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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Menschen, mit denen er zu tun hatte,
angewidert wegdrehten und die Nase rümpften. Oft sogar, obwohl er sie gar nicht
direkt ansprach. Wenn die wüssten, wie lange und verzweifelt er sich mindestens
drei Mal am Tag die Zähne putzte. Und wie viel Mundspray er pro Woche in sich
hineinsprühte. Um drei, vier Minuten nach Pfefferminz, Eukalyptus oder
medizinischem Alkohol zu riechen, bevor es wieder stank wie eine Kloake. Dieser
Spray war keine Hilfe, sondern lediglich ein Vorwarnsystem. Nichts wie weg,
lautete seine Botschaft, solange es noch geht.
    Stefan hatte sogar schon daran gedacht, der Misere ein für
alle Mal ein Ende zu bereiten. War dann aber vor der Endgültigkeit dieser
Lösung zurückgeschreckt. Doch jetzt hatte er wieder etwas Hoffnung gefasst.
Immerhin hatte ein Facharzt vor Kurzem festgestellt, ein sogenanntes
Zenker-Divertikel wäre für sein Problem verantwortlich, auch für die immer
stärker werdenden Schluckbeschwerden.
    Nun, sobald das hier vorüber war, würde er ernsthaft über die
Operation nachdenken, die ihm der Doktor nahegelegt hatte.

     
    *

     
    Kurz vor 11 Uhr erschien Erna Wimmersal mit
ihrem Putzwagen in der Millfish’schen Suite, um aufzuräumen und die Betten zu
machen. Erna war 44 Jahre alt, wohnte in Schottwien und arbeitete seit fast
neun Jahren als Zimmermädchen im ›Grand‹.
    In dieser Zeit hatte sie schon vieles erfahren, und das in
jeder Hinsicht. Aber so eine Wirtschaft, wie sie diese fünf Gäste aus England
hinterließen, hatte sie bisher noch nie erlebt.
    Teure Kleidung, ja sogar Designerstücke lagen,
zerknüllt und achtlos fallen gelassen, am Boden herum, in den beiden Bädern
stand das Wasser zentimeterhoch, aber nicht in den Wannen, und von dem, was vom
Frühstück stehen geblieben war, hätte sich eine dreiköpfige Familie in einem
Entwicklungsland eine gute Woche lang ernähren können.
    Da Erna keine Familie in Afrika oder Asien kannte,
andererseits aber selbst einige hungrige Mäuler zu stopfen und kein allzu
fettes Salär hatte, fand sie nichts Schlimmes daran, immer genügend Alufolie
mit sich zu tragen, um sich nicht der Sünde schuldig machen zu müssen, Essen
wegzuwerfen.
    Heute Morgen hatte sich Frau Wimmersal zeitlich etwas vertan.
Sie war zu spät aufgestanden und daher ohne Frühstück zur Arbeit gegangen. Es
war daher nicht weiter verwunderlich, dass sie angesichts der Köstlichkeiten,
die Sir Peter achtlos stehen gelassen hatte, plötzlich ungeheuren Hunger
verspürte.
    Als sie dann, neugierig, wie Frauen nun einmal waren, den
Deckel der Silberschüssel auf dem Tisch anhob und das herrlich duftende Rührei
mit allen ihren Sinnen registrierte, gab es kein Halten mehr.
    Gierig löffelte sie eine ordentliche Portion der sogar noch
lauwarmen Köstlichkeit aus Eiern, versuchte sich zu erinnern, wie diese
kleinen, schwarzen Kugerln hießen, die darauf gehäuft waren, und wunderte sich
über die in Streifen geschnittene Wurst, die so penetrant nach Fisch schmeckte.
Aber doch irgendwie gut. Das Gebäck im Körberl war auch noch knusprig, und den
Orangensaft mochte sie ohnehin nicht zu kalt.
    Erna zelebrierte ein wahres Festessen. Sie hatte schon öfters
genascht, sich von den Resten ernährt, aber so opulent wie heute war es noch
nie zugegangen.
    Diese Eierspeis war so etwas von delikat gewürzt,
genussvoll schob sie sich eine weitere voll gehäufte Gabel in den Mund. Und
dieses schwarze Zeug schmeckte gar nicht schlecht dazu. Ein wenig säuerlich
vielleicht, aber sehr pikant. Wie hießen diese schwarzen Kugerln noch? Kefir?
Nein, warum wollte ihr das nicht einfallen? Sie war doch erst unlängst bei
einem Kreuzworträtsel über die richtige Antwort gestolpert. Wie war das noch
gewesen?
    Luxusdelikatesse, Fischeier, sechs Buchstaben, der erste war
ein K gewesen, der letzte ein r.
    Ach ja, das wars gewesen, Kevlar. Also an Kevlar könnte sie
sich gewöhnen.
    Plötzlich wurde Erna Wimmersal ganz seltsam, plötzlich sah
sie Doppelbilder vor ihren Augen, die gleich darauf ineinander verschwammen.
Dann schoss ihr ein stechender Schmerz, einer Kolik ähnlich, durch die
Eingeweide und sie musste sich übergeben. Und das voll auf die frisch gestärkte
Uniform des ›Semmering Grand‹.
    Aber zu spät, als ihr vornüberkippender Kopf mitten in dem
Rest Rührei mit Lachsstreifen und Kaviar landete, war sie bereits bewusstlos.
    Und wenige Minuten später tot. Mausetot.

     
    *

     
    Als Fink Brandtner vom LK

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