er versuchte, in Gedanken bis zehn zu zählen, sich nichts anmerken zu lassen.
    Er stand schnell auf und fuhr gleichzeitig vor Schmerz zusammen. Die Schulter.
    »Zum Teufel«, entfuhr es ihm leise.
    »Ist alles in Ordnung mit dir, Meister?«
    »Ja, ja – es ist nur die verdammte Schulter. Sie tut mir weh seit …« Er zögerte. »… seit bei mir eingebrochen wurde.«
    Klang besser als: Seit ich zu Hause im Wohnzimmer umgefallen bin.
    »Na hör mal, du musst das untersuchen lassen.«
    »Das wird schon wieder.«
    »Du musst sie umgehend anschauen lassen.« Die Stimme klang etwas befehlender. »Wir können keinen verletzten Mann im Dienst gebrauchen, du könntest in irgendwelche Handgreiflichkeiten verwickelt werden.«
    »Okay. Ich schaue noch diese Woche im Krankenhaus vorbei.«
    »Nein, du gehst sofort hin. Keine Widerrede.«
    ***
    Die Zeit verstrich so langsam. So unglaublich langsam. Sie hatte heute Morgen versucht, das Licht anzuzünden, sich ans Fenster zu setzen und zu lesen, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Die Vorfreude war zu groß. Es dauerte nicht mehr lange, nur noch kurze Zeit, bis sie zusammen sein würden. Sie beide. Allein zu Hause.
    Sie verbarg das Beweisstück unter dem Bett. Das war ein gutes Versteck, das wusste sie aus eigener Erfahrung aus alten Tagen. Als sie flüchten musste.
    Er würde mit ihr so zufrieden sein. Sie hatte es beiseitegeschafft, so dass er sich nicht zu beunruhigen brauchte. Sie ging das Gespräch in Gedanken immer wieder durch; als sie ihm davon erzählte, wie sie es angestellt hatte – wie sie versucht hatte, es noch besser zu machen, obwohl es misslungen war.
Warum nur zum Teufel war es ihr misslungen?
Sie konnte so wütend auf sich selbst werden. Hoffentlich wurde er nicht wütend.
    Nein, er würde natürlich zufrieden sein. Zufrieden mit ihr.
    Und dann … und dann würde sie ihn nach Hause einladen, zum Abendessen.
    Sie schien vor Aufregung beinahe zu sterben.
    ***
    Tómas hatte im Krankenhaus angerufen und den Arzt gebeten, Ari zu untersuchen, obwohl er keinen vereinbarten Termin hatte. Es nutzte nichts, dagegen Einwände zu erheben. Ari schlenderte zum Krankenhaus, Tómas wollte den Geländewagen bei der Wache haben, falls etwas passierte. Die Schneewehen bewegten sich vor ihm, wo auch immer er zu gehen versuchte. Obwohl der Sturm sich ein klein wenig gelegt hatte, schneite es immer noch, und die Schneeflocken raubten ihm den Blick, obwohl sie ihn nicht mit so viel Kraft angriffen, wie schon so oft vorher.
    Er nahm Platz im Wartezimmer, der Arzt war beschäftigt. Er versuchte, sich zu entspannen, in diesem Moment bereitete ihm alles andere mehr Bedenken, als seine Schulter. Er blätterte in den Klatschheftchen, die meisten waren abgegriffen und nicht mehr aktuell. Nach einer Weile stand er auf und fragte, ob Guðrún Schicht habe.
    »Ja«, antwortete die Empfangsdame.
    »Könnte ich ein Wort mit ihr wechseln, während ich warte?«
    »Ich werde sie holen lassen.« Die Polizeiuniform tat das ihre.
    Sie setzten sich an einen kleinen Tisch hinten im Wartezimmer, etwas vom Empfang und dem einzigen Patienten entfernt, der ebenfalls auf den Arzt wartete. Es war am besten, kein Risiko einzugehen.
    »Entschuldige, dass ich dich einfach so bei der Arbeit störe«, sagte er und lächelte. Sie lächelte ebenfalls. Eine ältere Dame, eine freundliche Erscheinung.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Guðrún. »Was kann ich für dich tun?«
    »Ich wollte dich nach dem Testament fragen, das Hrólfur Kristjánsson aufsetzen ließ – wenn ich das richtig verstanden habe, warst du eine Zeugin.«
    »Ja, das ist richtig – es war zu Hause bei Þorsteinn und Snjólaug. Ich habe einfach nur unterschrieben.«
    »Ich vermute, dass alles korrekt abgelaufen ist. Hrólfur war hoffentlich selbst anwesend, nicht wahr?«
    »Doch, doch, selbstverständlich.«
    »Wusstest du, wer ihn beerben würde?«
    »Nein, zum Glück

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