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Schneeflockenbaum (epub)

Schneeflockenbaum (epub)

Titel: Schneeflockenbaum (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marten t Hart
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ihrer Eyelure-Nägel wütend erwehren musste.
    Ich konnte mich gegen ihre erbitterten Vorwürfe nur schwer verteidigen, weil sie in einem Punkt recht hatte. Es stimmte, ich stand auf die Minimode und die dazugehörenden Netzstrümpfe, und was mich vor allem anmachte, waren lange Nägel. Aber trotzdem störte es mich nicht, dass Katja ganz bestimmt nie solche Nägel aufkleben würde. Alles, was ihr vielleicht fehlte, wurde schließlich durch ihr bezauberndes Lachen und ihren Duft mehr als ausgeglichen. Ich konnte mich allerdings nicht dazu durchringen, Tina das ins Gesicht zu sagen. Sie hatte mit all dem schlicht und einfach nichts zu tun, und darum sagte ich nur: »Sie spielt wunderschön Querflöte. Es ist eine Freude, mit ihr Bach zu spielen. Sie liebt klassische Musik von ganzem Herzen. Wo findet man das noch, heutzutage, wo alle Welt hinter dem schwachsinnigen Tinnef der Beatles, der Rolling Stones und des Pomademonsters aus Memphis her ist.«
    »Ich mag die Beatles überhaupt nicht.«
    »Mag sein, Bach aber auch nicht.«
    »Wenn du sie mir erklärst, könnte es sehr gut sein, dass ich Gefallen an der Musik finde.«
    »Ach, hör doch auf. Zwischen uns ist wirklich nichts mehr. Und überhaupt war da auch nie was. Du bist ein Flirty-Fishing -Scheusal und ziemlich gestört.«
    »Nicht gestörter als du. Unsere Macken passen perfekt zusammen. Ach, wir könnten es so schön haben.«
    »Den ganzen Tag lang in der Bibel lesen und beten bestimmt!«
    »Und rummachen.«
    »Angezogen, denn vor der Heirat miteinander ins Bett, nein, nein, das geht nicht.«
    »Bist du denn schon mit dem dürren Klappergestell im Bett gewesen?«
    »Das geht dich einen Scheißdreck an.«
    »Wart’s nur ab, du bist mich noch nicht los, ich habe noch Macht über dich, das spüre ich, das weiß ich. Nachher, wenn du im Bett liegst und einschlummerst, dann stellst du dir vor, wie ich mit meinen langen Nägeln deinen Schwanz streichele. Kehr um, komm mit mir, es ist mir egal, ich weiß sowieso längst, dass ich auf ewig verloren bin, ich habe also nichts mehr zu verlieren, ich kann mich dir also hingeben, noch heute Nacht, wenn du willst, komm mit. Wenn du nicht mitgehst, verschenke ich meinen Körper. Dann folge ich dem erstbesten Kerl, der mir im Maarsmansteeg hinterherpfeift.«
    »Erpress jemand anderes, please, lass mich in Ruhe.«
    »Warte nur, morgen siehst du mich wieder.«
    Es ist bedauerlich, dass damals der Begriff »Stalker« noch nicht Teil des niederländischen Wortschatzes war. Hätte ich dem, was mir da widerfuhr, einen Namen geben und mit den Erfahrungen anderer in derselben Situation vergleichen können, dann wäre all dies für mich wohl weniger beängstigend gewesen. Nun stand mir allabendlich der Heimweg regelrecht bevor. Wenn ich eine andere Route wählte, gelang es mir manchmal, ihr zu entgehen, doch meistens tauchte sie, auch wenn ich einen Umweg durch das Levendaal machte, aus einer der dunklen Leidener Gassen auf.
    Hinzu kam, dass sie mir leidtat. Sie grob beschimpfen konnte ich nicht. Außerdem wurde sie immer perfekter darin, sich wie ein billiges Flittchen auszustaffieren. Wenn sie im Halbdunkel aus einer der Gassen trat, schnellte mein Hormonspiegel in ungeahnte Höhen.
    Eine Lösung des Problems drängte sich mir wie von selbst auf: nicht zur Uiterste Gracht zurückgehen, sondern die Nacht bei Katja verbringen. Allerdings hatte ich mich noch nicht ganz von der calvinistischen Spießbürgermoral befreit. Wenn ich bei Katja bleiben wollte, dann musste ich zumindest mit ihr verlobt sein, besser noch verheiratet. Ja, die Zeit drängte. Nicht mehr lange, dann würde Jouri aus Harvard wiederkommen. Würde er, sobald er Wind davon bekam, dass ich eine Querflötenfreundin hatte, umgehend seine archimedischen Spinnentricks bei ihr anwenden? Oder hatte ich nichts zu befürchten, da er selbst offiziell mit Frederica verlobt war? Ganz beruhigt war ich nicht. Mir erschien es klug, ihm zuvorzukommen und ihn vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ich war überzeugt davon, dass – ach, wie hoffnungslos naiv ich doch war! – nichts mehr schiefgehen konnte, wenn Katja und ich verheiratet waren, wenn er aus Harvard wiederkam.
    Im Laufschritt zum Standesamt, um Tina und vor allem Jouri den Wind aus den Segeln zu nehmen! Also fragte ich Katja an einem Winterabend kurzerhand: »Sollen wir heiraten?«
    »Welch gute Idee«, war ihre erste Reaktion. Dann sagte sie: »Zuerst musst du aber bei meinem Vater um meine Hand anhalten.«
    »Muss das

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