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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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Brief von Bernard Westbourne vor. Er hatte nicht erwartet, daß ihm dieser so rasch antworten würde. St. James riß mit den Fingern achtlos den Briefumschlag auf und überflog die Zeilen. »Ich bin nicht bereit, mit dir dieses Thema zu besprechen«, las er. Der Earl stieß einen triumphierenden Schrei aus. Bernard schrieb nicht, daß er nicht wisse, wo Silvie sich aufhalte. Er schrieb lediglich, daß er nicht darüber sprechen wollte. Also wußte er Bescheid! Bernard war der Schlüssel zum unergründlichen Geheimnis. Endlich ein Lichtstreifen am Horizont. Er würde ihn schon zum Sprechen bringen, da hatte St. James keine Angst.
    So kam es, daß er den übermüdeten Kammerdiener anwies, abermals die Koffer zu packen, und noch am selben Nachmittag mit leichtem Gepäck in Richtung Bath reiste. Es sollte zwei Tage dauern, bis er endlich jemanden gefunden hatte, der die kleine Pfarre von St. Ermins westlich der Stadt kannte und der ihm den richtigen Weg weisen konnte. Er hatte die halbe Stadt nach seinem Freund abgesucht. War in der Trinkhalle gewesen und hatte eine Soiree in den Assembly-Rooms besucht. Doch seine Hoffnung, Reverend Westbourne bei diesem gesellschaftlichen Ereignis zufällig zu treffen, wurde enttäuscht. Der Abend erschien ihm im Vergleich zu den Veranstaltungen, die er in der Hauptstadt besuchte, ungewöhnlich langweilig. Bath mochte ja vor vielen Jahren einmal ein mondäner Kurort gewesen sein, der auch die adelige Gesellschaft aus London anlockte. Doch die Zeiten waren vorbei. Nun waren es wirklich vor allem alte und leidende Menschen, die hierherkamen, um die Wasser der Heilquellen zu trinken und auf eine Linderung der Schmerzen zu hoffen. Zudem schrieb man Mitte November – ein Monat, in dem die Jagd das herausragende Betätigungsfeld der noblen Gesellschaft war und nicht der Ballsaal einer Provinzstadt. Der Umstand, daß St. James an diesem Abend vergeblich nach dem Reverend Ausschau hielt, verdroß ihn noch mehr. Als er Tags darauf endlich vor dem Pfarrhausstand und ihm eine ältere Frau eine umständliche Geschichte über Personen erzählte, die er nicht kannte, war es da ein Wunder, daß er nahe daran war, die Geduld zu verlieren? War der Reverend wirklich nicht zu Hause, oder hatte er Anweisungen gegeben, sich verleugnen zu lassen? Als er ihn am nächsten Tag abermals nicht im Pfarrhaus antraf, da hegte St. James keinerlei Zweifel mehr. Westbourne wich ihm aus. Und nun fand er ihn hier am Waldrand – einer Stelle, die doch kein vernunftbegabter Mensch freiwillig aufsuchen würde. Es sei denn, er hätte etwas zu verbergen. Dieses Verhalten war geradezu lächerlich. Allerdings war das Verhalten, zu dem er sich nun selbst hinreißen ließ, noch bei weitem lächerlicher.
    Das sollte er sich allerdings erst später eingestehen. In diesem Augenblick hatten der Zorn, die lange aufgestaute Ungeduld seine Sinne vernebelt. Dazu kam, daß er sich dem Pfarrer gegenüber ungewohnt hilflos fühlte. Er kannte Bernard, sein stures, hartnäckiges Wesen. Die Art, wie er ein frommes, lehrerhaftes Gesicht aufsetzte, um sich unliebsame, neugierige Fragen vom Hals zu halten. Und er hatte nicht die geringste Lust, sich wieder eine Abfuhr von einem Mitglied der Familie Westbourne zu holen. Da doch der Reverend seine letzte Hoffnung war. Wen sollte er denn noch fragen, wo noch suchen? Es war genug Zeit vergangen – es wurde Zeit, daß er Silvie fand.
    »So kommst du mir nicht davon, mein Freund. Du wirst mir sofort sagen, wo Silvie ist«, fuhr er den Geistlichen an, ihn fest am rechten Arm packend. »Ich bin ihr Mann. Ich habe das Recht zu erfahren, wo sie sich befindet.«
    Der Reverend sagte kein Wort, sondern blickte indigniert vom Gesicht seines Angreifers zu dessen Hand, die seinen Oberarm umklammerte, und wieder zurück. St. James ließ ihn abrupt los. Daraufhin strich der Geistliche betont langsam seinen Ärmel glatt, bevor er erwiderte: »Dieser Ansicht bin ich nicht.« Es schien, als sei mit diesen knappen Worten das Gespräch für ihn beendet.
    »So, du bist nicht dieser Ansicht?!« brüllte Seine Lordschaft, nun wirklich völlig außer sich. »Dann wird es Zeit, deine Ansichten zu ändern!« Er griff hinter sich auf den Kutschbock und holte mit raschem Handgriff zwei Duelldegen hervor. Einen davon drückte er dem fassungslosen Geistlichen in die Hand. Dann schlüpfte er ausseinem warmen Kutschiermantel aus braunem Wollstoff, dessen zahlreiche Schulterkragen ihn als Mitglied des »Four Horses Club«

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