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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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ein paar
Margheritas runter.«
    »Warum nimmt man Petroleum, und nicht
Benzin?« fragte Anne auf dem Rückweg.
    »Benzin? Bloß nicht! Viel zu
explosiv.«
    Katie behielt den Fingerhut in der
Tasche. Sie würde von nun an Tag und Nacht üben, vielleicht würde noch mal eine
große Zauberkünstlerin aus ihr.
    Bonnie hatte schon Feierabend, und so mixte
Gordon die Drinks. Teresa schlief oder telefonierte, Lis war nicht im Haus.
    Anfangs hatte sich Anne in Lis’
Gegenwart unbehaglich gefühlt. Manchmal glaubte sie, kleine zynische Spitzen
herauszuhören, wenn Lis sich mit ihr unterhielt. Aber beschwören konnte sie das
nicht. Obwohl Anne souverän Englisch sprach, war sie sich im unklaren, ob sie
die feinen Nuancen immer mitbekam. Wer weiß, vielleicht hegte Lis auch gewisse
Ressentiments gegen sie als Deutsche. Andererseits, Lis hatte für diesen ganzen
Religionskram, wie sie es selber nannte, nicht viel übrig, und wenn man ihre
Namensänderung in Betracht zog — sie schien nicht gerade vor Nationalgefühl
überzuquellen. Doch wer konnte das schon genau wissen? Womöglich war Lis auch
nur eifersüchtig. Die alte Freundin Katies auf die neue, das schien Anne eher
plausibel. Ja, bestimmt war es das, mochte ihr Katie auch noch so oft
versichern, daß Lis’ Gastfreundschaft unerschöpflich und eine
Selbstverständlichkeit wäre.
    Um sich erkenntlich zu zeigen, hatte
Anne am zweiten Abend die ganze Bande, außer Bonnie, Personal bleibt Personal,
in die erste Etage des Palio zu einem italienischen Dinner der Extraklasse
eingeladen. Danach nahmen sie noch ein paar Drinks unten in der Bar. Von den
Wänden leuchtete, in schreienden Farbtönen, Sandro Chias ebenso großräumige wie
eigenwillige Darstellung der Reiterspiele in Siena, darunter posierten lauter
schöne Menschen im Calvin-Klein-Outfit. Die Szenerie unterschied sich nur durch
unbedeutende Details von einschlägigen Münchner Schickeria-Bars. Entsprechend
langweilte Anne sich ein wenig.
    Lis kannte die Bar natürlich, und als
die kleine oder mittlere Berühmtheit, die sie nun war, wurde sie vom Barkeeper
überschwenglich begrüßt, hinter ihrem Rücken tuschelte es. Noch war ihr Ruhm zu
frisch, als daß Lis ihren Auftritt nicht in vollen Zügen genossen hätte.
    Katie fand das alles irre schick,
trank zuviel und starrte die Leute wie Ausstellungsstücke an, Teresa saß still,
in ihren Freak-Klamotten einigermaßen deplaziert, auf ihrem Barhocker am
marmornen Tresen, und Gordon erging es ein wenig wie Anne, er hatte schon seit
langer Zeit die Nase voll von der Szene mitsamt ihren abgehobenen Gestalten,
aber er ließ sich nichts anmerken. Später stieß Lis’ Freund und
Schönheitsexperte Paul Dixon zu ihnen. Er sprach nicht viel und kippte ziemlich
schnell hintereinander zwei Remmis, wonach er ein wenig auftaute. Paul war ein
eher schmächtiger Typ. Sein Doppelkinn und die hängenden Augenlider, die ihm
das vergrämte Aussehen eines alten Boxerhundes gaben, waren nicht gerade ein
Aushängeschild für seine Praxis.
    Eine neue Gruppe illustrer Gäste
betrat das Lokal gegen Mitternacht, und ein Raunen schwappte wie eine Welle
durch den dichtbevölkerten Raum. Auch Lis drehte sich um und bekam beinahe
Zustände. Sandra Krekel. Diese Kuh! Im letzten Jahr für den Oskar nominiert,
zum Glück hatte sie ihn wenigstens nicht gewonnen, aber allein die Nominierung
war schon ärgerlich genug. Ihr Name wurde in den einschlägigen Magazinen in
einem Atemzug mit Jodie Foster und Michelle Pfeiffer genannt. Zweifellos ein
Star. Ein echter, kein Seriensternchen. Lis kannte Sandra persönlich, sie hatte
einmal ein winziges Nebenröllchen in einem ihrer Filme, was hieß überhaupt
»ihrer Filme«, gespielt, und Sandra, diese zickige Hysterikerin, hatte sie bis
aufs Blut gepiesakt.
    Jetzt ließ sie sich auch noch mit
ihrem Hofstaat direkt vor ihnen nieder.
    »Ist das Sandra Krekel?« wisperte
Katie mit feuchten Augen.
    »In der Tat.« Lis schleuderte vernichtende
Blicke. »Wenn man sie in natura sieht, erkennt man sie kaum wieder, was? Sie
läßt überall verbreiten, sie wäre achtundzwanzig, dabei geht sie stramm auf die
vierzig zu.« Sie blickte sich nach Paul um, damit er dies bestätigte. Der
schüttelte bloß den Kopf mit der scharf abgegrenzten Halbglatze, die an ein
ausgestochenes Weihnachtsplätzchen erinnerte.
    »Sei nicht so boshaft«, beschwichtigte
er. Doch ebenso hätte er versuchen können, einen Tornado mit der Hand
aufzuhalten.
    Lis beschloß, die Person einfach

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