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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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man’s genau nahm,
eindeutig zu fest, gegen ihn preßte.
    Dabei fielen ihr unweigerlich diese haarsträubenden
Stories über schwarze Männer ein, die ihre Freundinnen seinerzeit, hinter
vorgehaltener Hand gänsehaft kichernd, auf Partys und im Tennisclub vom Stapel
gelassen hatten.
    »Ein Gerät wie eine Landgurke«, hatte
ihre Doppel-Partnerin Babsie frech behauptet, und diese Schilderung durch eine
plastische Geste illustriert, ohne aber die Quelle ihres kostbaren Wissens
preiszugeben. Kürzlich hatte sie einen drögen Immobilienmakler geheiratet, an
dem bestimmt nichts war, was einer Landgurke gleichkam. Anne grinste boshaft.
    Der Tanz hatte inzwischen an Dynamik
gewonnen, sicher hatte der Tequila, der in ihrem Blut kreiste, einen nicht
unbeträchtlichen Anteil daran. Inzwischen war sie genauso durchgeschwitzt wie
ihr Tänzer. Anne folgte dem Druck dieses massigen Körpers, ließ sich wie ein
Grashalm nach hinten und zur Seite biegen, dann wieder in atemberaubendem Tempo
herumreißen, das Ganze hatte etwas von einem spektakulären Tango. Erst nach
einer Weile merkte sie, daß sich um ihr Terrain ein kleines Grüppchen geschart
hatte, das sie klatschend anfeuerte, allen voran natürlich Katie. Urplötzlich
wurde Anne bewußt, was für eine Vorstellung sie da gab. Ausgerechnet sie! Ihre
Gedanken begannen zu galoppieren. Mein Gott, wenn Stefan mich jetzt sehen
könnte... aber warum eigentlich nicht? Ach, zum Teufel mit Stefan! Aber was
mache ich, wenn diese Platte zu Ende ist? Ah, wäre sie doch nie zu Ende, so hat
noch niemand mit mir getanzt! Diese Verrenkungen, zweifellos obszön, aber es
macht Spaß. Wenn der das bloß nicht als eindeutige Aufforderung zu... lieber
Himmel, er wird mich für ein Flittchen halten! Wie werde ich ihn auf elegante
Weise wieder los?
    Der D. J. griff sich bereits wieder
das Mikro.
    Katie, zur Hilfe, was mache ich nur?
    Aber Katie tanzte. Sie scherte sich
nicht im geringsten um Annes Nöte, wieso auch, wo sie nicht einmal die
allerkleinsten Anzeichen einer Notlage wahrnahm.
    Das Stück war zu Ende. Und jetzt?
    Der Typ ließ Anne unvermittelt los,
grinste ihr zu und sagte etwas, von dem Anne nur die Hälfte verstand. Dazu
versetzte er ihr einen jovialen Klaps auf den Po und tauchte unter im
Gedrängel.
    »Unverschämt!« schnaubte Anne.
    Katie feixte.
    »Mir auf den Hintern zu klatschen, wie
einer... einer Kellnerin in einem Bumslokal!«
    »Was regst du dich deswegen auf?« meinte
Katie lakonisch. »Was ihr da gerade geboten habt, war doch schon so was wie
Trockenbumsen.«
    »Wenn du vom Tanzen sprichst, das war
etwas völlig anderes.«
    »So?«
    »Das eine hat was mit Erotik zu tun,
das andere ist primitiv!«
    »Du spinnst«, stellte Katie nüchtern
fest. In was für einer Welt lebte die eigentlich, was hatte sie erwartet? Einen
Handkuß?
    »Hast du gehört, was der zu mir gesagt
hat? Es klang wie: >Gar nicht so übel für...<, den Rest habe ich nicht
verstanden.«
    »Eine WASP.«
    »Eine was?«
    »WASP. White Anglo-Saxon Protestant.«
    »Ist das etwas Gemeines?« fragte Anne
verunsichert.
    »Wie man’s nimmt. Er dachte, du wärst
ein Sproß englischer Vorfahren, sozusagen die Aristokraten unter den
Einwanderern.«
    »Das ist doch nicht beleidigend,
oder?«
    »Für dich nicht. Für mich als Irin
wär’s ein Grund, ihm in die Eier zu treten.«
    »Laß uns noch woanders hingehen«,
beschloß Anne, »meinen Beitrag zur Völkerverständigung habe ich ja jetzt
geleistet.«
    Sie schoben sich hinaus, um gleich
darauf vor den ersten Tropfen eines neuen Regenschauers in eine Blues-Bar zu
flüchten. Dort kippten sie ein paar Tequilas, und schließlich strandeten sie
reichlich betrunken in einer verqualmten, proppenvollen, billigen
After-Hours-Bar, irgendwo auf der Lower East Side, es war so gegen fünf.
Musiker samt ihren Instrumenten, Huren, Zuhälter, Penner, Nachtschwärmer, sogar
zwei Polizisten, alles trudelte hier auf einen Kaffee ein.
    Als Katie vorschlug, noch einen Club
in Soho zu besuchen, von dem sie gehört hatte, er sei momentan definitiv der
letzte Schrei, warf Anne endgültig das Handtuch. Sie ließ sich von Katie in ein
Taxi verfrachten und hoffte nur noch, ihr Hotelzimmer zu finden.
    Katie, dank einer klammheimlichen
Dröhnung auf dem Klo wieder topfit, beschloß, noch einmal im Crazy Cactus
vorbeizuschauen, der ehemaligen Stammkneipe ihres Bruders. Vielleicht würde sie
heute ein paar Freunde von ihm treffen, außerdem hatte sie gerade Lust auf

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