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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Anne öffnete eine
Bierdose.
    »Warum hast du die nicht geworfen?«
fragte Katie.
    »War doch nicht notwendig, oder?«
    Das gab auf einen Schlag hundert
Punkte bei Katie. »Du machst dich, doch, wirklich.«
    Die Landstraße war eng und heiß, ihre
Gesichter maskierten sich mit Staub. Sie passierten ein paar winzige
Ansiedlungen. Katie bog jetzt auf eine schmale Schotterstraße ein, noch
staubiger, noch enger, und außerdem bergauf. Anne sagte nichts, sah träge und
erschöpft hinaus in den Dunst. Dürre Vegetation links und rechts, die ersten
Kakteen. Die Holperei ging etwa eine Stunde so, sie kamen sehr langsam voran.
Der Weg schien in die Berge zu führen. Fast schien es Anne, als bewegten sie
sich wieder zurück in Richtung Santa Fe. Aber Orientierung im freien Gelände
war nicht gerade ihre Stärke. Katies auch nicht. Doch sie erkannten beide klar
den Vorteil dieser Tortur: Auf diesen steinigen Fahrrinnen konnte ihnen
unmöglich eine flunderflache Corvette folgen. Manchmal hatte sogar der Jeep
Mühe, um zwischen Gesteinsbrocken, groß wie Bierkisten, einen Weg zu bahnen.
    »Mann, hier nehmen sie’s aber wirklich
ernst mit der Verkehrsberuhigung«, seufzte Katie. Der letzte Wagen war ihnen
vor über einer Stunde begegnet. Weit und breit kein Haus, kein Anzeichen von
menschlicher Zivilisation. Das Ende der Welt mußte gleich um die Ecke liegen.
    »Katie«, fragte Anne vorsichtig.
»Wohin fährst du eigentlich?«
    »Weiß ich auch nicht so genau. Irgendwann
muß ja mal wieder eine normale Straße kommen. Schau doch mal auf die Karte.«
    »Machst du Witze? Was nützt die Karte,
wenn ich keine Ahnung habe, wo wir sind. Und mit den Wegweisern haben sie hier
ziemlich gespart.«
    »Gib mir mal ‘n Bier. Polizei ist hier
gottseidank auch keine.«
    Katie zischte die Dose auf einen Sitz
hinunter.
    »Ah!« Sie wischte sich mit dem Ärmel
übers Kinn und rülpste. Anne ignorierte das.
    Einige Meilen weiter wurde die Straße
nahezu unpassierbar. Sie schnitt tief ins Gelände und bestand nur noch aus
Felsbrocken. Katie stoppte und machte den Motor aus. Grillen zirpten, ein Vogel
schrie, sonst herrschte eine unheimliche, drückende Stille. Kaum war der
Fahrtwind weg, brannte ihnen die Sonne mörderisch auf die Köpfe. Katie beugte
sich vor und inspizierte das Gelände.
    »Wir müssen bloß die paar Steine da
zur Seite schieben...«
    »Katie!«
    »Hm?«
    »Das ist gar keine Straße, worauf wir
da fahren.«
    »So? Was dann?«
    »Das ist ein Bachbett.«
    Katie sah zweifelnd den Hang hinauf.
»Meinst du wirklich?«
    »Ich bin nicht in der Stimmung für
Scherze. Hast du schon mal dran gedacht, was passiert, wenn uns in dieser
Wildnis das Benzin ausgeht?«
    »Nein, jetzt wo du’s sagst... aber der
Tank ist noch viertelvoll.« Katie wies auf die Anzeige.
    »Oder dreiviertel leer.«
    »Werde jetzt nicht spitzfindig.«
    »Weißt du was?« Anne sprang mit einer
energischen Bewegung aus dem Wagen, »wir gehen jetzt bis zur Spitze dieses
Hügels da, vielleicht sehen wir dahinter eine Straße oder irgend etwas, woran
wir uns orientieren können.«
    »Einen McDonalds vielleicht oder ein
schickes Einkaufszentrum.«
    »Oder ein Atomkraftwerk.«
    »Oder ein paar Aliens, mit grüner Haut
und gigantischen...«
    »Ja, schon gut.«
    »...Ohren. Müssen wir jetzt wirklich
bei dieser Affenhitze da rauf?«
    »Hast du einen besseren Vorschlag?«
erwiderte Anne scharf.
    »Reg dich ab. Soll ich uns ein paar
Dosen mitnehmen?«
    »Katie, ich bitte dich. Das ist ein
Spaziergang von maximal zehn Minuten.«
    »Wie du meinst.« Sie hüpften aus dem
Jeep. »Wenigstens kann man das Auto offen lassen, hier klaut bestimmt keiner.«
    Sie tasteten sich zwischen dürrem
Gebüsch und Steinen nach oben. Anne stieß einen gellenden Schrei aus, als sich
unmittelbar vor ihr eine Schlange über die Steine ringelte und in einem Erdloch
verschwand.
    »Mensch, hast du mich erschreckt«,
keuchte Katie.
    »Und ich mich erst! Meinst du, die war
giftig?«
    »Keine Ahnung.« Sie schwiegen, denn
die Kraxelei war doch recht anstrengend. Zwischen den Felsen stand die Hitze.
Katie japste nach Luft. Nach gut zwanzig Minuten erreichten sie den Kamm des
Hügels. Vor ihnen lag eine einheitlich bewachsene, ziemlich ebene Fläche,
zweifellos von menschlicher Hand kultiviert. Dahinter erhoben sich bewaldete
Anhöhen, im Westen döste die Landschaft New Mexicos unter einem azurblauen
Schäfchenwolkenhimmel vor sich hin, und das in einer Dimension, die
europäischen Augen unendlich

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