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Schneeflockenbaum (epub)

Schneeflockenbaum (epub)

Titel: Schneeflockenbaum (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marten t Hart
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spähte umher, bis er mich entdeckte. Er nickte mir kurz zu.
    Dvořáks Siebte ist ein grandioses Meisterwerk. Es steht auf einer Stufe mit seinen anderen großen Meisterwerken, dem Requiem und den beiden Streichquartetten , Opus 105 und 106. Ich hörte Dvořáks Siebte an diesem Abend zum ersten Mal. Mir kam es so vor, als stünde diese düstere, dramatische Symphonie einzig und allein deshalb auf dem Programm, um mir noch einmal in aller Deutlichkeit meinen Schmerz bewusst zu machen. Jouri und Julia beim Chinesen – nun war also alles verloren. Wieder hatte er getan, was er schon so oft getan hatte, wieder hatte er einem geliebten Mädchen gezeigt, dass ein Mann viel charmanter, gewinnender, herzlicher, einfühlsamer sein konnte, als ich es selbst in meinen besten Augenblicken jemals sein würde. Aber warum? Und wie hatte er von ihr erfahren, obwohl ich es doch sorgfältig vermieden hatte, von ihr zu sprechen? Was sollte ich, angenommen, es würde irgendwann eine neue Freundin auf der Bildfläche erscheinen, tun, um ihn fernzuhalten? Sogar jetzt hatte er, obwohl ich den Namen Julia in seiner Gegenwart nie hatte fallen lassen, Wind von dieser noch so jungen aufkeimenden Frühlingsliebe bekommen. Aber wie, in Gottes Namen?
    Der zweite Satz begann, die am stärksten die Seele berührende Musik, die Dvořák je geschrieben hat. Damals wusste ich noch nicht, dass Dvořák hier Tristan und Isolde zitiert, aber dennoch war diese Musik für mich eine Offenbarung. Etwa zehn Takte vor dem Ende begann irgendwo hinter den Kulissen eine Katze wie wild zu miauen. Das ganze Publikum brach in Gelächter aus, und wie mit einem Zauberschlag war meine Überzeugung verschwunden, Dvořák habe mir mit dieser Musik die Mittel an die Hand gegeben, diesen bizarren Schicksalsschlag zu parieren.
    Was sollte ich tun? Auf welche Weise konnte ich in Erfahrung bringen, wie Jouri meine Julia kennengelernt hatte. Sollte ich ihn ganz beiläufig fragen: »Wie bist du mit Julia bei Woo Ping gelandet?« Oder sollte ich sie das quasi ganz nebenbei fragen? Angenommen, ich bekam eine befriedigende Antwort, was brachte mir die? Selbst wenn ich bis in alle Einzelheiten herausfand, wie sie sich kennengelernt hatten, hatte ich immer noch keine Garantie, dergleichen in Zukunft verhindern zu können.
    Einen Umweg durch den Diefsteeg machend, ging ich nach Hause. Die beiden saßen nicht mehr in dem Restaurant. War sie mit ihm zu seinem Zimmer in der Hogewoerd gefahren? Oder war er bei ihr in der Haarlemmertrekvaart? Ich überlegte, ob ich mein Fahrrad holen und zu den beiden Adressen fahren sollte. Doch als ich zu Hause ankam, war ich nicht nur todmüde, sondern mir auch sehr genau bewusst, dass ich, ganz gleich, was ich unternahm, hoffnungslos ins Hintertreffen geraten war und dass ich besser sofort unter die Decke kroch.
    Dort wälzte ich mich dann stundenlang und zermarterte mir das Hirn nach einer befriedigenden Antwort auf die Frage: Wie haben die beiden sich kennengelernt? Erst im Morgengrauen schlief ich ein, nachdem ich mir selbst geschworen hatte, am nächsten Tag herauszufinden, wie es so weit hatte kommen können.

Rechenschaft
    O bwohl ich mir, ungeachtet des mir selbst gegebenen Versprechens, sagte, dass eine Antwort auf die quälende Frage mir nicht weiterhelfen würde, radelte ich dennoch gegen Mittag zu Julia. Es war Ende Mai, das akademische Jahr neigte sich bereits dem Ende zu, und die Blütenkerzen der Kastanien vertrockneten allmählich. Friedlich kräuselte sich das Wasser im Kanal, die trägen Wellen glitzerten im überschwänglichen Frühlingslicht. Nichts deutete darauf hin, dass Jouri tags zuvor Julia bei Woo Ping getroffen hatte. Unter den ersten Kastanienkerzen angekommen, dachte ich sogar daran umzudrehen. Es war eh schon alles verloren.
    Trotzdem fuhr ich weiter, bis ich schließlich den Teil der Haarlemmertrekvaart erreichte, wo die Bebauung allmählich dünner wurde und wo das Haus stand, in dem Julia wohnte. Es erschien mir wenig klug, sie, wenn sie denn überhaupt zu Hause war, zu fragen, warum sie den Besuch bei ihren Eltern verschoben hatte. Lieber wollte ich zuerst versuchen zu erfahren, wie sie mit Jouri bei Woo Ping gelandet war.
    Auf mein Klingeln hin öffnete ihre Zimmerwirtin die Tür.
    »Sie wollen zu Julia? Heute Morgen habe ich Schritte gehört, ich glaube, sie ist da.«
    Ich stieg die Treppe hinauf und klopfte an ihre Tür.
    »Herein!«, rief sie.
    Vorsichtig drückte ich die Klinke hinunter. Ihr Spiegelbild

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