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Schneeflockenbaum (epub)

Schneeflockenbaum (epub)

Titel: Schneeflockenbaum (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marten t Hart
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breit machend, der finstere Kerl. Weder links noch rechts blieb genug Platz, um an ihm vorbeizuflitzen. Was tun? Ich verlangsamte die Fahrt und überlegte mir: Ganz bestimmt geht er davon aus, dass ich links an ihm vorbei will. Plötzlich stellte ich mich auf die Pedale, beschleunigte und rauschte, laut klingelnd (Lärm ist in einer solchen Situation mit das Wichtigste) und das Steuer im letzten Moment herumwerfend, rechts an ihm vorüber. So überrascht er auch war, es gelang ihm dennoch – weil ich ganz dicht an ihm vorbeimusste –, meinen Gepäckträger zu ergreifen. Damit hatte ich jedoch gerechnet. Mit meinem linken Fuß trat ich so kräftig wie nur irgend möglich nach seinem rechten Arm. Er schrie auf und ließ los. Im Stehen radelte ich weiter. »He, Mann!«, rief er.
    Der Kerl spurtete los. Auf den hundert Metern hätte er keine schlechte Figur abgegeben, aber mich einzuholen schaffte er nicht. Gegen einen Radfahrer mit kräftigem Wind im Rücken hat ein Marathonläufer keine Chance.
    Kurz vor halb sieben kam ich bei meiner Mutter an. Mit Brötchen und einer großen Kanne Tee erwartete sie mich bereits. Als ich mit diesem Göttertrank versorgt war, berichtete ich ihr vergnügt, dass mein Fahrrad um ein Haar gestohlen worden wäre. Aus meiner Mitteilung, es habe sich um einen dunkelhaarigen Mann gehandelt, folgerte sie zu Unrecht, dass er Ausländer war.
    »All diese Mistkerle, diese Türken und Marokkaner und die Leute von den Antillen, die müssen rausgeworfen werden«, brummte sie, »weg damit, kurzen Prozess.«
    Um sie abzulenken und in der Hoffnung, dass ihre Schweigsamkeit endgültig der Vergangenheit angehörte, fragte ich sie: »Warum warst du damals eigentlich so dagegen, dass ich aufs Gymnasium gehen sollte? Als du hörtest, dass ich die Aufnahmeprüfung machen würde, hast du tagelang geweint. Warum, um Himmels willen, fandest du das so schrecklich?«
    »Ich hatte Angst, dich endgültig zu verlieren.«
    »Aber ich wollte doch so gern aufs Gymnasium.«
    »Genau, du wolltest weg, du wolltest dich von deinem Vater lösen und von deiner Mutter und vielleicht sogar damals schon von Gott.«
    »Ich wollte einfach nur weiterlernen, das war alles. Und du hast die ganze Zeit gesagt: ›Das schaffst du doch gar nicht. Du hast ja jetzt schon ständig Kopfschmerzen, und wenn du aufs Gymnasium gehst, dann wirst du deine Kopfschmerzen nie wieder los.‹ Ich hatte solche Angst, du könntest Gott verlieren. Ständig redetest du von Noah und seiner Arche. Deiner Ansicht nach war in der Arche gar nicht genug Platz für all die Tiere. Lange Listen mit Tieren hast du gemacht, Vögel, Schlangen, Spinnen, Löwen, Bären und so weiter. Immer wieder hast du über das Känguru nachgegrübelt. Wie war es von Australien aus zur Arche gelangt? Obwohl nichts so wunderbar ist, dass Gott es nicht bewirken könnte. Und dabei liegen die Dinge hier ganz einfach. So ein Känguru, das kann doch sehr weit springen, stimmt’s? Tja, es hat also tüchtig Anlauf genommen und ist dann mit einem Riesensprung von Australien nach Neuguinea gehopst und dann mit etwas kleineren Sprüngen von Insel zu Insel. Ich habe die Namen all dieser Inseln in der Schule noch auswendig lernen müssen: Ambon, Buru, Ceram, Bali, Java, Sumatra. Und von Sumatra aus ist es dann nach Singapur gesprungen, und von dort aus konnte es einfach zur Arche spazieren.«
    Sie schwieg und sagte dann beleidigt: »Warum lachst du?«
    »Ich lache doch gar nicht.«
    »Du schlürfst ganz eifrig deinen Tee, damit ich nicht merke, dass du dich über deine uralte Mutter totlachst. Aber ich sage dir, für Gott ist nichts unmöglich. Die Kängurus kamen einfach von Australien aus mit großen Sprüngen angehopst.«
    Es erschien mir wenig sinnvoll, dagegen etwas zu sagen. Einmal hatte sie, als ich ihr darlegte, dass es keinen Fisch gebe, der groß genug sei, Jona in seinem Magen zu beherbergen, einfach gesagt: »Dann hat Gott schnell einen Fisch geschaffen, der groß genug war.« Dem hatte ich heftig widersprochen, aber mehr als feuerrote Köpfe, geballte Fäuste und langes, beleidigtes Schweigen hatte das nicht gebracht.
    Ich sagte: »Trotzdem verstehe ich das nicht. Du wolltest nicht, dass ich aufs Gymnasium gehe, weil du dachtest, ich entferne mich von Gott. Aber das Groen-van-Prinsterer-Gymnasium ... eine christlichere Schule kann man sich kaum vorstellen ... Dort wurde man für Zeit und Ewigkeit ausgebildet, wie der Direktor immer sagte, da konnte man sich doch nicht von Gott

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