Schneemond (German Edition)
Frank?«
Torrens ließ sich mit einem Becher Kaffe auf einem der Schreibtische nieder und blickte Moore aus klaren Augen an, die endlich wieder die Verbindung mit seinem bekannt scharfen Verstand gefunden zu haben schienen, während Silverman, ein kleiner, dicker, aber sehr aufgeweckter Bursche immer noch mit dem Rücken zu ihnen an der Tafel stand und sich Notizen machte.
»Elizabeth Corden, siebenundvierzig. Weder verheiratet, noch geschieden, noch in einer festen Beziehung lebend – soweit wir das bisher feststellen konnten. Soziologin und Volkswirtschaftlerin. War stellvertretende Leiterin der
Konhagen-Stiftung
, einer kirchennahen Organisation, die offensichtlich zur Unterstützung, Betreuung und Förderung von Waisen gegründet wurde und zwar....«
Er blätterte kurz in seinen Unterlagen.
»1907«, quäkte Silverman, ohne sich umzudrehen.
»Genau«, fuhr Torrens fort.
»1907 gegründet von einem gewissen....«.
Wieder suchte er in seinen Unterlagen anscheinend die Antwort. Doch als Moore in Torrens’ listiges Schmunzeln blickte, erkannte er, dass das nur Show war. Und da präsentierte ihnen Silverman auch schon die gewünschte Auskunft.
»Franklin Konhagen. Die Konhagen-Stiftung wurde 1907 von Franklin Konhagen in Milwaukee, Wisconsin, ins Leben gerufen.«
Silverman bequemte sich immer noch nicht, sich zu ihnen umzudrehen und so fühlte sich Torrens zu einer Erklärung befleißigt, als er Moore’s fragendes Gesicht sah.
»Nur ein kleines Spiel zwischen Tom und mir«, bekannte Torrens, »Bulle, der alles weiß....», sagte er und wies auf Silverman, »....und Bulle der die richtigen Zusammenhänge herstellt, den Täter schnappt und als Held gefeiert wird«, fuhr er fort und klopfte sich dabei, mit einem leicht überheblichen Gesichtsausdruck, auf die Brust.
»Ja, lach nur«, erwiderte Silverman ungerührt, der sie jetzt aus den Augenwinkeln musterte, »ohne mich würdest Du ja nicht mal den Kaffeeautomaten finden.«
»Und dafür bin ich Dir auch zutiefst dankbar, Tom«, scherzte Torrens, Dankbarkeit heuchelnd.
»Aber nun zurück zum Ernst des Lebens.«
Moore hatte den kurzen Schlagabtausch zwischen den Beiden mit wachsendem Interesse verfolgt und mit Erstaunen festgestellt, um wie viel sich Torrens Zustand verbessert hatte, seit er aus der Pathologie hierher gefahren war. Was war wohl der Grund für diese, wie er zugeben musste,durchaus positive Entwicklung von Torrens Gemütszustand?
»Also, wo waren wir?«, hörte er Torrens gerade fragen.
»Ach ja,.... Elizabeth Corden war also stellvertretende Leiterin dieser Stiftung. Nach Aussage ihrer Mitarbeiter und Angestellten, bei denen die Nachricht von ihrem Tod wohl große Bestürzung ausgelöst hat, war sie sehr beliebt und hilfsbereit. Sie war hauptsächlich mit der Vergabe der Stipendien und der Kontaktpflege zu anderen Einrichtungen, zur Beschaffung der Gelder für die Förderungen, befasst – eigentlich kein Job, bei dem man sich viele Feinde macht.«
»Vielleicht war jemand wütend, dass er eben
kein
Stipendium erhalten hatte«, wandte Moore ein.
Torrens und Silverman, der sich nun doch einen Stuhl herbeigezogen und sich geräuschvoll darauf niedergelassen hatte, schüttelten beide den Kopf.
»Nein«, erklärte Silverman, »die Waisenkinder, welche von der Stiftung betreut werden, werden schon im zarten Kindesalter unter deren Fittiche genommen. Sie kommen dann in stiftungseigene Häuser und werden dort auch bis zum Abschluss ihrer Ausbildung betreut. Kein Nährboden für Neid und Eifersucht.«
»Auch bei der Geldbeschaffung scheint es keine Probleme zu geben«, setzte Torrens nach.
»Diese kommen von privaten Spendern und anderen Einrichtungen, teils aus der ganzen Welt. Unsere ersten Ermittlungen haben hierbei keinerlei Ansatzpunkte für irgendwelche krummen Geschäfte ergeben.«
Moore zog das andere Foto hervor.
»Und Rachel Marno?«
Torrens schnappte sich seinen Block.
»Rachel Marno, zweiundzwanzig, studierte Wirtschaftswissenschaften an der University in Minneapolis. Einzige Tochter von Michael und Denise Marno. Geboren in Winfield, Kansas. Ihre Eltern kamen bei einem Autounfall ums Leben, als sie zwei Jahre alt war. Sie wurde in eines der Häuser der Stiftung in Kansas City untergebracht. Ihre Schulausbildung und auch ihr Studium wurden ihr von der Stiftung finanziert. Übrigens eine hervorragende Schülerin....«
Er reichte Moore eine Kopie ihres Notenauszuges. Moore betrachtete das Blatt kurz und pfiff anerkennend durch
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