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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Hinterhof, an derselben
Stelle wie schon die letzten zwei Tage, ein paar Kinder lungerten um sie herum.
Gordon machte ihnen eine Freude in Form eines gewaltigen Feuerpilzes, den er
spuckenderweise von sich gab. Dabei balancierte er auf einem Einrad. Im ganzen
Hof herum lagen Bälle und Keulen, ein schwarzer Junge begann, mit drei
sandgefüllten Stoffbällen zu jonglieren.
    Das Jonglieren hatte Anne erst gar
nicht versucht, die Zaubertricks überließ sie Katie, aber das Feuerspucken
faszinierte sie. Gordon versicherte ihr glaubhaft, daß es im Grunde recht
einfach und lediglich eine Sache der Überwindung sei. Zwei Tage hatte sie
unschlüssig zugesehen, aber nun spuckte sie wie ein Lama im Hinterhof herum.
    »Ja, schon besser! Sprühen muß es,
möglichst fein.«
    »Noch etwas Übung, und ihr könnt mich
als Rasensprenger im Central Park einsetzen.«
    Katie probierte vor den Kindern ihren
Seiltrick. Eine gewisse Fingerfertigkeit, gezielte Ablenkung im entscheidenden
Moment, die Sache war im Prinzip ganz simpel. Sie ging gründlich in die Hose,
die Rotzlöffel quietschten.
    Gordon benutzte diese Anfängertricks
längst nicht mehr, weshalb er sie ausnahmsweise weitergab, natürlich nur jene,
die man in jedem besseren Zauberhandbuch ohnehin nachschlagen konnte. Niemals
hätte er auch nur das Geringste aus seinem momentanen Programm verraten, das
tat kein Magier, der auch nur einen Funken Verstand und Berufsehre besaß.
    Katie bemühte sich jetzt lieber, eine
Spielkarte aus ihrer Hand verschwinden zu lassen. Die Karte hatte während einer
schnellen, grazilen Bewegung aus dem Handteller auf den Handrücken zu wandern,
wo sie von den Hautfalten zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten wurde. Dabei
bewies Katie entschieden mehr Geschick, und Gordon spornte sie an mit der
Aussage, sie hätte Talent.
    Zu Anne meinte er nur, daß
Feuerspucken durchaus zu ihrer Persönlichkeit passen würde, dazu grinste er
unverschämt.
    »Und jetzt noch eine wichtige, nein, die wichtigste Regel beim Feuerspucken!«
    »Ja?«
    »Es mag zwar lächerlich und
selbstverständlich klingen, aber ist ungeheuer wichtig.« Er machte eine
Kunstpause und verkündete dann: »Niemals gegen den Wind spucken! Niemals!«
    Katie, Anne und die Gören lachten.
    »Aber das ist doch wohl
selbstverständlich«, meinte Anne.
    »Hoffentlich«, sagte Gordon trocken
und reichte Anne eine seiner selbstgebauten Fackeln, einen Holzstab, am Ende
mit Mullbinde umwickelt und mit Lampenpetroleum getränkt. »So jetzt bist du
dran. Nimm am Anfang nicht zuviel.«
    Annes Herz hämmerte. Im Grunde hatte
sie eine Höllenangst vor Feuer, gerade deshalb bedeutete diese Feuerspuckerei
eine Herausforderung für sie. Sie wollte sich und der Welt etwas beweisen, hatte
ein Erfolgserlebnis, und sei es noch so banal, dringend nötig.
    Sie nahm einen Schluck aus der Flasche
mit der blaßrosa Flüssigkeit. Es schmeckte ölig, ekelhaft.
    Gordon hielt ihr die brennende Fackel
hin, sie nahm sie, drehte sich mit dem Rücken zur Windrichtung, es regte sich
sowieso kaum ein Blatt, und prustete drauflos wie ein Jazztrompeter. Unter dem
geballten Strahl erlosch die Fackel mit einem kläglichen Brutzeln.
    »Du hast sie ausgespuckt«, stellte
Gordon fest.
    »Nochmal«, gab Anne knapp zurück. Der
Ehrgeiz hatte sie gepackt.
    »Okay.« Gordon zündete eine Fackel an.
»Es war mein Fehler, ich habe vergessen dir zu sagen, daß du nicht auf, sondern
knapp über die Flamme spucken mußt. Alles klar?«
    Sie hielt die Fackel umklammert und
sprühte das widerliche Zeug kraftvoll aber gezielt von sich.
    Die Flammen fauchten, Anne trat
erschrocken einen Schritt zurück. Vor ihr wirbelte ein blauroter Feuerschweif,
nicht so groß wie der von Gordon, und außerdem hatte sie versäumt, die Flamme
wirkungsvoll in die Höhe zu blasen, aber es klappte. Sie spie Feuer! Gordon
nickte anerkennend.
    »Nicht schlecht.«
    Nicht schlecht? Sensationell war das!
Sie ignorierte den seifigen Geschmack im Mund, nahm eine neue Fackel, einen
weiteren Schluck, diesmal etwas größer, stellte sich breitbeinig hin, warf den
Kopf in den Nacken und spuckte drauflos. Diesmal war es ein recht ordentlicher
Feuerball der mit einem »ffftt« über ihre Köpfe sauste, um sich dann in zwei,
drei Meter Höhe im blauen Nichts aufzulösen. Katie schrie begeistert auf. Auch
Gordon ließ ein »Bravo« verlauten, und die Kids johlten.
    »Genug für heute«, befahl der große
Meister. »Räumen wir auf, und dann spülen wir den üblen Geschmack mit

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