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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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als bei meiner Mutter. Und dann —
Autounfall — peng, alles aus. Ich mußte zurück.«
    »Und wann ist deine Mutter gestorben?«
fragte Anne.
    »Gestorben? Wieso? Nicht das ich
wüßte. Die ist noch immer mit diesem Kerl verheiratet und spielt die solide
Hausfrau.«
    »Aber du hast mir, ich glaube es war
auf dem Flug, erzählt, daß deine Eltern beide tot wären.«
    »Das hast du falsch verstanden. Mein
Vater ist tot, aber meine Mutter ist nur für mich gestorben.« Katie
spuckte aus dem Fenster.
    »Aber was ist denn passiert, daß
du...?«
    »Darüber will ich jetzt nicht
sprechen«, schnitt Katie die Unterhaltung ab. Anne fühlte sich ein wenig vor
den Kopf gestoßen und schwieg, ebenso Katie, während die Straße das
Appalachengebirge überwand, was für malerische Ausblicke sorgte, aber eine
Menge Zeit kostete. Katie übernahm nach einer Weile das Steuer. Für sie
schienen keine Geschwindigkeitsregeln zu gelten. Der Jeep röhrte wie ein Elch,
aber er nahm die Kurven wie nichts und lief und lief.
    Sie erreichten Lexington, aber es
gefiel ihnen nicht sonderlich, und sie beschlossen, weiter nach Nashville zu
fahren.
    Nashville, Memphis, Chattanooga... All
diese Orte auf der Karte hatten so einen magischen Klang! Sie stellten einen
Sender mit den unvermeidlichen Country Songs ein und sangen lauthals zu »Yellow
Rose of Texas«, während es langsam Nacht wurde.
    »Daß du es ja niemandem erzählst«,
drohte Katie.
    »Was?«
    »Daß ich mir sowas anhöre. Das
könnte mich meinen Ruf kosten.« Anne grinste nur.
    In Nashville nahmen sie das erstbeste
Motel und fielen erschöpft in die Betten.
     
     
    »Sollten wir nicht mal bei Lis
anrufen?« fragte Anne am nächsten Morgen.
    »Gelegentlich«, antwortete Katie
gleichmütig. Sie ließ Anne fahren und übte unermüdlich den Trick mit dem
Verschwindenlassen von Gegenständen aus der Hand. Fingerhut, Spielkarten,
Dollarscheine, Kreditkarten, Zigaretten, sie probierte es mit allem, was ihr
zwischen die Finger geriet, und triumphierte, wenn es ihr dreimal
hintereinander ohne Fehler gelang. Das passierte allerdings selten.
    Die Sonne knallte herunter, Indian
Summer nannte man das wohl. Ihnen wurde unangenehm warm, dabei war es erst
früher Vormittag.
    »Sollen wir die Plane draufmachen und
die Klimaanlage einschalten? Ich brate jetzt schon«, meinte Anne.
    »Gute Idee.«
    Doch schon nach wenigen Minuten
stöhnte Katie: »Das ist ja die Hölle.«
    »Gleich wird’s kühler«, tröstete Anne
und probierte an der Anlage herum. Fünf Meilen weiter hatte Katie das Problem
in aller Deutlichkeit erkannt: »Scheiße! Anne, der Mistkerl hat uns geleimt.
Sie funktioniert nicht.« Kein kühles Lüftchen drang ins Wageninnere, man konnte
schalten, wie man wollte. Nichts.
    »Dieser Bandit«, schimpfte Anne. »Wie
wird das erst, wenn wir in Texas sind? Oder in New Mexico? Das ist pure Wüste!
Wir werden umkommen, vertrocknen, verdursten...«
    »Don’t panic, baby«, brummte Katie in
John Waynes tiefstem Baß. »Denk an die Pioniere, die Cowboys und die anderen
beinharten Typen... Oder hast du schon mal ein Pferd mit ‘ner Klimaanlage
erlebt?«
    »Red keinen Stuß. Machen wir das Dach
wieder auf.«
    »An der nächsten Tankstelle. Sprit ist
bald alle.«
    An der Tankstelle wurden sie von einem
milchgesichtigen Kerl angesprochen, ob sie ihn bis nach Little Rock mitnehmen
könnten. Sie wechselten untereinander einen fragenden Blick und checkten den
Jungen ab. Er sah schüchtern aus, mochte höchstens neunzehn, zwanzig sein.
    »Sollen wir?« wisperte Anne, und Katie
antwortete leise:
    »Na klar, das ist ein harmloser
Hinterwäldler.«
    »Da haben wir uns schon mal getäuscht«,
erinnerte Anne. Am Ende stand vor ihnen ein bundesweit gesuchter Serienmörder?
    »Du hast dich getäuscht. Der da ist doch fast noch ein Baby.
Aber entscheide das selber.« Katie war vorsichtig geworden. »Ich will hinterher
keine Vorwürfe hören«, fügte sie warnend hinzu.
    Doch Anne meinte gutmütig: »Okay,
steig ein. Wir fahren auf jeden Fall bis Memphis. Die Rückbank ist frei.«
    Katie behielt recht, der Typ war ein
echtes Landei, der vom College nach Hause fuhr, um bei der Ernte auf der
Baumwollfarm zu helfen. Sie unterhielten sich ein bißchen über Land und Leute,
aber das wurde ihnen allen bald zu anstrengend. Der Junge legte den Kopf auf
seinen Rucksack und schlief ein.
    »Ist er nicht niedlich?« bemerkte
Katie entzückt zu Anne.
    »Junges Gemüse.«
    Katie verzichtete auf eine Antwort.
Die feuchtheiße

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