Schneemond (German Edition)
– und es zersplitterte und zerfiel zu Staub. Bevor er das Tor durchschritt, richtete sich der Blick seiner brennend toten Flammenaugen auf Goran.
»Töte! Vernichte! Zerstöre! Tu das, wofür ich Dich geschaffen habe!«
Und der Dunkel betrat die letzte Zuflucht des Bundes und breitete seine schwarzen Schwingen aus, bis sie die steinernen Wände der Höhle berührten und sie verbrannten.
Goran stand für Sekunden starr und gebannt. Seine Augen waren glasig geworden, als sein Meister zu ihm –
zu ihm allein
– gesprochen hatte. Wahnsinn und Grausamkeit hatten sein Herz endgültig vergiftet.
Töte! Vernichte! Zerstöre!
Nichts anderes hatte mehr Platz in seinen Gedanken, als die Worte seines Meisters.
Töte! Vernichte! Zerstöre!
Langsam wurde er sich wieder dessen bewusst, was um ihn war. Der Priester, der immer noch bewusstlos am Boden lag. Der alte Mann, der verzweifelt sinnlose Gebete murmelte. Und der Schweinehund, der drei seiner Leute erledigt hatte und nun hilflos stöhnend, mit seinem Messer in der Brust, am Boden lag. Goran lächelte. Fast hätte dieses Lächeln zärtlich erscheinen können, wären da nicht diese gnadenlos kalten Augen gewesen.
Töte! Vernichte! Zerstöre!
Mit ihm würde er anfangen.
Der blonde Riese bückte sich und riss Daniel das Messer aus der Brust. Der junge Israeli schrie auf und schlug krampfhaft die Hände vor die Wunde, während er sich auf dem Boden vor Schmerzen krümmte.
»Wir werden viel Spaß miteinander haben, Du Scheißkerl«, sagte Goran leise, während er versonnen das Blut auf der Klinge betrachtete.
»Das glaube ich nicht!«, fauchte ein Stimme hinter ihm.
Goran fuhr herum und wurde gleich darauf von einem wuchtigen Schlag an die Wand geschleudert. Benommen rollte er zur Seite und sprang in Kampfhaltung zurück auf die Beine.
»Du?« Die Verblüffung war ihm überdeutlich ins Gesicht geschrieben.
Vor ihm stand Ben, bleich, blutverschmiert und seine Wunde dürftig mit einem provisorischen Verband versorgt. Doch in seinen Augen lag eine derartig entschlossene Wildheit, dass Goran unwillkürlich einen Schritt zurücktrat.
»Ich warte und warte dort oben, Zuckerpüppchen und Du kommst einfach nicht.«, stichelte Ben. »Hast wohl die Hosen voll, Du Großmaul.«
Goran’s Gesicht wurde rot vor Zorn. Dieser halbtote Zombie hatte die Stirn, ihn –
IHN
– derartig frech herauszufordern.
»Ich schneide Dir die Haut in kleinen Stücken vom Leib und bevor ich mit Dir fertig bin, wirst Du mich
anbetteln
, dass ich Dich töte.«, brüllte er.
»Ach ja?«, entgegnete Ben gelassen. »Nicht quatschen, Blondie. Tu was!«
Mit einem Aufschrei stürzte sich Goran auf den Architekten. Doch Benhatte genau darauf gewartet. Mit einer Geschmeidigkeit, die seine Figur nicht vermuten ließ, wich er seinem Angreifer aus und versetzte ihm einen Schlag in die Seite, der Goran erneut aus dem Gleichgewicht brachte. Schnell hatte er sich jedoch wieder gefangen und wandte sich erneut seinem Gegner zu. Geschmeidig wie eine Raubkatze täuschte er einen Stoß an, riss sein Messer jedoch auf halbem Weg in einem weiten Bogen nach außen. Ben jedoch durchschaute die Finte und zog die Messerhand des Großen weiter in die Richtung, die er selbst eingeschlagen hatte, was Goran erneut ins Taumeln brachte.
Nur ein Knurren verriet seine Wut, doch innerlich kochte er. Dieser behäbig scheinende Kerl manövrierte ihn ein ums andere mal aus. Schnell sah er sich in dem spärlich erleuchteten Keller um und hatte plötzlich eine Idee.
Wieder täuschte er einen Angriff auf Ben an, doch diesmal machte er nicht noch einmal den Fehler, diesen geschickten Mistkerl zu unterschätzen. Unvermittelt warf er sich seitwärts, rollte sich ab, kam neben Dr. Heimann, der den verletzten Daniel in den Armen hielt, wieder hoch und stach nach dem Israeli.
Daniel hatte dies, aus Gründen die er selbst nicht hätte sagen können, kommen sehen und hob abwehrend seinen Arm. So traf ihn Goran’s Messer nicht im Gesicht, sondern durchstach ihm die Hand.
Daniel schrie auf. Doch Goran war es scheißegal, wie und wo er Daniel verletzte. Seine Aktion hatte nur einen Grund gehabt – Ben zu etwas Unbedachtem zu verleiten. Und Ben tat ihm den Gefallen. Als er merkte, was Goran tat, stürmte er vor, um Daniel zu schützen. Doch Goran hatte genau darauf gehofft und war bereit.
In Sekundenbruchteilen balancierte er sich aus, stütze sich mit beiden Händen auf dem Boden ab und trat nach hinten aus. Ben, der zu spät erkannte,
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