Schneemond (German Edition)
spürte in sich hinein.
Er fühlte, dass der Dunkle sich näherte. Und er wusste genau, dass er keine Geduld oder Nachsicht erwarten konnte. Er musste eine Lösung finden und zwar schnell.
Und dann machte sich plötzlich ein Grinsen auf seinem Gesicht breit, das den letzten Hauch von Menschlichkeit aus seinen Zügen verbannte. Er wandte sich zu dem Söldner, der neben ihm kauerte.
»Das ist wie beim Schach.«, raunte er ihm zu, als der Mann ihn fragend anblickte. »Man muss einfach ein paar Bauern opfern, um gewinnen zu können.«
Daniel atmete schwer und Tränen liefen ihm über die Wangen.
Er hatte, wie jeder Bürger Israels, seinen Wehrdienst abgeleistet und war folglich nicht ganz unbedarft im Gebrauch von Schusswaffen. Doch er war im Grunde seines Herzens friedliebend und verabscheute Gewalt. Aber heute war er zum Mörder geworden! Und das schlimmste war, dass er
wusste
, dass dies einer höheren Sache diente.
Er hatte sich mit Pater Stefan und Dr. Heimann in diesem Raum, als letzte Verteidigung des Zugangs zur Ritualhöhle verschanzt und hatte doch so sehr gehofft, dass ihm der Gebrauch der Waffe, die er bei sich trug, erspart bleiben würde. Doch dann waren die Lichtlosen dort draußen aufgetaucht. Und mit ihm war eine Veränderung vorgegangen, so radikal und so unmerklich, dass er nicht einmal Zeit hatte, Luft zu holen. Und ein einziger Gedanke hatte Besitz von ihm ergriffen und ihn so gänzlich ausgefüllt, dass er schon geglaubt hatte, ihn auskotzen zu müssen.
Lass sie nicht vorbei!
Und die Waffe war förmlich in seine Hand gesprungen, sein Arm hatte sich ausgerichtet und war regelrecht
eingerastet
, als er hinaus in die Dunkelheit zielte, wo er nichts erkennen konnte und doch genau wusste, wo sein Ziel zu finden war. Zweimal hatte er abgedrückt, zweimal war das dumpfe Bellen eines Schusses durch die Keller gedrungen und zweimal hatte er ein Leben ausgelöscht.
»Es ist gut Daniel«, versuchte ihn der Priester sanft und leise zu beruhigen, die Arme um den erschütterten Archäologen gelegt.
Pater Stefan rang um Worte des Trostes für den jungen Mann, der zu etwasgeworden war, dass er nicht sein wollte und doch nur
so
ihrer Sache dienen konnte. Doch noch bevor er ihm mehr sagen konnte, entwandt sich Daniel geschmeidig seinen Armen, zog die Waffe und richtete sie hinaus in die Dunkelheit.
Und dann geschahen plötzlich viele Dinge gleichzeitig.
Im schwachen Schein des Mündungsfeuers erkannte Pater Stefan einen ihrer Gegner, der auf sie zuzuspringen schien.
Die Zeit schien sich endlos zu dehnen.
Der Blick des Priesters fiel auf das Gesicht des heranstürmenden Feindes und für den Bruchteil einer Sekunde wusste er nicht, was damit nicht stimmte. Doch dann erkannte er das Entsetzen in den Augen des Anderen.
Die Augen eines Opfers
, schoss es ihm durch den Kopf.
Und dann erkannte er plötzlich die Wahrheit hinter diesem Gedanken. Gerade als die Kugel ihren Feind traf und ihn herumschleuderte, schnellte ein Messer hinter dessen Rücken hervor, genau auf Daniel zu. Die Klinge bohrte sich mit einem grässlich dumpfem Geräusch in die Brust des Israeli und ließ ihn zurücktaumeln. Hinter dem toten Lichtlosen stürzte ein blonder, narbengesichtiger Hüne hervor und stürmte in den Raum. Pater Stefan versuchte den Mann aufzuhalten, wurde jedoch von ihm geschickt unterlaufen und mit einem harten Schlag ins Gesicht ausgeknockt. Noch bevor Dr. Heimann überhaupt reagieren konnte, presste ihm Goran die Mündung seiner Pistole an die Stirn.
»Denk nicht mal dran, Paps«, warnte er den alten Mann.
Mit der Linken zog Goran einen grünen Kaltlichtstab hinter dem Rücken hervor, schüttelte ihn und warf ihn zu Boden. Zufrieden betrachtete er sein Werk, als eine schneidend kalte Stimme hinter ihm erklang.
»Dann bist Du ja doch nicht so unnütz.«
Der Dunkle presste und zerrte seine groteske und zutiefst grässliche Gestalt in den Raum und Goran und Dr. Heimann beeilten sich gleichermaßen ihm so weit als möglich auszuweichen.
Der alte Mann wandte seinen Blick ab und verlor jede Hoffnung.
Der Dunkle schien seine Bosheit und seinen lodernden Zorn kaum noch in den Grenzen eines menschlichen Körpers halten zu können. Doch dieses letzte Tor musste er in
dieser
Welt durchschreiten. Es gab keinen anderen Weg. Doch dahinter.....!
Grollend und schnaubend wie ein Tier baute sich die Gestalt, die nur noch entfernt an Kurt Braun erinnerte, vor dem Eisentor auf. Er streckte seine Klaue aus und berührte das Tor
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