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Schneemann

Schneemann

Titel: Schneemann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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begrüßte.
    Er dirigierte ihren Wagen auf einen Parkplatz, wie sich herausstellte, sein eigener, ungenutzter Stellplatz.
    “Ich versuche so oft wie möglich mit dem Fahrrad zu fahren”, erklärte Mathias und nahm die Schlüsselkarte, um damit die Tür zu öffnen, die von der Tiefgarage direkt ins Anatomische Institut führte. “Solche Eingänge sind gut, wenn man Leichen rein und raus transportieren muss. Ich würde euch ja gerne einen Kaffee anbieten, aber ich bin gerade mit einer Studentengruppe fertig, und die nächste kommt gleich.”
    “Tut mir leid, wenn wir dir Umstände machen, du musst heute doch total müde sein, oder?”
    Mathias sah ihn fragend an.
    “Ich habe gestern mit Rakel telefoniert, sie erzählte, du hast so lange arbeiten müssen”, fügte Harry hastig hinzu, während er sich innerlich verfluchte und hoffte, dass ihn sein Gesicht nicht verriet.
    “Rakel, ja.” Mathias schüttelte den Kopf. “Sie war ja selbst mit ein paar Freundinnen unterwegs. Kam erst so spät nach Hause, dass sie sich heute freinehmen musste. Aber als ich sie eben angerufen habe, war sie schon wieder beim Großreinemachen. Frauen. Was soll man da noch sagen?”
    Harry lächelte steif und fragte sich, ob es eine Standardantwort auf diese Frage gab.
    Ein Mann in grünen Krankenhauskleidern schob ein Metallbett zur Tiefgaragentür
    “Wieder eine Sendung für die Uni Tromso? “, fragte Mathias. “Kannst dich von Kjeldsen verabschieden, wenn du willst”, lächelte der Grüngekleidete. Er hatte eine dichte Reihe kleiner Ringe in dem einen Ohr, bei deren Anblick Harry an die Halsringe der Massaifrauen denken musste, nur mit dem Unterschied, dass diese Ringe das Gesicht merkwürdig asymmetrisch wirken ließen.
    “Kjeldsen?”, rief Mathias verdattert und blieb stehen. “Wirklich? “
    “Dreizehn Jahre im Dienst. Und jetzt darf Tromso ihn zerschnippeln. “
    Mathias schlug die Decke zur Seite. Harry sah das Gesicht des Leichnams. Der Schädelknochen straffte die Haut und glättete die Falten des alten, geschlechtslosen Gesichts, das weiß wie eine Gipsmaske war. Harry wusste, dass das von der Fixierung kam, bei der die Adern mit einer Mischung aus Formalin, Glycerol und Alkohol vollgepumpt wurden, damit der Leichnam nicht verweste. Am Ohr war eine runde Metallmarke mit einer eingeprägten dreistelligen Zahl befestigt. Mathias blieb stehen und sah dem Präparator nach, der Kjeldsen in Richtung Tiefgaragentür schob. Dann fand er wieder zu sich.
    “Tut mir leid. Es ist nur, weil … Kjeldsen war so lange hier bei uns. Er war Anatomieprofessor, als das Institut noch unten in der Stadt war. Ein phantastischer Anatom. Mit sehr definierten Muskeln. Wir werden ihn vermissen.”
    “Wir wollen dich nicht lange aufhalten”, kündigte Harry an. “Wir fragen uns nur, ob du uns etwas über Idars Verhältnis zu seinen weiblichen Patienten sagen kannst. Und zu deren Kindern.” Mathias hob den Kopf und sah überrascht von Harry zu Katrine und zurück.
    “Willst du damit sagen, dass … ?” Harry nickte.
    Mathias führte sie durch eine andere Tür in einen Raum mit acht Metalltischen und einer Wandtafel. Die Tische waren jeweils mit Lampen und Waschbecken ausgestattet. Auf jedem Tisch lag etwas Längliches unter einem weißen Laken. Der Form und Größe nach zu schließen, tippte Harry darauf, dass das Thema des Tages irgendwo zwischen Hüfte und Fußsohle lag. In der Luft hing ein schwacher Geruch von Chlorkalk, doch es stank bei weitem nicht so penetrant, wie Harry das aus dem Obduktionssaal der Gerichtsmedizin kannte.
    Mathias ließ sich auf einen Stuhl fallen, während sich Harry auf den Rand des Pults setzte. Katrine trat an einen Tisch an der Wand und betrachtete drei Gehirne. Es war nicht zu erkennen, ob es sich um Modelle oder echte Organe handelte.
    Mathias dachte lange nach, bevor er antwortete: “Ich habe niemals selbst bemerkt oder andere auch nur andeuten hören, dass da irgendetwas zwischen Idar und seinen Patientinnen läuft.” Die Art, wie Mathias das Wort Patientinnen aussprach, ließ Harry aufhorchen. “Und was ist mit Nicht-Patienten?”
    “Ich kenne Idar nicht gut genug, um wirklich etwas darüber sagen zu können. Aber gut genug, um nicht auf dieses Thema eingehen zu wollen.” Er lächelte unsicher. “Wenn das in Ordnung ist.” “Natürlich. Ich frage mich aber auch noch etwas anderes. Die Fahr’sche Krankheit, kennst du die?”
    ”Nur oberflächlich. Eine schreckliche Krankheit. Und leider

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