Schneemond (German Edition)
schließlich entschlossen zu haben, wieder mit ihm zusammen zu arbeiten, was jedoch nicht nur Vorteile mit sich brachte. Je mehr er sich aus der tiefen Bewusstlosigkeit, in der er sich offenbar befundenhatte, hocharbeitete, desto mehr breitete sich der Schmerz in seinem Körper aus. Doch er erkannte schließlich, dass er sich in einem Krankenzimmer befand und anscheinend gut versorgt war, da die Schmerzen nicht über ein erträgliches Maß hinaus anstiegen. Moore dachte nach. Wie war er hierher gekommen? Was war geschehen? Doch bevor er Antworten auf seine Fragen finden konnte, stürmte eine Krankenschwester mit einem Arzt im Schlepptau in sein Zimmer und bauten sich – sie links und er rechts – neben seinem Bett auf. Beide schenkten ihm ein
Alles-wird-gut-Lächeln
und die Schwester redete beruhigend auf ihn ein, wodurch er sie als
die Stimme
identifizierte.
Der Arzt hatte sich Moore’s Handgelenk gegriffen und fühlte seinen Puls. »Hallo Mr. Moore, mein Name ist Dr. Marcus. Wie fühlen Sie sich?«, fragte er ihn, während er ihn lächelnd, aber mit wachsamem Blick ansah.
Moore kämpfte mit seinem trockenen Mund und quälte sich redlich mit dem ersten Wort, an dem er sich versuchte.
»Beschissen«, würgte er schließlich hervor und fürchtete schon, dass die beiden ihn gar nicht verstanden hätten. Doch Unverständliches zu verstehen gehörte anscheinend zu einer ihrer Fähigkeiten.
»Das ist nicht verwunderlich«, erklärte ihm Dr. Marcus. »Sie haben uns auch einige Sorgen gemacht. Wissen Sie was geschehen ist?«
Moore schüttelte schwer den Kopf. Die Miene von Dr. Marcus war gleichbleibend freundlich und undurchdringlich.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Ihre Erinnerungen werden nach und nach zurückkommen. Das ist ganz normal.«
Er trug der Schwester einige, für Moore unverständliche, Dinge auf und wandte sich ihm wieder zu.
»Ruhen Sie sich noch etwas aus, Mr. Moore und kommen Sie wieder zu Kräften. Bei Schwester Florence sind Sie in guten Händen. Ich schaue in ein paar Stunden wieder nach Ihnen, dann können wir uns ausführlicher unterhalten.«
Wie um die Zuversicht, die er verbreitete, zu unterstreichen, tätschelte Dr. Marcus seinen Arm und verließ das Zimmer. Die Schwester machte sich geschäftig an den Infusionsflaschen, die an einem verchromten Ständer neben seinem Bett aufgehängt waren, zu schaffen und redete immer wieder beruhigend auf ihn ein. Ermüdet vom Zuhören schloss er schließlich die Augen und döste wieder ein.
Das zweite Erwachen war weit weniger schmerzhaft, als das Erste und Moore fühlte sich zwar nicht gut, aber doch schon bedeutend besser, als noch vor kurzem. Endlich kam auch seine Erinnerung wieder zurück, wenngleich auch vorerst nur in Stücken. Als er das Gefühl hatte, allmählich wieder vollständig in die Wirklichkeit zurückgekehrt zu sein, stürmte Dr. Marcus, wie auf ein Stichwort in sein Zimmer und strahlte ihn, mit seinemprofessionellen Lächeln, an.
»Na, das sieht ja schon sehr viel besser aus, mein Lieber«, versuchte er Moore zu ermutigen.
»Ich bin Psychologe, Dr. Marcus«, erwiderte er, immer noch schleppend. »Und Sie sind kein sehr guter Lügner.«
Dr. Marcus’ Lächeln wurde nur noch breiter.
»Für meine anderen Patienten reicht das völlig«, bekannte er mit einer gehörigen Portion Selbstironie. »Und wenn man bedenkt, in welcher Verfassung Sie zu uns kamen, dann sehen Sie wirklich wieder blendend aus.«
»Also gut«, sagte Moore. »Eins zu Null für Sie.«
Dr. Marcus untersuchte nun vorsichtig und mit geübten Händen sein Bein und seine Seite. Schließlich nahm er die Krankenakte zur Hand und machte einige Vermerke, während er beiläufig fragte:
»Und wie sieht es mit Ihrem Kopf aus, kommen Ihre Erinnerungen schon wieder?«
Moore nickte. »Langsam fällt mir wieder einiges ein, ja. Da war ein Feuer und eine Explosion. Ich bin dabei verletzt worden.....«
Er überlegte kurz. »Wie schlimm hat es mich eigentlich erwischt?«
»Sie haben ganz schön was abbekommen. Frakturen an Schien- und Wadenbein. Glatter Durchbruch. Ihr Bein hing praktisch nur noch an der Haut und einigen Muskeln. Tiefe Penetrationsverletzungen an der linken Seite. Dabei wurden Darm und Nieren in Mitleidenschaft gezogen. Als Sie eingeliefert wurden, hatten Sie innere Blutungen. Doch ich denke, unsere Kollegen dort oben und wir haben das wieder ganz gut hingekriegt. Dazu noch eine schwere Rauchvergiftung, einige kleinere Verbrennungen und eine
Weitere Kostenlose Bücher