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Schneemond (German Edition)

Schneemond (German Edition)

Titel: Schneemond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kohlpaintner
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Verbesserung von Torrens Gemütszustand.
    »Nein Frank, fahren Sie nur. Ich will mit Prof. Anderson noch einige Dinge klären.«
    Torrens sah ihn an und nickte verstehend.
    »Okay, Sam, dann treffen wir uns um... sagen wir, halb zwei nachmittags im Departement. Ist das in Ordnung für Sie?«
    »Ja«, sagte Moore, »geht klar.«
    Und nun war er, nachdem Karen von einem ihrer Mitarbeiter in den Nebenraum gerufen worden war, hier allein mit den beiden Leichen. Er hatte mittlerweile ein sehr schlechtes Gefühl bei diesem Fall. Noch nie in seiner ganzen Laufbahn war er sich derart unwissend und hilflos vorgekommen. Er lehnte, die Hände tief in seinen Taschen vergraben und mit hochgezogenen Schultern, an der Wand und dachte nach. Dachte nach über Ukowa, diesen komischen Kauz, der viel mehr zu verstehen schien als er. Dann diese Geschichte, die ihm Torrens aufgetischt hatte. Völlig absurd, mystischer Blödsinn. Und doch passte sie auf eine verstörende Art fugenlos zu allen anderen Teilen. Und jetzt auch noch die Erkenntnisse, die ihnen Karen eröffnet hatte.....
    Moore’s Gedanken schienen sich immer schneller im Kreis zu drehen und sich langsam zu verselbständigen, als ihn Karen ansprach.
    »Hey Sam, was ist los?«
    »Nichts«, antwortete er in einem Ton, dem er nicht einmal selbst glauben würde, »nur dieser blöde Fall. Kein einziges Detail scheint hier wirklich einen Sinn zu ergeben.«
    Karen sah ihn weiter mit unergründlicher Miene an.
    »Und was ist sonst noch mit Dir los?«
    Er blickte ihr in die Augen und schien ehrlich verwirrt zu sein.
    »Was meinst du?«
    »Ach Sam, sieh doch mal in den Spiegel. Du, der Rationalist und kühle Analyst, stehst hier und verstehst überhaupt nichts mehr.«
    Seine Lippen wurden schmal. »Verstehst Du denn, was hier läuft?«, fragte er sie provozierend.
    Sie lächelte vielsagend und schüttelte den Kopf, eine Geste, die ihn mehr als alles Andere, an ihre vergangene Zeit erinnerte.
    »Nein Sam, nicht der Fall. Du verstehst D
ich
nicht mehr. Hab ich nicht Recht?«
    Er senkte den Blick.
    »Ja, das hast Du wohl. So habe ich mich noch nie gefühlt! So völlig ungläubig, zweifelnd und verwirrt.... Karen, das bin nicht ich.«
    Sie hakte sich bei ihm ein und führte ihn aus der Anatomie hinaus in den Gang, der, obwohl ebenfalls karg und steril, doch weit mehr Wärme ausstrahlte, als der Leichensaal hinter ihnen.
    »Oh doch Sam, das bist Du. Das sind
Deine
Gefühle und
Deine
Emotionen, die Dich da plagen. Denn ob Du’s wahrhaben willst oder nicht, Du bist tief in Deinem Innern
auch
ein emotionaler Mensch.«
    »Ach«, fragte er mit Bitterkeit in der Stimme, »und warum hast Du mich dann verlassen?«
    »Weil ich nur ein kleines Stück von Deinen Gefühlen haben wollte, die Du so eifersüchtig in Deinem Herzen hütest. Und weil Du Dein Leben – und auch das meine – auf berechen- und kalkulierbare Größen reduzieren wolltest.«
    Samuel Moore erinnerte sich, dass sie ihm ähnliche Dinge schon zu erklären versucht hatte, als ihre Beziehung langsam zerbrochen war. Doch damals hatte er nicht verstanden, worüber sie sich beklagt hatte. Sie hatten Beide auch damals schon gut verdient und waren finanziell unabhängig gewesen. Sie hatten interessante und intelligente Gespräche geführt und waren zu Konzerten und in die Oper gegangen. Und manchmal hatten sie sich zärtlich und – aus seiner Sicht zumindest – leidenschaftlich geliebt. Er war der Überzeugung gewesen, dass sie eine Bilderbuchbeziehung führten. Und trotzdem hatte er nicht wirklich um sie gekämpft, als sie ihm eröffnet hatte, dass dies nicht ihrer Vorstellung einer liebevollen Zweisamkeit entsprach. Er hatte sich ihre Darlegung angehört und nur gesagt, dass er ihre Entscheidung akzeptieren würde, ganz gleich wie sie ausfallen sollte, denn schließlich seien sie erwachsene und intelligente Menschen.
    Doch bei aller Menschenkenntnis und allem Einfühlungsvermögen, auf die er sich so viel einbildete, war er das Gefühl nicht losgeworden, dass sie sichvon ihm völlig unverstanden gefühlt hatte. Und so waren sie ohne Streit und ohne Tränen auseinander gegangen.
    Mittlerweile hatte ihn Karen durch einen versteckten Ausgang, über eine kleine Außentreppe, in einen Teil des Krankenhausparks geführt, der in seiner Stille und leichten Ungepflegtheit dem Personal vorbehalten schien.
    Als hätte sie seine Gedanken erraten, sagte Karen an seiner Seite: »Hör auf Deine Gefühle, Sam, und sieh sie Dir einfach mal in Ruhe an.

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