Schneekuesse
Menschenmenge, eine Weile an mir fest.
Das tat gut, nach dem seriösen Muff. Ich schmeckte seine weichen Lippen, roch das herbe Aftershave. Sanft schob er seine Zunge in meinen Mund. Sie spielte mit meiner, kitzelte und liebkoste sie. Langsam und fest, dann schneller und schneller. Im Gleichtakt rasten unsere Zungen, verschmolzen zu einer Einheit. Mein Pulsschlag beschleunigte sich. Beben im ganzen Körper.
Viel zu früh löste er seine Lippen, fasste mich um die Schultern und fragte: „Und?“
„Ein Auto!“
„Benz? Jaguar? Chrysler?“
„Polo, neun Jahre alt, rostfrei.“
Anthony lockerte seinen Griff, zog hörbar Luft durch seine etwas vorstehenden Schneidezähne, die er gerne hinter festgeschlossenen Lippen verbarg, weswegen er auch als interessanter Schweiger galt. Nur, dass er nie etwas wirklich Interessantes erzählt hatte. Aber diese südländische Macho-Optik erotisierte seine Person.
„Und ...“
„Ja?“ Ungeduldig legte er mit herrischer Geste seinen rechten Arm um meine Taille.
„Ein Kater, acht Jahre alt.“
Anthony verbarg seine Schneidezähne krampfhaft hinter festverschlossenen Lippen. Stumm und finster wie eine Auster ging er im Stechschritt neben mir durch den Pulk summender Menschen zum Parkhaus. Wortlos fuhr er mich im rasanten Tempo zur Redaktion.
Geschäftshäuser, Banken, Patriziervillen, Läden, Restaurants, der Hauptbahnhof flogen an uns vorbei. Wir überquerten die Lombardsbrücke mit ihrem traumhaften Blick auf die von der Cityskyline eingerahmte Binnenalster. Verwaist ruhte sie, eine zarte Eisschicht als Bettdecke übergestülpt. Ihre Könige waren noch nicht zurück, aber bald würden die stolzen Alsterschwäne wieder majestätisch ihre Bahnen ziehen.
Anthony drückte das Gaspedal durch, als könnte er mich nicht schnell genug loswerden. Er brauste den Mittelweg an den weißen Villen entlang in Richtung Außenalster. Das Schweigen im Auto wurde erwidert. Der Fluss lag im Winterschlaf. Nur gestört von einigen Spaziergängern, hart gesottenen Joggern, Radlern und hungrigen Enten.
Wenn die Alsterfontäne ihr funkelndes Wasserspiel startete, erwachte das Leben. Ausflugsdampfer würden begeisterte Touristen befördern, zahlreiche weiße Segel würden sich im Wind blähen, schwitzende Ruderer würden mit verzerrtem Gesicht vorbeihasten, und ich würde bei einem Cappuccino in einem der Cafés am Ufer in der Sonne dösen.
Anthony setzte mich vor dem gläsernen Bürogebäude in der Alten Rabenstraße ab. Von hier aus konnte man bis zum Fähranleger hinunter sehen. Ich erkannte dort die Silhouette einer alten Frau, die Brot für die Enten ins Wasser warf.
Anthony presste schwerfällig die Lippen auseinander: „Ich rufe dich an!“
Es war das Letzte, was ich jemals von ihm hörte!
Kurzbeschreibung
Die Journalistin Nina Campbell, die dazu neigt, von einem Missgeschick ins nächste zu stolpern, möchte den Tod zweier junger Politiker aufdecken. Hierbei bringt sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre kleine Schwester Vic in Lebensgefahr. Sie verstrickt sich in ein tödliches Netz aus Liebe, Hass und Intrigen. Ein mysteriöser Mörder schlägt wieder und wieder zu.
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 344 Seiten
„Mordsschock!” erhielt viele positive Pressekritiken und wurde von Qindie, dem Qualitätsprädikat, zertifiziert.
Hat Ihnen diese Leseprobe gefallen? Dann lesen Sie Gaby Hoffmanns humorvollen Krimi „Mordsschock!” doch weiter!
Leseprobe: Gaby Hoffmann –
„Abgründe der Angst“
Widmung
Die Wahrheit hört sich manchmal
unwahrscheinlicher an
als die Unwahrheit.
Gewidmet all denen, die nichts gewusst haben,
und den anderen.
Prolog
Jackies Tod ging in die Geschichte von Maryville ein. Jackie war weder ein preisgekrönter Stammbaumvererber noch der Lieblingsschoßhund des Präsidenten, sondern ein gewöhnlicher, schwarz-weiß gefleckter Foxterrier mit undefinierbarem Einschlag – vielleicht Pudel. Und ziemlich alt.
Aber wann hatte man jemals von einem Hund gehört, der Selbstmord begeht? Noch dazu auf so schmerzhafte Weise, indem er aus dem dritten Stock auf die Straße springt?
Die Einwohner von Maryville erzählten sich später, der Hund habe es in dem merkwürdigen Haus auf den Klippen nicht mehr ausgehalten. Niemals wäre er auf der Straße herumgelaufen. Er hätte ein einsames Hundeleben in dem alten Haus und dem dazugehörigen Garten verbracht.
Zu gerne hätten die
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