Schneenockerleklat
beruhigt, ja, in Kontakt mit dem geliebten
Toten treten lassen, dass ihn fast heitere Gelassenheit erfüllt hatte. Bis zur
Befragung durch Major Brandtner vor etwas mehr als einer Stunde.
Da hatte er nämlich erfahren müssen, dass Carlo nicht eines
natürlichen Todes gestorben, sondern einer Vergiftung zum Opfer gefallen war.
Also ermordet, hingerichtet durch den Konsum eines Desserts, das …
Diesen Gedanken konnte Toni am allerwenigsten verkraften. Er
selbst war es gewesen, der Karl den Schierlingsbecher gereicht hatte. Er
erinnerte sich noch ganz genau, wie ihm der Commendatore den Auftrag gegeben
hatte, die für diesen Arsch von einem englischen Sir bestimmten Schneenockerln
zu bringen. Warum hatte diesen Unsympathen nicht das für ihn bestimmte
Schicksal ereilt? Und wieso war Carlo so scharf auf Süßes gewesen?
Wieder überkam Toni ein Weinkrampf, und er heulte los wie ein
Schlosshund.
Er versuchte sich zu erinnern, wer den speziellen Teller vor
diesen Sir Millfish, den wollte er auf jeden Fall noch abknallen, diese Sau,
also wer diesen Teller serviert hatte. War das nicht …?
Ja, das war dieser jüngere Kellner gewesen, mit den relativ
langen dunkelbraunen Haaren, dem kleinen Oberlippenbart und Brille gewesen.
Dieses Schwein würde auch sterben müssen, selbst wenn er bei dieser Mission
sein Leben lassen musste.
Der Tod Carlo Montebellos würde gerächt werden, und wenn es
das Letzte war, was er auf dieser Welt tat.
*
Kurz nach 18 Uhr endete die eigentliche
Jahresversammlung der FECI, also das, was juristisch notwendig gewesen war, um
den vereinsrechtlichen Vorschriften zu entsprechen und den Bestand der
Institution wieder auf ein Jahr zu sichern.
Nun standen noch die Ehrungen und Auszeichnungen auf dem
Programm. Vor allem ging es dabei um die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der
Federation Européenne des Criminalistes Investigatives an Sir Peter Millfish
wegen des großzügigen Sponsorship der letzten Jahre und an Douglas Rennerby,
die Krimiautorenlegende.
Ja, und auch Palinski durfte eine Auszeichnung
erwarten. Vermutlich würde er das Silberne Ehrenzeichen der FECI erhalten, für
das Goldene war er noch zu jung, wie wohlgesinnte Insider meinten. Aber bitte,
man wusste ja nie.
Wie auch immer, Mario war angemessen aufgeregt, in
wohldosierter Erwartung.
Obwohl, ihm lag an Orden und derlei Klimbim nichts. Nein,
wirklich nicht.
Sir Peter Millfish, ein Mann, dem derlei Ehrungen alles
andere denn fremd waren, war bereits von der Ehrenwache, das waren einige
jüngere Kriminalbeamte in Fantasieuniformen, geholt worden. Sir Frederick
liebte derlei Inszenierungen über alles, sie gaben den rechten Rahmen ab für die
barocke Persönlichkeit, als die sich Swanhouse so gerne sah.
Sir Peter, den nur die reich bestückte Ordensspange auf der
stolz geschwellten Frackbrust davor rettete, für einen Oberkellner gehalten zu
werden, er hatte irrtümlich das Smokingmascherl erwischt, passte gut in das
Bild.
Mit seinem unendlich dicken Bauch, den vergleichsweise dünnen
Beinen und einem etwas zu klein geratenen Kopf wirkte er mit einer Körpergröße
von immerhin 1,86 Metern gleichzeitig lächerlich und beeindruckend.
Beeindruckend lächerlich, wie manche der ihm weniger
Wohlgesinnten hinter vorgehaltener Hand meinten.
Etwas mehr Probleme versprach das zweite, derzeit erst
potenzielle Ehrenmitglied zu machen. Douglas Rennerby saß seit seiner Ankunft
vor fast sechs Stunden mit Juri Malatschew im Wintergarten und soff. Anders
konnte man die Aufnahme der Mengen alkoholischer Getränke, die der Autor so
berühmter Werke wie ›Mord auf Kredit‹, › E-Mail to heaven‹, ›Die Witwe des
Datenbankadministrators‹ oder ›Der Spatz der Sarah Madre‹ durch sich hatte
hindurchrinnen lassen, nicht nennen.
Und, obwohl der alte britische Teufel viel vertrug, fast so
viel wie sein neuer Freund und Saufkumpan Juri Malatschew, war er inzwischen
betrunken. Nicht zu betrunken, um noch einigermaßen verständliche Sätze von sich
zu geben, vorausgesetzt natürlich, man verstand diese seltsame Midland-Variante
der englischen Sprache überhaupt.
Zu betrunken aber, um den alten, schmerzenden Leib mehr als
die 15 Meter zum WC und wieder zurückzuschleppen. Der mindestens zehn Mal so weit
entfernte Festsaal blieb damit definitiv unerreichbar für Rennerby. Außer man
trug die 68 Kilogramm Haut und Knochen des 76-Jährigen.
Die aus zwei Mann bestehende, für den
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