Schneemond (German Edition)
letztlich war erdoch schließlich Profi. Aber genießen, richtig genießen würde er es mit allen Sinnen, wenn er sich im Blut von diesem scheiß Psychofutzi und seinem Lebensretter suhlen würde.
Die beiden hatten nur noch eine kleine Aufgabe zu erfüllen – und dann waren sie fällig. Er brauchte keine Karte, um den Weg zu finden. Er war seinen Opfern näher, als irgendwer erahnen konnte. Befähigt durch seine rabenschwarze Seele, die er ganz und gar in den Dienst des Dunklen gestellt hatte, hatte er sich in seine Opfer verbissen, jenseits von Raum und Zeit.
Er war dran. Er war so dicht dran. Und er war nicht mehr bereit locker zu lassen. Egal, ob seinen Leuten das passte oder nicht.
So jagten sie hinter Moore und Braun her, gnadenlos.
»Und jetzt?«
Braun klang jämmerlich, fand Moore.
Er hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen, während er in sich hineinhorchte und versuchte, die Bilder und Fragmente zu ordnen, die unentwegt auf ihn einstürmten.
»Wie geht’s weiter, Sam?«
Der Kerl konnte einfach die Klappe nicht halten und Moore legte ihm den Arm auf die Schulter, um seiner stummen Bitte um Ruhe Nachdruck zu verleihen. Doch trotz aller Anstrengung konnte er den Nebel nicht weiter durchdringen. Er übte sich hier in einer Kunst, die er noch vor einigen Stunden für unmöglich gehalten hatte und er musste Menschen wie Markow bewundern, die so selbstverständlich auf diesen Pfaden zwischen den Wirklichkeiten wandelten.
Er sackte erschöpft ein klein wenig zusammen und schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht Kurt. Ich kann es nicht klar erkennen. Ich bin so schrecklich müde, mein Kopf dröhnt und mein ganzer Körper schmerzt.«
»Sam, bitte. Wir sind doch kurz vorm Ziel. Sie schaffen das. Ich vertraue Ihnen.«
Moore lächelte. »Danke Kurt. Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen.«
Er deutete aus dem Fenster, die verschneite Straße hinauf, zu den Lichtern, die sich ab und an in einiger Entfernung durch das Schneetreiben erahnen ließen.
»Ich weiß nur, dass wir das, was wir suchen, dort vorne finden werden.«
Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch und versuchte ein unbekümmertes Gesicht aufzusetzen.
»Und ich denke, wir sollten uns auf den Weg machen.«
Sie stiegen aus, schlossen das Auto ab und marschierten los. Sie marschierten los, ohne einen Blick nach hinten zu werfen, wo in etwa hundertfünfzig Metern Entfernung eine dunkle Limousine, mitausgeschalteten Scheinwerfern, zum Stehen kam.
»Macht euch fertig«, knurrte Goran. »Schnell und leise!«
Theresa saß in der jetzt stockdunklen Höhle und versuchte verzweifelt auf den Traumpfaden Hilfe in dieser schwersten Stunde für den Bund zu finden. Doch sie hatte nicht das kleinste Licht der Hoffnung gefunden und war ratlos, wie vorher. Das einzige was sie tun konnten, war, zu versuchen, den Zyklus von Kristall und Blume zu vollenden. Ihr Geist strich ziellos weiter durch die Gefilde jenseits von Raum und Zeit und immer wieder spürte sie die Anwesenheit der Beobachter. Menschen, deren spirituelle Veranlagungen es ihnen ermöglichte, die Geschicke des Bundes zu verfolgen. Sie spürte ihre Verunsicherung und ihre Erschütterung und ihr wurde klar, dass diese Menschen den Zerfall des Bundes bemerkt hatten, ohne jedoch auch nur das Geringste dagegen unternehmen zu können. Sanft berührte sie die eine oder andere Seele auf Ihrem Weg, in dem Versuch, ihnen wenigstens ein klein wenig Trost zu spenden – wo sie doch selber keinen Trost finden konnte.
So trieb sie zurück in ihren Körper, der sicher und geschützt in der Ritualhöhle verharrte, als ihr Geist eine starke Seele streifte, die ihre Aufmerksamkeit erweckte. Theresa erkannt, dass dieser Mensch auf der Suche war. Und plötzlich wurde ihr bewusst, dass er
sie
suchte. Und dann wurde ihr klar, dass sich dieser Mensch nur wenige hundert Meter vom Institut entfernt durch den Wintersturm kämpfte. Er kam von weit her und die Wunden die er trug – in seinem Herzen – waren frisch und tief. Und doch brannte seine Seele so hell und klar, als wäre er gerade erst neu geboren worden. Langsam ließ sie ihren Geist in seinen fließen und flüsterte ihm zu:
Ich bin hier
!
Moore erstarrte. Von einer Sekunde auf die andere war sie bei ihm und hatte sich ihm offenbart. War er nach den Erlebnissen der letzten Tage und Wochen der Auffassung gewesen, nichts mehr könne ihn erschüttern, so wurde er jetzt – in diesem Augenblick – eines besseren belehrt. Die letzte der goldenen Seelen hatte
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