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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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für die zur Verfügung stehende Zeit.
    Ja, das wars. Mit einem Schlag ging es Palinski besser, viel
besser. Denn ihm war jetzt eingefallen, wer mit Sicherheit Bescheid wusste. Ob
dieser Jemand ihm allerdings auch weiterhelfen wollte, na, da war sich Mario
nicht ganz sicher.
    Die Frage war bloß, wie brachte er seinen alten russischen
Freund Juri Malatschew dazu, seinen dicken Hintern von der gut gepolsterten
Sitzbank des Cafés ›Kaiser‹ hochzuhieven und sich dafür in dem mindestens
ebenso gut gepolsterten Fauteuil in der Halle des ›Semmering Grand‹
niederzulassen?
    Er blickte auf die Uhr. Es war 12.20 Uhr, was bedeutete, dass
Juri die nächsten Stunden mit größter Wahrscheinlichkeit im ›Kaiser‹
anzutreffen war. Anrufen hatte keinen Sinn, blieb die Frage: Wen konnte er ins
Café schicken, um den alten Stier aus Kasan in den nächsten Zug zu packen?
    »Na, du musst ja einiges um die Ohren haben!«,
vernahm Palinski die vertraute Stimme Ministerialrat Dr. Miki Schneckenburgers
hinter sich. Mario drehte sich um, stand auf und umarmte den alten Freund.
»Entschuldige«, meinte er dazu, »aber es zerreißt mich. Ich war heute schon
zwei Mal in Wien und müsste jetzt ein drittes Mal hin.«
    Und das, obwohl die vom Institut, es war sein Institut für
Krimiliteranalogie gemeint, veranstaltete ›Mörderische Diskussion‹ Punkt 16.45
Uhr starten sollte. Denn für 17 Uhr war die Liveübertragung der Veranstaltung
durch die Television Austria vorgesehen.
    »Und da muss ich als Gastgeber, Co-Moderator und
Verantwortlicher natürlich anwesend sein. Du siehst also, die Quadratur des
Kreises ist ein Kinderspiel im Vergleich zu meinen Problemen!« Palinski zuckte
hilflos mit den Achseln.
    »Nun, vielleicht kann ich helfen!«, meinte Schneckenburger
kryptisch. »Der Minister«, damit war Dr. Josef Fuschée gemeint, der Leiter des
Innenressorts der Republik, »ist im Anflug auf den Semmering. Er wird in etwa
zehn Minuten auf dem provisorischen Hubschrauberlandeplatz vor der Talstation
des Hirschenkogellifts landen. Vielleicht …«
    Die Andeutung Mikis raubte Palinski den Atem, rief höchst
ambivalente Gefühle hervor.
    Einerseits begeisterte ihn die Vorstellung, in einer halben
Stunde in Wien und in zwei Stunden, nach Möglichkeit sogar mit Malatschew,
wieder am Semmering zurück zu sein.
    Andererseits wieder reichte die Vorstellung, in diesem höchst
labilen, nach Marios Meinung allen Gesetzen der Physik widersprechenden
Fluggerät auch nur einen Meter zurückzulegen, völlig aus, um seine Peristaltik
auf Umkehrschub gehen zu lassen.
    »Ich habe vorhin mit deinem Freund Josef gesprochen!« Schneckenburger
bezog sich darauf, dass der Innenminister Palinski in einer Laune einmal das
Du-Wort angeboten hatte. »Die Frau des Chefs möchte jetzt doch auf den
Semmering kommen. Sie wartet darauf, um 16 Uhr abgeholt zu werden. Wer weiß,
vielleicht schickt dich der Chef ja nach Wien, um seine Frau beim Flug zu
beschützen.« Miki kicherte eigenartig bei der Vorstellung, und Palinski kam
nicht umhin festzustellen, dass sein Freund von Jahr zu Jahr kindischer wurde.
Das war wohl schon der Beginn der Pubertät der Senilität.
    15 Minuten später betrat Dr. Josef Fuschée das ›Semmering
Grand‹ und wurde von Generaldirektor Eberheim auf das Herzlichste willkommen
geheißen.
    Zur gleichen Zeit erhob sich der Helikopter des
Innenministeriums schon wieder in die Luft, mit Mario Palinski, dem eben
ernannten Sonderbeauftragten des Ministers, an Bord.
    Genau zur gleichen Zeit war der aus Richtung Wien kommende
Pkw mit Helmut und Franka Wallner sowie Wilma Bachler an Bord von der
Schnellstraße Richtung Passhöhe abgebogen. Wilma bemerkte den tief fliegenden
Hubschrauber als Erste und meinte mit leichter Wehmut in der Stimme: »Ich würd
so gern einmal mit so einer Mühle fliegen, aber Mario ist in so etwas einfach
nicht hineinzubekommen!«

     
    *

     
    Carlo Montebello oder Commendatore Pahl-Giacometti
aus Triest, als den ihn seine sorgfältig konstruierte offizielle Biografie hier
am Semmering auswies, hatte einen gleichermaßen angenehmen wie auch
erfolgreichen Vormittag hinter sich.
    Er hatte das Wintergolf-Turnier Semmering besucht. Nicht als
Aktiver, Gott bewahre, nein. Sondern als interessierter Zuschauer, der, in eine
warme Decke gehüllt, die Sonne genoss und dabei den Imbicille, den Verrückten,
zusah, die stundenlang hinter einem kleinen Ball her waren. Einem Ball, der

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