Schneemond (German Edition)
behalten.«
Er nickte dem alten Arzt dankbar und wortlos zu. Dann fiel sein Blick auf Pater Stefan. »Und wie passt das Ganze hier denn zu ihrem Amt, Pater?«, fragte Lukas ein bisschen herausfordernder, als er wollte.
Doch der junge Priester grinste ihn nur an. »Die Wege des Herrn sindunergründlich und wunderbar, mein Freund.«
Plötzlich griffen von beiden Seiten Hände nach den seinen, als sich die kleine Gruppe wie zu einem gemeinsamen Gebet zusammenstellte. Doch stattdessen stimmte Theresa ein Lied an. Eines jener Lieder in dieser alten Sprache, die er auch schon bei der Seelenwanderung der beiden Frauen vernommen hatte. Zuerst nur leise klang ihre Stimme schön, aber fast dünn und einsam. Dann schließlich fielen nach und nach die anderen ein. Zuerst Maria, dann Bovier, dann Ben. Und schließlich schien dieses Lied immer mehr Raum einzunehmen und an Macht zu gewinnen. Und als Lukas die Augen schloss, fühlte er sich durch den jetzt kräftigen Gesang mit den anderen tief verbunden und Vertrauen und Zuversicht durchfloss ihn. Und schließlich stimmte er selbst ein, ohne sich auch nur die geringsten Gedanken zu machen, woher ihm die Worte und die Melodie zuflogen.
Als der letzte Ton endlich verklungen war, trennten sich die Menschen in dem Kellergewölbe, ohne ein weiteres Wort. Jeder wusste um seine Aufgabe und jeder war bereit, seine Leben für den Schutz des Bundes zu geben.
Lukas suchte Marias Hand und gemeinsam mit Theresa durchschritten sie das Tor und machten sich auf den Weg, hinunter in die Höhle.
Und der Wintersturm draußen, vor den Toren, wurde heftiger. Und mit Kälte und Schnee kamen die Lichtlosen – und der Dunkle.
Kapitel 28.
D ie Lichtlosen arbeiteten sich weiter durch den Schneesturm vor, ohne bisher auf Wiederstand gestoßen zu sein. Das Gästehaus hatten sie leer vorgefunden und auch die Gebäude in der Nähe. Die Krieger des Dunklen hatten sich auf dem doch sehr weitläufigen Gelände verteilt und waren nun auf dem Weg zum Schloss.
Der Dunkle war verschwunden, doch Goran wusste, dass er mitten unter ihnen kämpfte. Moore hatte ihm die Pforte geöffnet und Goran und seine Leute würden ihm den Weg ebnen. Und Goran spürte die dunkle Macht durch seine Adern pulsen und er wusste, er war
gesegnet
, getauft in Blut und Schmerzen. Und er würde sich seinem Meister würdig erweisen. Langsam pirschte er sich an das Hauptportal heran, als er sein erstes Ziel ausmachte. Er ging in die Knie und legte an.
Dort am Fenster neben dem Portal stand ein Mann im Halbdunkel und hielt Ausschau. Ihr Kommen war offensichtlich keine Überraschung mehr. Egal, dann fand der Kampf wenigstens auf Augenhöhe statt – und machte den Sieg, den
unvermeidbaren
Sieg, nur noch vollkommener.
Er spürte die Waffe in seiner Hand und sah die Silhouette des anderen. Die Welt um ihn herum schien zu erstarren. Es gab nur noch Jäger und Beute. Er hielt den Atem an und spürte den Rhythmus seines schlagenden Herzens. Langsam stellte er sich darauf ein und dann, zwischen zwei Schlägen, in vollkommener Ruhe, drückte er ab.
Ben hatte seinen Mitstreitern knappe Anweisungen gegeben und dann seinen Posten am Portal bezogen. Sie alle wussten, was sie zu tun hatten. Viele von Ihnen standen schon ihr Leben lang an der Seite des Bundes. Einigen war erst vor kurzem ihre Rolle zugeteilt worden, so wie Daniel. Doch allen war ihre Berufung schon in die Wiege gelegt worden und so hatte auch keiner den Weg, der ihm bestimmt war, verlassen.
Ben lächelte grimmig in sich hinein. Sollten sie nur kommen, dieses lichtscheue Gesindel, die würden sich noch wundern. Und dann dachte er an Lukas – und an Theresa und Maria. Diese drei Menschen trugen die Hoffnung der ganzen Welt auf ihren Schultern, und die beiden Frauen waren, zumindest ansatzweise, darauf vorbereitet. Doch Lukas hatte die ganze Sache völlig kalt erwischt, das wusste keiner so genau, wie Ben.
Und umso mehr bewunderte er seinen Freund, mit welcher Tapferkeit er sein Schicksal angenommen hatte – und er war entschlossen ihm bis zum letzten Blutstropfen den Rücken freizuhalten.
Vorsichtig starrte er hinaus in die Nacht. Er erwartete nicht wirklich, dieSchergen des Dunklen anmarschieren zu sehen. Dazu waren diese Kerle zu gerissen und viel zu gut geschult. Er wollte sich gerade nach Bovier umsehen, der die Treppe herunter lief, als das Fenster neben ihm zerbarst und er herumgeschleudert wurde. Seine Beine versagten ihm den Dienst und er ging hart zu Boden, ohne jedoch
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