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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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aber keiner vorbeigefahren”, bemerkte Skarre säuerlich und unterdrückte ein Gähnen. “Wir habe mit allen da oben in diesem Scheißwald gesprochen.”
    Harry nickte. “Was sollen wir von Rolf Ottersens Aussage halten, dass er zwischen fünf und sieben im Geschäft war?”
    “Das Alibi ist einen Dreck wert, solange wir keinen Kunden haben, der im Laden war”, meinte Skarre.
    “Er kann es hin und zurück geschafft haben, während die Zwillinge Geigenstunde hatten”, sagte Katrine.
    “Aber er ist einfach nicht der Typ für so was”, widersprach Skarre, lehnte sich zurück und nickte, um seine eigene Schlussfolgerung zu bestätigen.
    Harry hätte am liebsten ganz generell etwas über die Fähigkeiten der Polizei gesagt, einen Mörder am Aussehen zu erkennen. Aber in der Phase, in der sie sich jetzt befanden, sollte sich jeder frei äußern können, ohne dass ihm widersprochen wurde. Erfahrungsgemäß kamen die besten Ideen aus Gedankensprüngen, die nicht richtig zu Ende gedacht oder schlichtweg falsch waren.
    Die Tür ging auf.
    “Howdy!”, grüßte Bjorn Holm. ” Tut mir schrecklich leid, aber ich hab mich mal um die Mordwaffe gekümmert.”
    Er zog sich seinen Ölmantel aus und hängte ihn an Harrys Garderobe, die sofort Schlagseite bekam. Darunter trug er ein lila Hemd mit gelber Stickerei und einem Text auf dem Rücken, der verkündete, dass Hank Williams - ungeachtet seines Totenscheins aus dem Winter 1953 - am Leben ist. Er ließ sich auf den letzten freien Stuhl fallen und sah in die Gesichter der anderen, die ihn erwartungsvoll anstarrten.
    “Was ist los?”, fragte er lächelnd, und Harry wartete auf Holms Lieblingswitz, der prompt nachfolgte: “Ist jemand gestorben?” “Die Mordwaffe”, drängte Harry. “Jetzt red schon.”
    Holm grinste und rieb sich die Hände. “Ich hab mich natürlich gefragt, woher die Brandwunden an Sylvia Ottersens Hals stammen könnten. Die Rechtsmedizinerin hatte keine Ahnung. Sie meinte nur, die kleinen Arterien waren so verschlossen wie sonst nur bei Amputationen, um die Blutungen zu stoppen. Bevor der Knochen durchgesägt wird. Und als sie das mit der Säge sagte, musste ich an etwas denken. Ich bin ja auf dem Bauernhof aufgewachsen … “
    Bjorn Holm beugte sich mit glänzenden Augen vor, und Harry musste unwillkürlich an einen Vater denken, der das Weihnachtspaket mit der Modelleisenbahn öffnet, die er für seinen neugeborenen Sohn gekauft hat.
    “Wenn eine Kuh kalben soll, das Kalb aber schon tot ist, ist der Kadaver manchmal zu groß, um von der Kuh ohne fremde Hilfe herausgepresst zu werden. Und wenn er dann noch falsch liegt, kann man ihn nicht ohne Risiko für die Kuh rauskriegen. Dann muss der Tierarzt mit der Säge kommen.”
    Skarre schnitt eine Grimasse.
    “Ich rede hier von einer Säge mit einem sehr dünnen, biegsamen Sägeblatt, das man in die Kuh schiebt und dann wie eine Schlinge um das Kalb legt. Und dann zieht man hin und her und sägt den Kadaver durch.”
    Holm machte es mit den Händen vor.
    “Bis er in zwei Teile zerlegt ist und man ihn rausholen kann. In der Regel ist das Problem dann gelöst. In der Regel. Denn natürlich kommt es auch mal vor, dass man mit dem Sägeblatt die Kuh verletzt, so dass sie verblutet. Vor ein paar Jahren haben die Bauern in Frankreich eine praktische Erfindung gemacht, mit der dieses Problem gelöst wurde: eine glühende Schneideschlinge. Sie besteht aus einem einfachen Plastikgriff, an dessen Enden ein dünner, superstarker Metalldraht befestigt ist. Man legt die Schlinge um das, was man abschneiden will. Dann schaltet man den Strom ein. In nur fünfzehn Sekunden glüht der Draht weiß, und wenn man dann auf einen Knopf am Handgriff drückt, beginnt sich die Schlinge zusammenzuziehen und durch den Kadaver zu schneiden. Man muss das Werkzeug nicht hin und her bewegen wie eine Säge, was das Risiko minimiert, die Kuh zu verletzen. Und sollte sie trotzdem mit dem Draht in Berührung kommen … “
    “Du willst uns doch wohl nicht wirklich so ein Werkzeug verkaufen?”, fragte Skarre grinsend und heischte mit seinen Blicken nach Bestätigung von Harry.
    “Aufgrund der hohen Temperatur ist der Metalldraht vollkommen steril”, fuhr Holm fort. “Er überträgt weder Bakterien noch vergiftetes Blut vom Kadaver. Und durch die Hitze werden die kleinen Adern verschweißt, so dass es kaum zu Blutungen kommt.”
    “Okay”, sagte Harry. “Bist du dir sicher, dass er so ein Gerät benutzt hat?”
    “Nein”,

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