Schneeköniginnen
die Hand und streichle ihn...«
Wer, zum Teufel, ist Willy, überlegte
Anne begriffsstutzig.
»Ja, kräftig, gib’s ihm! Sag mir, wie
fühlt er sich an, unser Held, ist er schon ganz groß und hart?«
Ach, das war Willy. Dieser Job
erforderte also, neben gewissen anderen Fähigkeiten, auch noch ein exaktes
Namensgedächtnis. Ob Teresa wohl eine Kartei führte, in welcher Daten standen
wie:
Mr.
Emerald Fuller — Ralphie — Blondinen, Strapse
Mr.
John Kozlowsky — Charly — Rothaarige, Gummi und Leder
Dr. Richard Snyder — Dickie — versaute
Dreizehnjährige
Mr.
Soundso — Willy — Badewannennummer usw.
Katie und Anne tauschten einen
vielsagenden Blick.
Teresa war beim letzten Zehennagel
angelangt und betrachtete ihr Werk, dazu erläuterte sie: »Ich massiere meine
langen, festen Schenkel... überall ist Ol, es duftet, meine Haut wird immer
wärmer, ah, wie das prickelt!« Ein paar Takte leidenschaftliches Gestöhne. »Ich
spreize langsam die Beine, weiter und weiter, öle mich ein, überall, meine
Finger sind ganz schlüpfrig... und jetzt fasse ich mir fest an die...«
Anne war dieses englische Wort nicht
geläufig, sie verstand es aber trotzdem. Es gehörte zu jenen Vokabeln, die auf
keinen Fall in Lehrbüchern auftauchen, noch nicht einmal bei den Golden Girls,
die sich Anne gelegentlich zur Erhaltung ihrer Sprachkenntnisse im Originalton
ansah. Sie riß die Augen auf und sah Katie an. Die jedoch hatte die Hand an den
Mund gepreßt, bebte vor verhaltenem Lachen, und um ja nichts zu verpassen,
schlüpfte sie nun durch die Tür und hockte sich auf einen roten Fußabtreter in
der Ecke.
Teresa, ahnungslos, wedelte verspielt
mit den Füßen hin und her, damit der Lack trocknete, und kraulte dabei ihrem
Hund Buster das Schlappohr. Ihr Gesicht war so ausdruckslos wie ein Teller,
während sie dermaßen lustvoll stöhnte, daß sich Anne zu ein paar schwülen
Gedanken hinreißen ließ.
»Oh, jaah, ich sehe deinen prächtigen,
harten Schwanz vor mir! Stell dir jetzt mal vor, er wäre... aah! Jetzt bin ich
mit meinem, langen glitschigen Finger bei mir drin«, ächzte Teresa, und ließ
ihre Finger gedankenverloren um Busters Ohr kreisen. Dem war das alles völlig
schnuppe.
»Na, wie würde das deinem Willy
gefallen, hm? Dieses seidige Fell, äh, Haar... alles ist so feucht, es wird
immer enger, mir wird ganz heiß... ah! Da drinnen ist es...«, Teresa warf einen
flüchtigen Blick auf das Ohr, »...so dunkel, warm und...«, sie drehte das
braune Schlappohr um, und musterte die Innenseite, als sähe sie das Ohr zum
ersten Mal, »...und rosa.«
Jetzt gab sogar Teresa ein gutturales
Lachen von sich, was Willys Herrchen auf seine Weise interpretieren mochte.
Aber sofort war sie wieder bei der Sache. »Es fühlt sich sooo gut an... eine
heiße, enge, rosa Muschel...«
»Uuaahahahaa!« Das war Katie.
Buster hob den Kopf, Teresa fuhr
herum. Steifbeinig, wegen der Wattebällchen zwischen den Zehen, watschelte sie
quer durch den Raum, direkt auf Katie zu, während sie mit ihrer rauchigsten
Stimme noch mehr detaillierte Intimitäten, unterbrochen von keuchenden »Ahs«
und »Ohs«, von sich gab. In ihren Augen blitzte es gefährlich. Sie zeigte mit
bebendem Finger auf den roten Fußabtreter unter Katies Hintern. »Sofort runter
von meinem Mantra!« zischte sie wütend.
Katie schnellte hoch wie eine Feder,
die Tür krachte hinter ihr zu, haltlos prustend machten sie und Anne, daß sie
wegkamen.
»Was war denn das?« fragte Anne, rot
bis unter die Haarwurzeln, als sie in Katies Zimmer angelangt waren.
Katie rang nach Luft, schmiß sich auf
das Bett, es war mit einer duftigen Tagesdecke verhüllt, die in allen Farben
schimmerte, wie eine Öllache, und schüttelte sich vor Lachen. »Noch nie was von
Telefonsex gehört?«
»Nicht so unmittelbar. Ich dachte, sie
ist Wahrsagerin?«
»Das ist ihr Hauptberuf, sozusagen.
Ich glaube, sie ist gar nicht schlecht darin. Sie hat mal einen Typen
aufgestöbert, der seine Alimente nicht zahlen konnte, obwohl er sich im
hintersten Winkel von Florida versteckt hat.«
»Wie hat sie das angestellt?«
»Weiß ich nicht, Lis hat’s mir bloß
erzählt. Frag sie selber. Aber von der Wahrsagerei könnte sie nicht mal die
Miete hier bezahlen. Und das Telefongeschäft läuft prima, sie hat etliche
Stammkunden. Du solltest sie mal hören, wenn sie einen auf blonde Schwedin
macht. Das hört sich vielleicht dämlich an. Dieser Akzent!«
Teresa mit ihrer Bluesstimme als
blonde
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