Schneemond (German Edition)
Maria’s Armen.
»Der Dunkle hat einen Weg gefunden, den Bund zu zerschlagen.«
Ihre Stimme klang rau und belegt.
»Aber wie?«, fragte Maria.
»Sein Einfluss ist groß geworden in dieser materiell orientierten Welt. Er hatte Jahrtausende Zeit, unsere Identitäten herauszufinden und trotzdem....«
Maria wartete, wann ihre Freundin mit ihrer Erklärung fortfahren würde, bis sie das Schweigen schließlich nicht mehr ertragen konnte.
»Was trotzdem?«, verlangte sie zu wissen.
»Nun, wir bilden – oder bildeten – über Raum und Zeit hinweg eine Einheit. Der Dunkle kann uns nicht so einfach erreichen. Wir sind – oder waren zumindest – durch die Kraft des Bundes geschützt. Ich hätte es spüren müssen, als er die anderen angegriffen hat. Ich hätte es spüren müssen. Es gab nur einen kurzen Zeitraum, in dem er unbemerkt angreifen konnte....«
Wieder verfiel Theresa in nachdenkliches Schweigen.
»Welchen Zeitraum meinst Du, Theresa?«
Theresa sah ihrer Freundin fest in die Augen.
»Die Zeit des Übergangs!«
»Du meinst....?«
»Ja, die Zeit in der wir unsere Kraft und unser Wissen weitergeben. Die Zeit, in welcher die Kraft des Bundes erneuert wird. Nur in diesen Zeiten kann der Dunkle in unsere Verbindung eingedrungen sein.«
Wieder dachte Theresa nach.
»Doch auch zu dieser Zeit benötigte er sicher noch die Hilfe eines Menschen, um bis zu uns vorzudringen.«
Maria überlegte. »Warum?«, fragte sie schließlich.
»Der Dunkle ist mächtig und durchdrungen von Bosheit und Hass«, erklärte Theresa. »Doch er ist der Zerstörer, er kann nichts erschaffen. Er kann Menschen nur verführen, ihre dunkle Seite anregen und nähren, doch er hat keine Macht über die reinen Seelen. Er kann Kinder des Lichts nicht erkennen. Er spürt sie nur, wie eine Plage, wie einen kalten Wind oder ein Beißen in den Augen. Doch reine Seelen sind ihm verborgen, wie die Welt im Nebel. Er weiß, dass sie da sind, doch er kann sie nicht sehen. Und genau das macht sie so unerträglich für ihn. Er kann ihnen in der realen Welt nur nahe kommen, durch seine Schergen, oder Helfer, die er für seine Zwecke nutzt. Nur wenn die ihm den Weg zeigen, ist es ihm möglich, sich denen im Licht zu nähern.«
Theresa berührte die Wange der Jüngeren.
»Und ich denke, genau das ist geschehen.«
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte Maria mit zitternder Stimme.
»Die Kraft des Bundes ist gebrochen, doch sie ist noch nicht zerstört« Theresa atmete tief durch.
»Wir müssen die Menschen finden, in denen Blume und Kristall wiedergeboren wurden. Wir müssen dafür sorgen, dass der Zyklus erneut vollendet werden kann. Nur so kann das Gleichgewicht wieder hergestellt werden.«
»Lukas!«, sagte Maria tonlos.
»Ja! Lukas!«, bestätigte Theresa. »Er steht für den Kristall. Doch die Blume.....?«
Maria nahm die Hände ihrer Freundin, drückte sie so fest, dass es Theresa beinahe schmerzte und sah sie mit tränenblinden Augen an.
»Ich!«
Theresa blickte Maria an. »Du?«
»Ja! Ich! Ich kann es fühlen. Schon vom ersten Augenblick, als ich Lukas sah, wusste ich, dass unsere Leben auf eine tiefe und unlösbare Weise miteinander verbunden sind. Und jetzt, jetzt gerade, spüre ich seine Angst, seinen Schmerz und seine Verwirrung so stark, dass es fast weh tut.«
Theresa nickte und ein Schleier von Trauer und Verzweiflung legte sich auf ihre schönen Züge.
»Hat es das schon einmal gegeben? Ich meine, dass eine des Bundes die Reinkarnation der Blume war?«, fragte Maria vorsichtig.
Theresa schüttelte bedauernd den Kopf.
»Nein, noch nie. Alles hat sich geändert. Wenn ich meine Kraft und mein Wissen nicht an Dich weitergeben kann, wird der Bund mit mir enden...«
Teresa schloss die Augen und rief im Geiste die Bilder an längst vergangene Jahrtausende wach, die sie und diejenigen die mit ihr und vor ihr waren, gewacht hatten. Jahrtausende, in denen die sieben Blutlinien der Garant für das Gleichgewicht der Kräfte waren. Jahrtausende, die doch an einem einzigen Punkt in Raum und Zeit zusammenliefen – hier und jetzt!
Entschlossen schlug sie plötzlich die Augen auf und umfasste die Schultern der Jüngeren.
»Was geschehen muss, wird geschehen, mein Herz. Geh zu Lukas und führe ihn auf seinem vorbestimmten Weg. Ich werde versuchen, das zu sammeln, was von der Macht des Bundes noch übrig ist.«
Maria nickt wortlos still und erhob sich. Nachdem sie sich angekleidet hatte, verließ sie die nun fast dunkle Höhle und
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