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Schneerose (German Edition)

Schneerose (German Edition)

Titel: Schneerose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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düsteren, nur von Kerzenlicht erhellten, Raum. Die Sonne muss
bereits am Himmel stehen und während alle anderen wahrscheinlich bereits
schlafen, stehen sie beide hier und diskutieren über etwas, was eigentlich
längst entschieden sein sollte. Für Verrat gibt es keine Vergebung.
    „Er hat sie vergewaltigt. Wie ein Tier hat er sich auf sie gestürzt und
sich einen Dreck um ihre Gefühle geschert. Über ihren Tod wird sie sich
wahrscheinlich noch freuen, nach all dem Leid, das er ihr zugefügt hat. Willst
du so jemanden wirklich in Schutz nehmen?”, fragt Claudia sie nun eindringlich,
wobei deutlich ihre Verachtung für Orlando herauszuhören ist.
    Die Wahrheit ist: Sie WILL Orlando verteidigen, sie WILL ihn schützen,
sie WILL nicht, dass er stirbt, doch sie KANN es nicht verhindern und sie KANN
ihm auch nicht vergeben. Was er der Frau angetan hat, was er IHR angetan hat,
könnte sie vielleicht verzeihen, jedoch niemals vergessen. Er hat sie verraten.
Hat sie bloß gestellt vor all ihren Untertanen.
    Traurig schüttelt sie den Kopf und wendet Claudia den Rücken zu. Ein
stummes Eingeständnis. Doch anders als erwartet, freut sich Claudia nicht über
ihren Triumph, sondern gleitet an Chasitys Seite und legt ihre Hand auf deren
freien Oberarm. Ihren Kopf legt sie zärtlich auf Chasitys Schulter und drückt
sie mit ihrer anderen Hand an sich.
    „Es tut mir leid, ich weiß wie viel er dir bedeutet.”, flüstert sie ihr
liebevoll ins Ohr. Ihre Wange streift warm die von Chasity, sodass diese spürt
wie der ganze Druck wenigstens ein bisschen von ihr abfällt. Erleichtert sinkt
sie an Claudia, die ihr sanft über das nachtschwarze Haar streicht.
    „Ich werde immer an deiner Seite sein, so wie all die vergangenen
Jahrhunderte auch. Es gibt nichts was du tun könntest, um mich von dir
fernzuhalten.”
    Chasity seufzt. „Ich weiß Claudia, aber du bist nicht meine Familie.”
    Bereits als sie es ausspricht, erkennt sie, wie grausam und unfair es
ist. Am liebsten würde sie den dummen Satz sofort zurücknehmen. Doch was einmal
gesagt ist, lässt sich nicht mehr leugnen.
    Sofort löst sich Claudias Hand aus ihrem Haar und als Chasity besorgt zu
ihr herumfährt, sieht sie erst wie tief sie ihre treuste Freundin wirklich
getroffen hat. Tränen verschleiern ihren Blick, während ihre Lippen
unkontrolliert beben.
    „Es... Ich... “, setzt Chasity an, doch Claudia unterbricht sie erneut.
    „Ich habe mich nicht beschwert, weil du mir nicht geglaubt hast. Ich habe
nichts gesagt, weil du mich vor den anderen immer wie eine unbedeutende Lakeie
dastehen lässt. Ich habe keine Entschuldigung von dir verlangt, ganz im
Gegenteil, ich habe mit dir gefühlt.”
    Wie Peitschenhiebe schlagen Claudias Worte auf Chasity ein.
    „Schon bevor du den Thron bestiegen hast, war ich dir stets treu ergeben.
Wann immer es dir schlecht ging, habe ich mich um dich gekümmert. Selbst mein
Blut habe ich dich trinken lassen. Als dein Vater im Kampf fiel, war ich es die
dir wieder auf die Beine geholfen hat. Wir beide kennen uns länger als sonst
irgendjemand. Als wir uns trafen, war Orlando ein Niemand, Mary nicht einmal
geboren und trotzdem ziehst du sie mir jetzt vor.”
    Während Claudia zuvor die Tränen noch beherrscht zurückhalten konnte,
quellen sie jetzt wie bei einem gebrochenen Flussdamm ungestüm hervor und
lassen in Chasitys Hals einen dicken Kloß entstehen. Es stimmt, Claudia ist der
einzige Vampir, dessen Blut sie je gekostet hat. Sie waren Gefangene der Feinde
ihres Vaters. Wie Ratten hatte man sie in ein Loch eingepfercht und wochenlang
nicht beachtet. Beide waren sie dem Tode nah gewesen, halb wahnsinnig vor
Hunger und selbst in dieser aussichtslosen Situation, hatte Claudia nicht
aufgegeben, sondern wäre lieber selbst gestorben als zuzulassen, dass Chasity
es tut. Ihr Blut war süßer gewesen als alles was sie jemals zuvor getrunken
hatte. Es hatte nach Sonnenschein, Wärme und vor allem nach Liebe geschmeckt.
Claudias Blut hatte ihr das Leben gerettet.
    „Auch wenn wir nicht vom selben Blut sind, so hatte ich doch gehofft,
dass all meine Bemühungen, die immer von Herzen kamen, dich erreichen würden.
Deinetwegen bin ich gestorben. Ich bin dir nicht weniger verbunden wie Mary.”
    Mit jedem Wort wird ihre Stimme leiser und trauriger.
    „Aber du bist blind vor Liebe für deine Familie. Jemand anderes hat da
keinen Platz...”
    Resigniert kehrt Claudia ihr den Rücken zu und lässt sie alleine zurück
in dem Thronsaal, indem

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