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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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sie sagen mußte: »Nein, wir haben keine Panne, meine Mitfahrerin bumst
nur gerade einen hergelaufenen Bauernlümmel.«
    Es war kaum noch zum Aushalten. Anne
drehte das Radio auf volle Lautstärke. Nicht, daß ihr Guns ‘n Roses sonderlich
gefallen hätten, aber es war immer noch besser, als das Geröchel da hinten.
Anne umklammerte das Steuer, bis ihre Knöchel weiß wurden, den Blick stur
geradeaus gerichtet.
    Wie lange ging das denn noch? War der
Typ ein Konditionswunder?
    Sie zwang sich, den Fuß am Gaspedal zu
lockern. Ich werde sie rausschmeißen, mir reicht’s, beschloß sie in gerechtem
Zorn. Ich fahre allein weiter!
    Katie quiekte wie ein Ferkel, und nun
fing auch noch der Typ an, tierische Laute abzusondern. Kurzes Hecheln, ein
paar Oh God- Stöhner, dann wurde es leiser. Gekicher, Nesteln an den
Klamotten.
    Anne atmete tief durch, geradeso, als
hätte sie es hinter sich. Ihre Erleichterung konnte auch kaum größer sein.
Sollte sie Katie jetzt sofort die Meinung sagen? Aber was überhaupt? Konnte sie
denn Verständnis erwarten für ihre unangenehmen, peinlichen Gefühle in dieser
Situation, von einer, die sich so benahm? Wohl kaum. Es erschien ihr klüger,
sich zu beherrschen, bis der Junge weg war, um Katie dann ein paar
unmißverständliche Takte zu sagen.
    Anne wartete noch wenige Augenblicke,
um denen da hinten Zeit zu gewähren, ins Hier und Jetzt zurückzufinden, dann
griff sie ins Handschuhfach und holte ein Päckchen Papiertaschentücher heraus.
Sie warf es nach hinten und drohte: »Daß ihr mir ja die Sitze nicht versaut.
Das Ding soll noch verkauft werden.«
    Katie zündete sich eine an und hüpfte
wieder auf den Beifahrersitz. Der Junge blickte stumm und stier zum Fenster
hinaus.
    »Puh«, Katie fuhr sich über die
verschwitzte Stirn, »jetzt brauche ich was zu Trinken. Und einen Hunger habe
ich! Wie wär’s, wenn wir beim nächsten Burger King oder so was Ähnlichem
anhalten?«
    »Okay«, lachte Anne. Sie konnte
einfach nicht anders. Katies völlige Ungeniertheit war entwaffnend.
    Sie hielten an einem Kentucky Fried
Chicken. Der Junge schulterte seinen Rucksack und meinte zu Anne: »Vielen Dank
fürs Mitnehmen. Ich such’ mir jetzt aber wen anderen. Ist mir einfach zu heiß,
die Braut.«
    »Schade«, lächelte Anne, »jetzt ist sie nämlich mit Fahren dran...« Ohne die Tür zu öffnen, sprang er aus dem Auto und
sprintete so schnell er konnte davon. Katie schleuderte ihm eine Kußhand
hinterher.
    Als sie mit einer eiskalten Cola den
Staub und weiß der Teufel, was sonst noch alles, hinunterspülten, begann Katie
von selbst: »Ich kann mir denken, daß du sauer bist.«
    »So, kannst du das?«
    »Ist doch völlig klar. Ich hätte dich
erst fragen sollen, ob du ihn willst. Schließlich sind wir ja Freundinnen. Aber
weißt du, der sah so goldig aus, den mußte ich mir einfach geben. Ich schwör’s
dir, den nächsten, den überlasse ich dir ganz alleine, großes
Indianerehrenwort!«
    Anne kapitulierte. Es war schlicht und
einfach hoffnungslos.

Get your kicks.
     
     
    Wundersamerweise verlief die Fahrt bis
Memphis ohne nennenswerte Zwischenfälle, wenn man von einer geklauten
Sonnenbrille einmal großzügig absah. In Memphis hatten sie sich nur so lange
aufgehalten, um etwas Soul Food zu testen, wonach ihnen beiden der Hals wie
Feuer brannte. Sie löschten das mit »Mint Julep«, einer verwegenen Mischung aus
Whisky, Zucker und Minzaroma. Die Nacht verbrachten sie in einem Motelzimmer
mit Preßholzmöbeln und geblümten Badezimmerkacheln, die vergeblich von den
tropfenden Wasserhähnen und dem stechenden Schimmelgeruch ablenken wollten. Der
Deckenventilator hatte irgendwann seinen Geist aufgegeben, ebenso wie eine
Hundertschaft Mücken ; dunkle Blutflecken an den uringelb gestrichenen Wänden
kündeten von ihrem gewaltsamen Tod. Von dort aus riefen sie bei Lis an, doch es
meldete sich nur der Anrufbeantworter.
    »Liebste Lis«, flötete Katie zu der
Maschine, »wir haben deinen reizenden Cousin schon wieder verlassen, da es uns
unaufhaltsam westwärts zieht. Wir residieren hier in Fort Smith, im ersten Haus
am Platze. Es geht uns fantastisch. Morgen werden wir bis nach Amarillo
Weiterreisen, A-ma-ril-lo klingt das nicht unwiderstehlich? Wenn wir einen
richtigen Cowboy treffen, schicken wir dir ein Polaroid von ihm. Grüß Teresa
und gib Gordon einen heißen Kuß von Anne... oder lieber doch nicht. Wir melden
uns wieder, bye!«
    Am nächsten Morgen fuhren sie früh
los, sprachen die ersten

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