Schneerose (German Edition)
von dieser Welt sein kann. Sie ist zu schön und jeder Anblick schmerzt,
weil sie weiß, dass diese Empfindungen nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Ganz
egal, was sie sagt oder tut. Es kann nicht wahr sein. Aber wieder ergreift Lia
die Hand ihrer Freundin und sagt mit einem herausfordernden Lächeln: „Komm wir
springen zusammen rein.“
Sie
treten an den Rand des Bootes.
„3...2...1“,
Lia drückt Trus Hand, „...los!“
Sie
springen. Für einen winzigen Moment schweben sie in der Luft, dann umfängt sie
das erfrischende Wasser. Wie weggeschwemmt sind die schlechten Gedanken.
Kräftigt strampeln sie mit den Beinen und kommen zurück an die Oberfläche,
immer noch durch ihre Hände verbunden. Schaum hat sich um sie gebildet und das
Wasser schwappt gegen ihre Körper.
Nachdem
alle Teilnehmer sicher im Wasser gelandet sind, geht es los. Anfangs ist es
etwas komisch durch den Schnorchel zu atmen und Lia muss mehrmals an die
Oberfläche schwimmen, bevor sie den Dreh raus hat, doch dann ist es einfach
wunderbar. Überall tummeln sich kleine und große Fische in den
unterschiedlichsten Farben und Formen. Die Felsen sind besetzt von Korallen in
rosa, blau, gelb und grün. Voller Faszination saugen die beiden Mädchen eines
der lebendigsten Naturschauspiele der Erde mit den Augen auf. Jeder noch so
kleine Bestandteil des Riffs wirkt wie ein unglaubliches Wunder.
Sie
brauchen nur ihre Hände auszustrecken um in einen Schwarm kleiner schimmernder
Fische zu fassen, die dann schleunigst auseinander streben und das Weite
suchen. Sie gleiten mit ihren Flossen über das riesige Korallenriff, doch
plötzlich hebt Farid die Hand und gibt ihnen das Zeichen stehen zu bleiben.
Direkt unter ihm ringelt sich, wie bereits von ihm angekündigt, eine
Riesenmuräne. Nicht nur sie mustern das Tier neugierig, sondern auch die Muräne
beäugt die Taucher misstrauisch. Keiner von ihnen scheint sich wohl in der
Situation mit dem großen Tier zu fühlen. Auf Trus Rücken kräuseln sich die
Haare und sie scheint mehr Adrenalin als Blut im Körper zu haben. Über eine
Minute betrachten die Menschen und das Tier sich gegenseitig, bevor die Muräne
sich geschlagen gibt und davon schwimmt.
Langsam
wechselt das hellblaue Wasser die Farbe und färbt sich durch den
Sonnenuntergang in ein sattes Orange. Aus der Tiefe steigt der Plankton an die
Oberfläche und lockt Fischschwärme zum Abendmahl. Entspannt liegen die Taucher
im Wasser, während von den Riffplatten aufgeheiztes Wasser an ihnen
vorbeiströmt. Es ist warm wie in einer Badewanne. 30 cm große Fische
umschwärmen die Gruppe von allen Seiten, während sich die Kursteilnehmer
staunend mitten unter ihnen befinden. Das Gefühl dieses Naturereignis
miterleben zu dürfen ist für jeden von ihnen überwältigend.
Farid
gibt ihnen zu verstehen, dass sie sich nun so ruhig wie möglich verhalten
sollen. Also lassen sie sich auf dem warmen Wasser treiben, da geschieht das
Unfassbare. Nach wenigen Minuten taucht bereits eine ausgewachsene
Kairettschildkröte zwischen ihnen auf. Je bewegungsloser die Menschen sich
verhalten, umso näher traut sich das Tier an sie heran. Tru kann ihren
glitschigen und von moosbewachsenen Panzer an ihrer Handfläche spüren. Die
unfassbare Erfahrung zaubert ihr ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen.
Doch
plötzlich taucht die Schildkröte wieder unter und eine Gruppe Delfine bahnt
sich ihren Weg zu ihnen. Zögernd mischen sie sich unter die Taucher, doch jedes
Mal, wenn man sie berühren will, schwimmen sie eilig davon um in einigen Metern
Entfernung sich erneut neugierig zu den Menschen umzudrehen. Staunend weiten
sich Lias Augen. Nun ist es Tru, die ihre Hand ergreift und gemeinsam den
Delfinen folgt. Abseits von der großen Gruppe sind die Tiere zutraulicher und
schwimmen spielend um sie herum. In ihrem Rücken spürt Tru einen leichten
Stups. Aufgeregt drehen sie sich um ihre eigene Achse. Ihr gemeinsames
‚Aufeinanderzugehen’ gleicht einem Tanz. Zum Dank lässt sich einer der Delfine,
der Kleinste, von den beiden Mädchen streicheln. Seine Haut ist glatt und weich
zu gleich. Tru hatte erwartet, dass sie kalt sein würde, doch tief von Innen
heraus spürt sie die Wärme des Tieres. Über den Delfin hinweg, begegnet sie Lias
grünen Augen, die hier in den Tiefen des Meeres Zuhause zu sein scheinen. Durch
die Taucherbrille und die Krümmung des Wassers hinweg, sieht sie ihre Tränen,
doch ihr Gesicht strahlt vor Freude. Sie hat Lia nie glücklicher
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