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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Katrine das Handy zurück. “Den holen wir uns!”, knurrte er. “Wen?”
    “Den Spezialisten, dessen Sprechstundenhilfe keine Ahnung von der Krankheit hat, für die er Spezialist ist.”
    Nachdem sie sich durchgefragt hatten, fanden sie die Villa Grande, ein herrschaftliches Anwesen, das während des Zweiten Weltkriegs einem Norweger gehört hatte, dessen Name im Gegensatz zu denen des Schilfbootseglers und des Nordpolfahrers auch außerhalb Norwegens bekannt war: Landesverräter Quisling.
    Am Ende des leicht abfallenden Hangs auf der Südseite des Gebäudes stand ein längliches Holzhaus, das einer alten Militärbaracke glich. Sobald man durch die Tür am Ende des Gebäudes ging und den Flur betrat, schlug einem die Kälte entgegen. Und hinter der nächsten Tür sank die Temperatur noch einmal beträchtlich.
    Auf der Eisbahn, die hinter diesen Türen zum Vorschein kam, standen vier Männer. Ihre Rufe hallten von den Holzwänden wider, aber keiner von ihnen bemerkte Harry oder Katrine. Sie schrien einem glattpolierten Stein hinterher, der gerade über die Bahn glitt. Die zwanzig Kilo Granit der Sorte ailsite von der schottischen Insel Ailse Craig blieben an einer Barriere aus drei anderen Steinen hängen, welche vor den zwei aufgemalten Kreisen am Ende der Bahn standen. Die Männer rutschten über die Bahn, indem sie auf einem Fuß balancierten, während sie sich mit dem anderen abstießen. Dann stützten sie sich auf ihre Besen, diskutierten erst einen Moment und machten dann einen weiteren Stein bereit.
    “So ein richtiger Sport für Snobs”, flüsterte Katrine. “Guck dir die Typen bloß mal an.”
    Harry antwortete nicht. Er mochte Curling. Die Meditation beim Anblick des Steines, der sich langsam in einem scheinbar reibungslosen Universum drehte. Fast wie ein Raumschiff in Kubricks Odyssey, allerdings nicht begleitet von Johann Strauß’ Melodie, sondern vom leisen Grummeln des Steins und dem übereifrigen Kratzen der Besen.
    Die Männer hatten sie jetzt bemerkt. Und Harry erkannte zwei der Gesichter aus den diversen Medien. Eines davon gehörte Arve Stop.
    Idar Vetlesen kam auf sie zugerutscht. “Sind Sie zum Spielen gekommen, Hole?”
    Er rief das von weitem, als wäre die Frage eher für die Ohren der anderen Männer bestimmt und nicht für Harry. Und so erntete er denn auch wohlwollendes Lachen von ihnen. Dabei sprachen die Kiefermuskeln, die sich unter der Haut des Arztes abzeichneten, eine andere Sprache. Er blieb vor ihnen stehen, und sein Atem stand in weißen Wölkchen vor seinem Mund.
    “Das Spiel ist wohl vorbei”, verkündete Harry. “Das glaube ich nicht”, widersprach Idar lächelnd.
    Harry spürte, wie die Kälte des Eises bereits durch seine Sohlen kroch und sich in seinen Beinen hocharbeitete.
    “Wir möchten Sie bitten, mit uns aufs Präsidium zu kommen”, sagte Harry. “Und zwar jetzt sofort. “
    Idar Vetlesens Lächeln erstarb. “Warum?”
    ” Weil Sie uns anlügen. Sie sind zum Beispiel gar kein Spezialist für die Fahr’sche Krankheit.”
    “Wer sagt das?”, fragte Idar und warf einen Blick auf die anderen Curler, um sicherzugehen, dass sie weit genug weg standen, um nichts von dem Gespräch mitzubekommen.
    “Ihre Assistentin. Allem Anschein nach hat sie noch nie etwas von dieser Krankheit gehört.”
    “Jetzt hören Sie mir mal zu.” Ein ganz neuer Klang, der Klang der Verzweiflung, schlich sich in seine Stimme. “Sie können nicht einfach hierherkommen und mich so mir nichts, dir nichts mitnehmen. Nicht hier, nicht vor … “
    “Ihren Kunden?”, fragte Harry und blinzelte über Idars Schulter hinweg. Er sah, wie Arve Stop das Eis von der Unterseite eines Steins bürstete, während er Katrine musterte.
    “Ich weiß gar nicht, worauf Sie hinauswollen”, hörte er Idar sagen. “Ich will Ihnen ja helfen, aber nicht, wenn Sie mich ganz bewusst demütigen und meinen Ruf zerstören. Das sind hier meine besten Freunde.”
    “Vetlesen, wir machen jetzt weiter … “, tönte ein tiefer Bariton.
    Arve Stop.
    Harry musterte den unglücklichen Chirurgen. Überlegte, welche Bedeutung diese “besten” Freunde hatten. Und dachte sich, es würde sich lohnen, ihm diesen Wunsch zu gewähren, wenn es nur den Bruchteil einer Chance gab, dass Vetlesen ihnen half.
    “Okay”, lenkte Harry ein. “Wir gehen jetzt. Aber Sie sind in exakt einer Stunde auf dem Präsidium in Gronland. Wenn nicht, holen wir Sie mit Blaulicht und Sirenen. Und die hört man gut auf Bygdoy, das

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