Schneemond (German Edition)
so dass uns manches.....«
Torrens schnitt ihm energisch das Wort ab.
»Bitte Sam, legen Sie mich jetzt nicht auf die Couch. Deshalb habe ich Ihnen das alles
nicht
erzählt – und deshalb hab ich Sie auch nicht hierher geholt.«
»Also schön«, beschwichtigte ihn Moore, »was schlagen Sie vor?«
»Hören Sie zu Sam, ich kann sehr wohl noch zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden, aber ich habe auch gelernt, dass ich mich auf meinen Bauch, auf meine Intuition, verlassen kann. Und ich sage Ihnen eines – ein so mieses Gefühl wie bei diesem Fall hatte ich noch nie!«
Er setzte kurz ab, atmete tief durch und stürzte den Rest seines Drinks hinunter, ehe er weiterredete.
»Wenn ich einen Tatort betrete, überfallen mich oft Bilder und Deja-vues. Doch ich kann das immer mit einem gewissen Abstand betrachten und beurteilen. Es ist, als würde einen Teil von mir das Alles nichts angehen und berühren. Doch dieses mal – das war als würde ich das Leichentuch hochheben und meine Mutter dort liegen sehen. Verstehen Sie, Sam? Ich bin nicht mehr so unbeteiligt wie, ich sein sollte.«
Samuel Moore nickte verstehend.
»Aber es genügt Ihnen auch nicht, dass ich Ihnen einfach sage, Cabracán war nicht dort oben in dieser Hütte, oder?«
»Nein Sam, das genügt mir nicht, weil ich mir das selbst auch schon tausendmal gesagt habe. Das ist auch nicht der eigentliche Punkt. Versuchen Sie die Sache aus meiner Sicht zu sehen. Mich plagt das Gefühl, dass etwas Unbegreifliches vorgeht. Ukowa’s Geschichte; was uns Chief Oldman über die Hütte erzählt hat – aus meiner inneren Sicht passt das alles zusammen. Und ich brauche Sie, dass ich mich in diesem Labyrinth des Irrsinns nicht verlaufe.«
Moore legte Frank Torrens die Hand auf die Schulter und lächelte verstehend.
»Folgen Sie immer den Brotkrumen, Frank.«
Torrens Grinsen war nun weit weniger aufgesetzt und es schien, als fasse er wieder Mut, mit Hilfe seines Freundes heil aus dieser Sache rauszukommen.
»Okay, Sam. Ich folge Ihnen, so gut ich kann.«
Moore lehnte sich zurück und Müdigkeit sprach aus seinem Blick.
»Schön. Aber ich würde vorschlagen, dass wir uns jetzt wenigstens noch für ein paar Stunden aufs Ohr hauen, damit wir für die Gerichtsmedizin morgen fit sind.«
»Sie haben recht«, stimmte ihm Torrens zu und quälte sich mit steifen Gliedern aus dem Sessel hoch. Das Feuer, welches ihn bei der Erzählung seiner Geschichte getrieben hatte, schien verloschen. Moore brachte ihn zur Tür und verschloss sie hinter dem FBI-Agent.
Dann trat er wieder ans Fenster und blickte auf das schwarze Wasser des Sees hinaus, das ihm jetzt erschien wie ein Loch in der realen Welt. Er hätte es nie vor einem anderen Menschen zugegeben und niemals hätte er es sich selbst eingestanden, aber die Geschichte von Torrens hatte seine eigenen Zweifel, die an ihm nagten seit er hier war, neu genährt. Aber er wehrte sich verbissen dagegen, den Pfad der Ratio, der Logik und der Naturgesetze zu verlassen. Und doch war der Keim der Unsicherheit schon tief in seinem Unterbewusstsein gelegt und nagte bereits munter an seiner Festung aus Sachlichkeit und klarem Denken.
Was geht hier vor?
Was geht hier vor?
Kapitel 7.
D er erste Eindruck hatte ihn nicht getäuscht. Das Institut
war
riesig. Und doch war es durch die Aufgliederung in die unterschiedlichen Gebäude in einer selbstverständlichen Harmonie in die waldreiche Landschaft eingebettet.
Das Gästehaus war eine Wucht.
Lukas hatte insgeheim schon befürchtet, in so einer primitiven Absteige zu landen, ähnlich einer Jugendherberge in den Fünfzigern, mit Stockbetten und Etagenklo. Beim ersten Blick auf das Gästehaus von außen hatte er seine Befürchtungen schon bestätigt gesehen. Doch als sie das Foyer durch das große Portal betreten hatten, war ihm erst mal die Kinnlade herunter gefallen.
Das
hier war eher ein vier oder fünf Sterne Hotel, als eine überkommene Jugendherberge.
Das weitläufige Foyer war, stilvoll und luxuriös, in verschiedene, bequem und einladend aussehende Bereiche unterteilt, in die man sich allein oder in Gruppen zurückziehen konnte. Viele dieser Sitznischen waren auch belegt – und das war die nächste Überraschung für Lukas – mit Menschen offensichtlich unterschiedlichster Nationalität und Hautfarbe. Etwas, das er gerade hier, im tiefsten Bayerischen Wald, nun gar nicht erwartet hatte. Er war eher der Annahme gewesen, dass sich in diese abgelegene Gegend kaum Einer
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