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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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in hohem Maße vererblich. “
    “Kennst du irgendwelche norwegischen Spezialisten dafür?” Mathias dachte nach. “So auf die Schnelle nicht.”
    Harry kratzte sich am Kinn. “Tja, danke für deine Hilfe, Mathias.”
    “Keine Ursache, das war doch nicht viel. Wenn du mehr über Morbus Fahr wissen willst, kannst du mich heute Abend anrufen, da habe ich ein paar Bücher zur Hand.”
    Harry stand auf. Ging zu Katrine, die den Deckel von einem der vier Metallkästen genommen hatte, die an der Wand standen, und blickte ihr über die Schulter. Es kribbelte auf seiner Zunge, sein ganzer Körper reagierte. Nicht wegen der Körperteile, die in dem klaren Alkohol badeten und irgendwie an das eingelegte Fleisch beim Metzger erinnerten, sondern wegen des Alkoholgeruchs. Vierzig Prozent.
    “Zu Anfang sind sie meistens noch vollständig”, erläuterte Mathias. “Doch wir zerlegen sie, wenn wir einzelne Körperteile brauchen.”
    Harry blickte Katrine ins Gesicht. Sie wirkte unbeeindruckt.
    Hinter ihnen ging die Tür auf, die ersten Studenten kamen herein und begannen, sich blaue Kittel und weiße Latexhandschuhe überzustreifen.
    Mathias begleitete sie zurück zur Tiefgarage. An der letzten Tür berührte Mathias Harry leicht am Arm und hielt ihn zurück. “Da gibt es noch eine Kleinigkeit, die ich vielleicht erwähnen sollte, Harry. Oder auch nicht. Ich weiß nicht.”
    “Immer raus damit”, ermunterte Harry ihn und nahm an, dass es um Rakel ging. Bestimmt hatte er ihr etwas angemerkt.
    “Ich habe ein kleines moralisches Dilemma, was Idar angeht.” “Wieso?”, fragte Harry und spürte zu seiner Verwunderung mehr Enttäuschung als Erleichterung.
    ” Das hat sicher nichts zu sagen, aber vielleicht sollte ich diese Entscheidung anderen überlassen. Außerdem muss man bei so einer schrecklichen Sache mit der Loyalität wohl etwas vorsichtig sein. Wie auch immer. Letztes Jfahr habe ich ja noch in der Ambulanz gearbeitet, und damals war ich nach der Nachtschicht mit einem Kollegen, der Idar auch kennt, im Postcafe zum Frühstücken. Die machen sehr früh auf, haben aber eine Bierlizenz, so dass sich da oft recht viele durstige Seelen sammeln. Und andere arme Leute.”
    “Ich kenne das Lokal “, nickte Harry.
    “Dort haben wir zu unserer Überraschung Idar getroffen. Er saß an einem Tisch mit einem total verdreckten Jungen, der Suppe aß. Als Idar uns entdeckte, sprang er erschrocken auf und brachte wortreiche Entschuldigungen für seine Anwesenheit vor. Ich habe mir keine weiteren Gedanken darüber gemacht. Das heißt, ich dachte, ich hätte mir keine gemacht. Bis du das eben gesagt hast. Da fiel mir ein, was ich damals für einen Eindruck hatte. Dass er vielleicht … na, du weißt schon.”
    “Ich verstehe”, sagte Harry. Und als er das gequälte Gesicht seines Gegenübers sah, fügte er hinzu: “Du hast das Richtige getan.” “Danke.” Mathias versuchte zu lächeln. “Aber ich fühle mich wie ein Judas.”
    Harry versuchte etwas Vernünftiges zu sagen, doch er brachte nur ein Händeschütteln und ein gemurmeltes Danke zustande. Ihn schauderte, als er Mathias’ kalten Putzhandschuh schüttelte.
    Judas. Der Judaskuss. Sie fuhren über den Slemdalsveien, als Harry wieder an Rakels hungrige Zunge in seinem Mund denken musste. Ihr erst weiches und dann lautes Stöhnen, die Schmerzen an seinem Hüftknochen, der auf Rakels einhämmerte, und ihre frustrierten Rufe, wenn er plötzlich innehielt, damit es länger dauerte. Denn sie war nicht bei ihm, damit es länger dauerte. Sie war bei ihm gewesen, um ihre Dämonen zu vertreiben und ihren Körper reinzuwaschen, damit sie anschließend nach Hause gehen und ihre Seele reinwaschen konnte. Und das Haus putzen. Je früher, desto besser.
    “Wähl mal die Nummer der Praxis”, bat Harry.
    Er hörte Katrine tippen, dann reichte sie ihm das Handy. Borghild antwortete mit einer gut einstudierten Mischung aus
    Freundlichkeit und Professionalität.
    “Harry Hole hier. Eine Frage, zu welchem Arzt muss ich gehen, wenn ich an der Fahr’schen Krankheit leide?”
    Pause.
     
    “An was für einer Krankheit?”, fragte Borghild zögernd nach. “Hm. Ist Idar Vetlesen da?”
    “Er hat für heute Schluss gemacht.” “Schon?”
    “Er ist beim Curling. Versuchen Sie es ein andermal.”
    Sie klang ungeduldig. Vermutlich wollte sie selbst gerade gehen. “Im Bygdoy Curlingclub?”
    “Nein, in dem privaten Club. Kurz vor Gimle.” “Danke, schönen Feierabend.”
    Harry gab

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