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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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durchzuatmen. Lechzend
öffneten sie zwei Bier, es war knapp unter dem Siedepunkt.
    Anne fand allmählich ihre alte Form
wieder: »Als du sagtest, wir fahren nach L. A., da war von Knastaufenthalten,
Mafiakillern und Sprengsätzen nicht die Rede.«
    »Die Highlights wollte ich für später
aufheben.«
    »Das nächste Mal buche ich doch lieber
eine Pauschalreise bei Neckermann.«
    »Jetzt wirst du makaber.«
    Sie saßen eine Weile still im Auto.
Schwüle Hitze drückte auf ihre Lungen. Katie rauchte.
    Eine scharfe Windbö kühlte ihre
erhitzten Gesichter. Sie blickten wie auf Kommando nach oben. Mächtige
Wolkentürme hatten sich im Westen zusammengeballt, über ihnen färbte sich der
Himmel purpurn. Der Wind verfing sich in den verdorrten Blättern und ließ sie
geheimnisvoll rascheln, wie seidene Unterröcke. Schwarze Wolken fraßen gierig
das letzte Blau. Das alles ging so rasant, wie mit einem Zeitraffer gefilmt.
Sie machten sich eilig daran, das Verdeck zu schließen. Die ersten Tropfen
explodierten im Staub.
    »Endlich mal Regen. Eine Abkühlung
kann nicht schaden«, meinte Anne. Katie startete den Jeep. Die ersten
zweihundert Meter mußten sie sich rückwärts durchs Geröll kämpfen, dann erst
gab es eine Wendemöglichkeit. Es begann zu schütten. Anne beobachtete
fasziniert das Toben der Naturkräfte. Der Wind war nun ein Sturm, verbog die
mageren Bäume, zerrte an ihren Kronen, Regen glitt wie ein dichter Vorhang an
der Scheibe herunter, die Wischer konnte man vergessen.
    »Anne...«
    »Hm?«
    »Du hattest recht. Das ist tatsächlich
ein Bachbett.«
    Anne sah Katie an, dann begriff sie.
»Soll das heißen...«
    »Schau mal nach vorne.«
    Anne versuchte, durch den
Regenschleier etwas zu erkennen. Ein zuckender Blitz half ihr dabei. Was sie
sah, genügte ihr vollauf. Zwischen den Reifen des amphibienhaft
dahinkriechenden Jeeps bildete sich ein schnell fließendes Rinnsal.
Genaugenommen war es eigentlich schon ein kleiner Bach.
    »Verdammt! Wir müssen hier raus!«
    »Ich versuch’s beim nächsten Exit«,
versprach Katie. Doch die Ufer waren steil, nicht mal ein Jeep schaffte das.
    »Wie weit ist es denn noch bis zur
Straße?« Anne konnte einen leicht panischen Unterton in ihrer Stimme nicht ganz
vermeiden.
    »Schon noch ein Stück«, kam es gepreßt.
    Schlammiges Wasser schäumte über die
Steine. Wieder ein Blitz, gefolgt von krachendem Donner. Auch Katie wurde nun
mulmig. Sie knallte die Gänge hinein und nahm einen verbissenen Anlauf, das
Ufer zu erklimmen. Der Motor sang wie eine Kettensäge, mit durchdrehenden
Reifen blieb der Jeep zwischen Geröll und Matsch hängen und drohte umzukippen.
Katie ließ ihn zurückrollen. Mit dem Heck tauchte er bereits ins Wasser.
Atemberaubend schnell entwickelte sich diese eben noch staubtrockene Rinne zu
einem reißenden Flüßchen. Wo kamen bloß diese Unmengen von Wasser her? Die
Fußmatten begannen zu schwimmen.
    »Es hat keinen Sinn. Wir müssen raus,
sonst ersaufen wir wie die Ratten«, brüllte Katie durch das Rauschen des
Regens.
    »Aber... das Auto?«
    »Vergiß es!«
    Hinten klatschte eine trübe, braune
Suppe warnend an die Plane. Sie würde nicht mehr lange halten. Der Regen glich
jetzt einem Wasserfall. Katie leerte mit einer Bewegung das Handschuhfach und
stopfte Karten, Zigaretten, Sonnenbrille und all den Krimskrams in ihre Tasche.
    »Los, Anne, raus!«
    »Die Tür geht nicht auf!« Wasser drang
jetzt durch alle Ritzen und schwappte ihnen glucksend um die Knöchel. Hastig
rissen sie die Plane von innen herunter, sofort waren sie restlos durchnäßt. Sie
griffen sich ihr Gepäck, sprangen herunter und stolperten durch den gurgelnden
Bach, der den Jeep triumphierend in Besitz nahm. Ihre Hände umklammerten sich,
als wären sie verschweißt. Die Taschen an sich gepreßt, balancierten sie über
die scharfen Steine. Regenschauer peitschten ihnen ins Gesicht, die Strömung
drohte ihre Knie wegzureißen. Das Ufer zu erklimmen erwies sich als schwierig,
da die Steine die Neigung hatten, unter ihnen wegzurutschen. Sie stürzten ein
paarmal, weil sie durch ihr Gepäck beim Klettern behindert wurden. Unter ihnen
sprudelte die Dreckbrühe, als würde sie kochen. In wilder Hast rappelten sie
sich wieder auf.
    »So geht’s nicht«, keuchte Anne, als
sie von Katie eine Ladung Geröll abbekam. »Geh du zuerst und gib mir deine
Tasche!«
    Katie zögerte. »Mach ja keinen
Scheiß!«
    »Na los, oder sollen wir beide
ersaufen?« kreischte Anne. Katie drückte Anne ihre

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