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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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hat so gerochen. Besonders als sie mein Werkzeug zu sehen bekam. Und Onny erst recht. Vermutlich weil Sie ihr von Laila erzählt haben. Gleich als sie mich sah, wusste sie, was mit ihr geschehen würde. Dieser Geruch ist ziemlich erregend, finden Sie nicht auch? Ich habe gelesen, dass einige Raubtiere ihre Beute nur wegen dieses Geruchs finden. Stellen Sie sich das mal vor, ein zitterndes Beutetier, das sich irgendwo versteckt und dabei genau weiß, der Geruch seiner eigenen Angst wird es verraten.”
    Rafto sah auf die behandschuhten, leeren Hände des anderen, die ganz entspannt seitlich an seinem Körper herabhingen. Es war helllichter Tag, und sie befanden sich unweit des Zentrums von Norwegens zweitgrößter Stadt. Dank seiner Abstinenz in den letzten Jahren war er für sein Alter körperlich in guter Form. Seine Reflexe waren schnell, und er verstand sich noch immer aufs Kämpfen. Um den Revolver zu ziehen, würde er nur den Bruchteil einer Sekunde brauchen. Warum hatte er also solche Angst, dass seine Zähne klapperten?

KAPITEL 6
    2. Tag. Cellular phone
    Kommissar Magnus Skarre lehnte sich zurück und schloss die Augen. Die Frau, die sogleich in seinem Kopf erschien, trug ein Kostüm und drehte ihm den Rücken zu. Schnell riss er die Augen wieder auf und sah auf die Uhr. Sechs. Zeit, eine Pause zu machen, schließlich hatte er sämtliche Standardprozeduren, die nach einer Vermisstenmeldung anfielen, erledigt und alle Krankenhäuser angerufen und nachgefragt, ob eine Birte Becker eingeliefert worden war. Danach hatte er die Taxizentralen durchtelefoniert und nach Fahrten in der entsprechenden Gegend gefragt. Auch mit Birtes Bank hatte er Kontakt aufgenommen, jedoch nur, um bestätigt zu bekommen, dass sie weder vor ihrem Verschwinden größere Beträge abgehoben noch in der Nacht oder am folgenden Tag Geld aus dem Automaten gezogen hatte. Die Polizeiwache im Osloer Flughafen hatte alle Passagierlisten für den vergangenen Abend eingesehen, aber unter dem Namen Becker nur ihren Mann Filip auf dem Flug nach Bergen gefunden. Skarre hatte auch mit den Fährlinien gesprochen, die nach Dänemark oder England fuhren, obwohl sie sich nicht ins Ausland abgesetzt haben konnte, denn ihr Ehemann hatte ihnen ihren Pass gezeigt, den er zu Hause verwahrte. Der ehrgeizige Kommissar hatte das übliche Sicherheitsfax an alle Hotels in Oslo und Akershus geschickt und schließlich eine Fahndungsmeldung an alle operativen Einheiten, inklusive der Streifenwagen im Stadtgebiet von Oslo, herausgegeben.
    Jetzt fehlte nur noch die Überprüfung ihres Handys.
    Magnus rief Harry an und informierte ihn über die Lage. Der Hauptkommissar keuchte, im Hintergrund war Vogelgezwitscher zu hören. Bevor er auflegte, fragte Harry noch nach ihrem Handy. Skarre stand auf und ging auf den Flur. Die Tür zu Katrine Bratts Büro stand offen, und das Licht brannte, es war aber niemand da. Er ging über die Treppe hoch in die Kantine.
    Die Essensausgabe war schon geschlossen, doch es gab noch lauwarmen Kaffee in einer Thermoskanne, und auf einem Rollwagen an der Tür standen Knäckebrot und Marmelade. Es hielten sich nur vier Personen im Raum auf, und eine davon war Katrine Bratt. Sie saß an einem Tisch an der Wand und las Dokumente in einem Aktenordner. Vor ihr standen ein Glas Wasser und eine geöffnete Butterbrotdose mit zwei Broten. Sie trug eine Brille, doch Rahmen und Gläser waren so dünn, dass sie kaum auffiel.
    Skarre goss sich Kaffee ein und ging zu ihrem Tisch.
    “Hattest du geplant, Überstunden zu machen?”, fragte er und setzte sich.
    Magnus Skarre glaubte ein Seufzen zu hören, bevor sie ihren Blick von den Akten nahm.
    “Woher ich das weiß?”, kam er ihrer Frage lächelnd zuvor. “Tja, weil du dir zu Hause Brote gemacht hast. Du wusstest also schon heute Morgen, dass die Kantine um fünf schließt und du sicher länger bleiben würdest. Tut mir leid, so wird man wohl als Ermittler.”
    ” Ja, wird man da so?”, fragte sie, ohne eine Miene zu verziehen, während ihr Blick zurück zu den Akten huschte.
    “Jau”, bekräftigte Skarre, schlürfte seinen Kaffee und nutzte die Gelegenheit, sie genauer anzusehen. Sie saß etwas vorgebeugt, so dass man ihr in den Ausschnitt gucken und die obere Spitze eines weißen BHs erspähen konnte. “Also, diese Vermisstenmeldung heute … Ich hab ja nicht mehr Informationen als alle anderen. Trotzdem glaube ich, dass sie vielleicht noch immer irgendwo da oben in Hoff ist. Vielleicht irgendwo

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