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Schneenockerleklat

Schneenockerleklat

Titel: Schneenockerleklat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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einmal gewusst hatte, dass Juri überhaupt
schwimmen konnte, dabei am meisten irritierte, war, dass der alte Russe seinen
Leib nicht allein wasserte, sondern in Begleitung seines neuen Schwarms Berta.
    Da sollte jemand behaupten, dass Liebe nicht durch den Magen
ging.
    Helmbach schien es nach seinen Herzbeschwerden wieder besser
zu gehen. Gott sei Dank, denn ein schwer kranker Mitarbeiter war alles, was
Mario im Moment noch fehlte.
    Fossler schien das mit der Geldübergabe ja bestens erledigt
zu haben. Hatte sich die Pause bis morgen früh ehrlich verdient. Jetzt musste sich
bloß noch dieser verdammte Entführer melden und den Aufenthaltsort Alberts
bekannt geben. In den nächsten Stunden hatte er dies Fossler vage in Aussicht
gestellt.
    »… dir bleiben?« Palinski merkte erst jetzt, dass Wilma etwas
zu ihm gesagt hatte. »Ich sagte, du hast doch sicher nichts dagegen, wenn ich
mit den anderen schon vorgehe.« Wilma hatte die Absence ihres Marios bemerkt.
Sie deutete auf die übrige Gruppe, die aufgestanden war und sich in Richtung
Hotelbar bewegte.
    »Nein, nein!« Palinski war es richtig unangenehm, so völlig
absent erwischt worden zu sein. »Geh nur mit, du weißt doch, dass Juri ohnehin
nicht vor Dritten spricht. Er hasst nichts mehr als Zeugen. Und sobald der
Entführer anruft, melde ich mich sofort!«
    Wilma nickte dankbar, küsste ihn auf die Wange und folgte den
anderen. »Viel Spaß, Liebes. Ich komme so rasch wie möglich!«, rief ihr
Palinski nach.
    Die Ruhe, die nun herrschte, tat Mario richtig gut. Er durfte
nur nicht die Augen schließen, denn dann würde er zwangsläufig einschlafen. Also
musste er sich auf etwas konzentrieren, sein Hirn beschäftigen.
    Vielleicht sollte er in Sizilien anrufen. Er hatte diese
mysteriöse Seite, die Florian entdeckt hatte, zu seinen Freunden nach Letojanni
gefaxt, mit einem kurzen Begleitschreiben und der Bitte, ihn möglichst rasch
und knapp, aber doch authentisch über den Inhalt zu informieren. Denn außer
einigen Worten verstand er, wenn er ehrlich war, keine einzige Passage des in
einem seltsamen, mit italienischen Brocken durchsetzten Dialekt abgefassten Schreibens.
    Er blickte auf seine Uhr, noch zwölf Minuten bis Mitternacht.
    Was stand denn morgen alles auf …?

10.
    Freitag, 21. Februar, vormittags

     
    Palinski liebte das Rauschen des Meeres, diesen
intensiven Geruch nach Salz und Tang sowie die ständige leichte Brise, die
sanft über seine Haut streifte. Dazu die wärmenden Strahlen der Sonne, der
sanfte Druck zweier Frauenhände, die seinen Rücken massierten, sowie die
Vorfreude auf ein Glas eisgekühlter Paradise Bowle, die er eben bestellt hatte.
Wie schön konnte das Leben doch sein, wenn er einmal Zeit für sich und den Kopf
nicht voll mit Sorgen um Probleme fremder Menschen hatte.
    Die langbeinige Blondine an seiner Seite, an ihren Namen
konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern, wollte sich eben des Oberteils
ihres knappen Bikinis entledigen, als sich eine dunkle Wolke über Palinski
senkte. Komisch, der Himmel war blau und doch …
    »Challo, Mario, chörst du mich, du musst aufwachen!« Jemand
rüttelte ihn reichlich unsanft, aber erfolgreich an der Schulter. »Chörst du
mich endlich?«, brummte Juri, der Mario besorgt in die inzwischen weit
aufgerissenen Augen blickte. »Oder bist du innerchalb der letzten Stunde
verblödet?«
    Mario, der inzwischen wieder wusste, wo er war, sehnte sich
in seinen Traum zurück. In dem war es warm gewesen, die Menschen nett zu ihm
und er vor allem ausgeschlafen.
    Nun gut, in der Halle war es nicht gerade kalt, aber Juri
könnte schon etwas freundlicher sein. Und vor allem mit dem Schlaf war es in
der Realität ganz schlimm.
    Palinski setzte sich auf. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm,
dass es kurz nach Mitternacht war und er ungefähr 30 Minuten geschlafen haben
musste. Was wollte Juri um diese Zeit von ihm? Der verfressene Kerl konnte
wirklich lästig sein. Seine Schneenockerln hatte er doch schon erhalten. Und
das reichlich.
    Jessas, ja, jetzt fiel ihm wieder alles ein.
    Was war eigentlich im April 1988 in Budapest geschehen?

     
    *

     
    Im Mai 1973 warb die Stasi den gebürtigen
Braunschweiger Thomas P. Mühlsalm als Informanten an. Der talentierte, mehrsprachige
Journalist arbeitete als Korrespondent zweier deutsch- und einiger
englischsprachiger Zeitungen in Ostberlin. Was die Staatssicherheit nicht
wusste, zumindest eine ganze Zeit lang

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