Schneemond (German Edition)
dass er in eine Falle lief, konnte nicht mehr ausweichen. Der Beinstoß des Hünen traf ihn hart von vorne in die linke Hüfte und der Schmerz raste wie ein mächtiger Stromstoß durch seinen Körper.
Mit einemmal war ihm speiübel und vor seinen Augen tanzten Sterne. Er sackte zusammen und landete halb auf der Seite. Noch bevor er wieder halbwegs klar denken konnte, war Goran auf den Beinen und zog seine Pistole aus dem Halfter.
»Doch nicht so gut, wie Du gedacht hast, Dicker.«, verspottete er Ben.
Er genoss diesen Augenblick, kurz bevor er sein Opfer zur Strecke brachte, zutiefst. In einem Augenblick war der Körper noch durchpulst von Leben und im Nächsten riss die Kugel dieses Leben heraus und zerstreute es in der Ewigkeit.
Und er – er allein – war der Herrscher über diesen letzten Atemzug.
Er hatte die Macht zu beenden, was Gott begonnen hatte. Dieser unfähige,nichtsnutzige Gott, der es nicht fertig brachte, seine minderwertigen Kreaturen vor ihm und seinesgleichen zu bewahren. Denn die wahre Macht, das erkannte Goren in jedem dieser Augenblicke, die wahre Macht lag nicht im Schaffen und Erhalten. Die wahre Macht lag in der Zerstörung.
»Ihr kämpft und sterbt für nichts!« spie er Ben entgegen. »Ihr habt alles verloren! Kapierst Du das nicht, Du dämlicher Hund?«
»Du bist wirklich weit weg vom Licht, mein Großer.«, hielt ihm Ben keuchend entgegen.
»Du redest vom Licht?« schrie er Ben an. »Mein dunkler Meister ist gerade auf dem Weg, um die Letzten von Euch, die wenigstens ein klein wenig auf dem Kasten haben, in Stücke zu reißen! Und Du redest immer noch vom Licht?«
Goran spuckte aus. »Sag mir, wofür Du stirbst?«, fragte er Ben und etwas wie wirkliches Interesse schimmerte durch den stahlharten Klang seiner Stimme.
»Für die Liebe!«, antwortete Ben.
Goran sah ihn nur unglaublich verständnislos an.
»Dann stirb dafür!«, sagte er ruhig und hob die Waffe.
Doch noch bevor er abdrücken konnte, hörte er ein leises Stöhnen und blickte kurz zur Seite. Pater Stefan wand sich am Boden und schien langsam wieder zur Besinnung zu kommen. Sofort konzentrierte sich Goran wieder auf Ben – und erkannte seinen Fehler. Diese kurze Unachtsamkeit hatte Ben genügt und mit aller Energie, die er noch aufbringen konnte, trat er dem Hünen seitlich in die Kniekehle. Goran heulte vor Schmerz auf, als Knochen brachen und Sehnen rissen. Er fiel halb zu Boden, doch seine Wut verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Trotz seiner Verletzung stabilisierte er sich und legte erneut an. Ein Schuss bellte – und Goran brauchte einige Sekunden, um zu erkennen, dass nicht
er
geschossen hatte. Die Kugel war unter seinem erhobenen Arm eingeschlagen, wo ihn auch seine Kevlar-Weste nicht schützen konnte. Die Waffe fiel ihm aus der Hand und seine ungläubig geweiteten Augen suchten den Schützen.
Daniel saß, gestützt von Dr. Heimann, auf dem Boden und zielte, die Linke noch immer fest auf die Brust gepresst, überraschend ruhig auf den Anführer der Lichtlosen. Schließlich brach der Blick von Goran Salin und er stützte zu Boden, wo er leblos liegen blieb.
Ben wandte sich zu Daniel um. »Danke, mein Freund.«, hauchte er.
Daniel nickte, leichenblass und keuchend. Pater Stefan kam langsam wieder auf die Beine und kümmerte sich, nach und nach, um seine Freunde. Schließlich saßen alle vier, an die kalten, steinernen Wände der Kammer gelehnt und blickten auf das Tor, das wie eine schwärende Wunde in der uralten Mauer klaffte.
»Was können wir tun?«, fragte Daniel verzweifelt.
»Nichts«, antwortete Dr. Heimann leise. »In diesen Kampf können wir nicht eingreifen.«
»Doch«, wiedersprach ihm sein Sohn entschieden. »Wir können beten. Wir haben immer noch die Kraft unseres Glaubens. Und das ist jetzt eine stärkere Waffe, als es Pistolen und Messer je sein könnten.«
Er nahm Ben und Daniel bei der Hand, die ihrerseits nach den Händen von Dr. Heimann griffen.
»Wenn die Welt je ein Gebet gebraucht hat, dann jetzt«, erklärte der junge Priester so bestimmt, dass den anderen gar nichts anderes übrig blieb, als nur zustimmend zu nicken.
Leise stimmte Pater Stefan ein Gebet an, in das seine Gefährten nach und nach einfielen. Und die Worte, die sie sprachen, verhalten nicht ungehört.
Kapitel 30.
A lles war gut. Lukas hielt Maria in den Armen und vergaß die Welt um sich herum. Sein ganzes Leben, sein ganzes Sein, konzentrierte sich nur auf den Schlag ihres Herzens. Er spürte nicht die
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