Schneerose (German Edition)

anderen zu schießen. Selbst die
Verkaufsschilder der einzelnen Geschäfte werden plötzlich zum Highlight. Andere
lassen ihre Beine ins Wasser baumeln, während sie sich dick mit Sonnenmilch
einschmieren. Händler mit Bauchkörben voll Uhren, Schmuck und Sonnenbrillen
sprechen die Touristen an, die ihnen über den Weg laufen, um ihnen zu
versichern, dass sie nur bei ihnen orginal Markenware zu unschlagbaren Preisen
erstehen könnten. Fröhliches Lachen und Kichern erfüllt die Luft. Es riecht
nach Freiheit.
    Vor
einem kleinen, weißen Segelboot mit Motor bleiben sie stehen. Ein großes
Werbeschild preist auf der Kajütentür Tauchkurse an. Sofort tritt auch schon
ein etwa 30 Jahre alter tief braun gebrannter Mann mit blondierter
Surferboyfrisur aus der Tür und zwinkert ihnen schelmisch zu.
    „Wollen
mit? Wetter gut für tauchen.“, lockt er sie in gebrochenem Englisch und
entblößt dabei eine Zahnlücke zwischen seinen beiden vorderen Zähnen. Die Sonne
spiegelt sich auf seinem eingeölten Waschbrettbauch und Lia gluckst vergnügt.
    „Unbedingt!“,
erwidert Tru und tritt auf das Boot. Zufrieden verneigt sich der Mann und
streckt Lia seine Hand hilfsbereit entgegen, um ihr bei dem Aufstieg zu helfen,
doch diese folgt Tru alleine auf das Boot.
    „Selbst
ist die Frau“, sagt sie zu dem Araber, dieser hebt nur staunend die Augenbraue
und streckt ihnen erneut seine tiefgebräunte Hand entgegen. „Farid!“, erklärt
er und deutet dabei auf sich. Dieses Mal ergreifen Tru und Lia nacheinander
seine Hand und stellen sich ebenfalls vor.
    Nach
einer halben Stunde sind sie mit Farid und sechs weiteren Gästen startklar. Der
Motor ruckelt leise als sich das Boot in Bewegung setzt. Warmer Wind zerzaust
ihre Haare und fährt unter ihre Kleider. Lias weißes Kleid flattert immer
wieder gegen Trus nackte Beine. Ihre Arme berühren sich bei jeder noch so
kleinen Bewegung. Ein wohliger Schauer zieht sich jedes Mal von Trus Nacken bis
hinab zu ihrem Becken. Lias langes seidiges Haar streift ihre Wangen wie eine
sanfte Liebkosung und der Duft von Erdbeeren liegt neben dem Geruch von Salz,
Meer und Fisch in der Luft. Es ist einer dieser Momente, die man am liebsten in
sich aufnehmen würde, um sie immer und immer wieder erneut abspielen zu können.
Wenn es nach Tru ginge, könnten sie noch Stunden einfach über das Meer
schippern und sie wäre der glücklichste Mensch auf der Welt, doch die Fahrt ist
schneller vorbei als es ihr lieb ist. Sie halten in der Nähe einer kleinen
Bucht, die mit roten Felsen umrandet ist. Farid wirft den Anker aus, um danach
stolz vor die Truppe zu treten. Er verteilt Schnorchel, Taucherbrillen und
Schwimmflossen.
    „Vor
Tauchen, du müssen wissen, dass gibt Gefahren unter Wasser. Es gibt Rochen. Sie
haben Stacheln zur Verteidigung, aber benutzen nur, wenn denken, dass in
Gefahr. Auch Strahlenfeuerfisch und Rotfeuerfisch gefährlich, hat giftige
Stacheln. Fransen-Drachenkopf-Fisch ist wie Skorpion, auch vorsichtig sein.
Also halten besser Abstand.“, erläutert er mit seinem breiten Zahnlückengrinsen
und reicht ihnen Fotos der betreffenden Tiere herum.
    Trus
Blick wandert zu Lia, deren Haare wie pures Gold in der Sonne glitzern. Die
Rochen scheinen ihr nicht mal so unähnlich zu sein, auch Lia verfügt über eine
Verteidigung: Ihr Blut.
    „Ihr
werdet sehen viele Korallen, überall. Dazwischen gibt Riesenmuräne, kann über 2
Meter lang werden. Gibt viele verschiedene Fische unter Wasser, sind wie
Menschen, jeder anders.“ Wer hätte ihm so einen poetischen Kommentar zugetraut?
    „Wenn
Glück haben, wir sehen Schildkröte und Delfin.“, fügt er zuletzt zwinkernd
hinzu und schlüpft in seine grünen Flossen. Wie ein Frosch watschelt er darin
zum Rand des Bootes und springt in einem eleganten Köpper in das Wasser. Von
unten winkt er seine Tauchcrew zu sich herein.
    Etwas
unbehaglich streift Tru sich die beige Shorts und das blaue Top vom Körper.
Darunter trägt sie einen schlichten schwarzen Badeanzug, für einen scheuen
Moment wandern ihre Augen zu Lia, die ertappt den Blick abwendet. Ihre Wangen
färben sich rosa. Ist das die Sonne oder ist es ihr peinlich, dass Tru bemerkt
hat, wie sie sie angesehen hat? Lia zieht sich ebenfalls schnell das weiße
Kleid über den Kopf. Ihr Neckholder-Bikini ist feuerrot und bringt ihre bleiche
Haut zum strahlen, so als wäre ihre Haut von Diamantenstaub bedeckt. Je länger
Tru Lia betrachtet, um so mehr kommt sie zu der Überzeugung, dass Lia einfach
nicht