Schneemond (German Edition)
das Bewusstsein zu verlieren. Der Schmerz ließ noch auf sich warten, als er auf der Seite am Boden lag und auf die Lache seines Blutes starrte, die sich schnell ausbreitete. Das Atmen fiel ihm schwer und sein Röcheln klang ihm hässlich und laut in den Ohren.
Mist verdammter
, dachte er bei sich,
das sieht aber gar nicht gut aus.
Der Slawe und der Ire hatten das riesige Gebäude schnell und leise umrundet und kauerten nun vor der Türe zur Sakristei, an der Lukas vor gar nicht langer Zeit auf Pater Stefan gestoßen war. Mit geübten Handgriffen brachten sie den Plastiksprengstoff und die Zünder an der schweren Eichentüre an. Stumm verständigten sich die beiden Söldner und zogen sich, einige Meter, zu den Bäumen zurück, wo sie in Deckung gingen. Kurz darauf dröhnte die Explosion durch die sturmgepeitschte Nacht und zerblies das jahrhundertealte Holz in tausend Trümmer und Splitter. Noch bevor sich Staub und Rauch verzogen hatten, waren die beiden Söldner, ausgerüstet mit Nachtsichtgeräten und die automatischen Waffen im Anschlag, schon durch den Vorraum und hatten die Türe zur Sakristei eingetreten. Dort, im dunklen Raum, jedoch durch die restlichtverstärkenden Sichtgeräte der beiden Eindringliche gut sichtbar, saß Dr. Heimann ruhig auf einem Stuhl an der Wand und blickte ihnen gelassen entgegen.
»Ich denke mal, ich brauche Ihnen nicht extra zu sagen, dass das, was Sie da machen, illegal ist, oder?«, entgegnete er ihnen mit einem Schmunzeln.
Der Slawe und der Ire sahen sich kurz an, überrascht und für den Moment aus dem Konzept gebracht – doch diese kurze Unaufmerksamkeit genügte. Plötzlich flammte ein Licht direkt vor ihren Augen auf und die Beiden schrieen vor Schmerz, als sie geblendet wurden. Der bullige Slawe hatte seine Waffe noch immer auf den Stuhl vor ihm gerichtet und drückte instinktiv ab. Doch die Kugeln schlugen nur in das Holz des Sessels und die Wand dahinter, ohne weiteren Schaden anzurichten. Im gleichen Augenblick, als Pater Stefan, verborgen hinter der Türe, die Magnesiumfackel vor den Augen der Söldner entzündet hatte, hatte sich der alte Mann zu Boden fallen lassen und war hinter dem schweren Tisch mit Unterbau, der in der Mitte des Raumes stand, in Deckung gegangen. Der junge Pater nutze die Verwirrung und Überraschung seiner Gegner schnell und gnadenlos aus. Geschmeidig ging er in die Hocke und sichelte mit seinem Fuß dem Iren die Beine weg, so dass dieser mit dem Hinterkopf hart an die Wand krachte und bewusstlos liegen blieb.
Der Slawe riss sich gerade die Sichtbrille vom Kopf, als im Pater Stefan die Magnesiumfackel, die er immer noch in der Rechten hielt, mitten ins Gesicht stieß. Der Bulle heulte auf wie ein Tier und schlug die Hände vors Gesicht. Sofort setzte der Priester nach, ließ die zerstobene Fackel mitten in der Bewegung zu Boden fallen und versetzte ihm einen Schlag mit der Handinnenkante gegen den Kehlkopf. Als der große Söldner die Hände vom Gesicht nahm und sich an den Hals fasste, hilflos und vergeblich nach Luft japsend, donnerte ihm Pater Stefan den Ellenbogen der Linken hart gegen die Schläfe. Laut vernehmbar brachen Knochen und der Riese ging zu Boden, gefällt wie ein Baum. Ruhig und kaum außer Atem stand der junge Priester über seinen Opfern. Dann schaltete er das Licht an und drehte sich zum Tisch um.
»Papa, bei Dir alles klar?«
Dr. Heimann stand auf und warf einen Blick zuerst auf die, am Boden liegenden, Eindringlinge und dann auf seinen Sohn.
»Das ist aber nicht sehr christlich, was Du da machst«, schalt er seinen Sohn mit einem schelmischen Grinsen.
»Ich bin ein Streiter für die Sache des Herrn, Papa. Und manchmal genügen gute Worte nicht«, entgegnete ihm sein Sohn ernst.
Dann lächelte auch er, zog eine Schublade auf und holte zwei lange Stricke heraus. »Was hältst Du davon, wenn Du mir ein paar von Deinen Seglerknoten zeigst?«, fragte er den alten Mann mit einem Nicken zu den beiden Bewusstlosen.
»Wenn Du mich so nett fragst«, entgegnete der alte Arzt und machte sich, mithilfe seines Sohnes daran, ihre Gegner sicher zu verschnüren.
Bovier bemühte sich nach Kräften, die Blutung aus Ben’s Halswunde zum versiegen zu bringen. Es tat ihm in der Seele weh, diesen stattlichen, lebensfrohen Mann so hilflos verletzt am Boden liegen zu sehen. Ben hustete.
»Nur ruhig Benjamin«, flüsterte ihm Bovier zu, »ich bin bei Ihnen.«
Still betete der Institutsleiter, dass Ben ihm nicht unter den Händen
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