Schneenockerleklat
Niederösterreich im
Café des ›Grand‹ erschien, brachte er einige interessante Nachrichten mit.
Erstens, István Lalas’ Tod hatte sich jetzt zweifelsfrei als
nicht natürlich herausgestellt. Eine Überdosis Insulin hatte bei dem nicht an
Diabetes leidenden Mann zur völligen Unterzuckerung und in der Folge rasch zum
Tod geführt. Ein Irrtum kam auch nicht infrage, denn die Injektion war dem Mann
in die Achselhöhle verpasst worden. Der Einstich war erst nach wiederholtem
Absuchen des ganzen Körpers und nur dank der Aufmerksamkeit eines jungen
Gerichtsmediziners gefunden worden.
Zweitens, die aus den am Dachboden gefundenen Blutspuren
resultierten DNA -Profile gehörten zwei
verschiedenen Personen. Beides Männer.
Mangels Entsprechungen in den Datenbanken der verschiedenen
LKs und des DNA -Zentrums in Innsbruck
brachte diese Erkenntnis die Polizei im Moment nicht weiter.
Nicht zuletzt hatte eine Rückfrage bei den Budapester
Kollegen bestätigt, was Palinski und Brandtner bereits vermutet hatten. Dass es
sich nämlich bei der Person, die sich bei Mario als Sven Eglitz vorgestellt
hatte, nicht um den echten, um rund 20 Jahre älteren Träger des Namens
gehandelt hatte.
Ja, und der falsche Sven Eglitz, dessen einziges, allerdings
nicht unveränderliches Kennzeichen starker Mundgeruch war, war und blieb
spurlos verschwunden.
Plötzlich stand die junge, hübsche Frau, die er schon aus der
Rezeption kannte, vor Palinski. Das war offenbar die neue Assistentin
Eberheims, von der der Generaldirektor gelegentlich erzählt hatte.
»Guten Tag, Herr Palinski!« Elke Horwenz war die
Freundlichkeit in Person. »Dieser Brief für Sie ist heute in der Post gewesen!«
Sie reichte ihm ein einfaches Kuvert.
Der Adressat nahm es neugierig entgegen.
»Was haben Sie da für einen hübschen Anhänger?«,
meinte Mario dann noch und deutete auf ein silbernes Medaillon mit einer
eigenartigen, rostroten Korallenschnitzerei drauf, das die junge Frau um den
Hals trug.
Es war wohl mehr das Bedürfnis gewesen, etwas Nettes zu ihr
zu sagen, quasi als Dankeschön, denn echtes Interesse, das Palinski diese an
sich überflüssige Bemerkung hatte machen lassen. Wie sonst hätte er ihr denn
seinen Dank zeigen können? Er hatte Frau Horwenz ja schlecht ein Trinkgeld
anbieten können.
Na ja, vielleicht hätte ein Danke auch gereicht.
»Ach, nur ein altes Familienstück«, erwiderte Elke Horwenz
und lächelte etwas betreten, dann ging sie wieder.
»Na, haben deine Freundinnen schon mitbekommen, wo du dich
versteckt hast?«, scherzte Brandtner, während sein Gegenüber den Umschlag
öffnete. Vorsichtig und unter Bedachtnahme darauf, dass er keine möglichen
Spuren vernichtete. Das war ihm schon zur zweiten Natur geworden. Und übrigens,
man konnte ja nie wissen.
WENN SIE ALBERT
WIEDERHABEN WOLLEN , DANN HALTEN SIE BIS
ABENDS 100.000 EURO BEREIT .
WEITERE INSTRUKTIONEN ERHALTEN
SIE IM LAUFE DES TAGES .
UND K E I N E POLIZEI !!!!! HA HA HA
Der in ungelenken Blockbuchstaben –
wahrscheinlich hatte ein Rechtshänder die Botschaft mit der linken Hand
verfasst – gehaltenen Botschaft war ein rosa Ausweis mit dem Bundesadler drauf
beigelegt. Alberts Führerschein als Nachweis dafür, dass ihn der oder die
Verfasser dieses Erpresserschreibens auch tatsächlich in ihrer Gewalt hatten.
Leicht geschockt schob Palinski das Blatt hinüber zu
Brandtner.
Der warf einen Blick drauf und meinte nur: »Ich werde die
notwendigen Untersuchungen sofort veranlassen!«
Palinski hörte nur halb hin, als sein Freund das sagte. Ihn
beschäftigte vielmehr die Frage, wo er in den nächsten Stunden 100.000 Euro
auftreiben sollte.
Und noch etwas beschäftigte ihn über alle Maßen. Der
Verfasser dieses letzten Erpresserschreibens wusste eine Menge mehr als die
beiden Amateure, mit denen die leidige Angelegenheit ihren Anfang genommen
hatte.
Er oder sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich mit der
Forderung an die an sich zuständige Adresse Tante Anitas zu wenden, und
weiters, wo er, Palinski, sich derzeit aufhielt.
Das mit dem keine Polizei wertete er dagegen als eine Art
freundlichen Schmäh.
Für Palinski deutete alles darauf hin, dass jemand, der ihn
kannte, möglicherweise sogar zu den Insidern zählte, begonnen hatte, dem
Geschehen noch einen abschließenden Stempel aufzudrücken.
Aber wer kam
dafür infrage? Wer sah da eine Chance, noch schnell und ohne Risiko einen
Weitere Kostenlose Bücher