Schneerose (German Edition)
Fenster.
„Ich
habe es mit eigenen Augen gesehen!”
„Dann
musst du dich täuschen.”
„Wie
kannst du dir da so sicher sein?”
„Wie
kannst du dir nur unsicher sein?”, erwidert Mary und richtet ihren Blick zurück
auf ihre Königin. „Orlando hat mich gerettet. Ich vertraue ihm und das solltest
du eigentlich auch.”
Nun
ist es Chasity die verletzt den Blick abwendet. „Er hat mein Vertrauen
missbraucht. Er hält sich an keine Regeln...”
Mary
fällt ihr energisch ins Wort. „Er liebt sie! Zum ersten Mal seit... seit jeher
ist er wirklich verliebt.”
Auch
wenn Claudia sich nicht einmischen wollte, so kann sie sich doch dieses
Kommentar nicht verkneifen. „Hat er nicht schon so viele vor ihr geliebt? Ist
es nicht jede Woche, nein was sag ich, jede Nacht eine andere?!”
„Bei
ihr ist es anders. Sie ist etwas Besonderes!”
Claudia
lacht auf. Kein Wort glaubt sie Mary, so sehr diese auch von ihren eigenen
Aussagen überzeugt zu sein scheint. Schön, wie Orlando auch sie für seine
Zwecke veralbert und belogen hat.
Mary
zögert einen Moment, doch dann kann sie nicht länger damit zurückhalten.
„Er
konnte ihr Blut nicht trinken.”
Verwundert
zieht Claudia die Augenbraunen hoch und auch Chasity starrt Mary fragend an.
„Er
hat es versucht, aber es hat gebrannt wie Feuer.”
„Wann
war das?”
Hoffnungsvoll
blickt Mary den Beiden entgegen.
„Bereits
am ersten Abend, seitdem hat er es nicht mehr versucht. Sie ist nicht wie
andere Menschen. Wer weiß, vielleicht ist sie nicht mal ein richtiger Mensch.”
Fragend
blickt Chasity von Mary zu Claudia. Von so etwas hat sie in der Tat noch nie
gehört, doch Claudia zuckt nur unbeeindruckt mit den Schultern.
„Dann
ist es umso wichtiger, dass wir sie finden.”
„Aber
ihr werdet sie doch dann nicht töten?”, ruft Mary mit flehender Stimme aus.
„Wenn
sie ein Mensch ist, muss sie sterben. Sie hat zuviel gesehen, um am Leben
bleiben zu können.”, entgegnet Claudia kompromisslos und auch Chasity zieht
sich nun von Mary zurück.
Verzweifelt
springt diese von ihrem Fensterbrett und klammert sich an Chasitys Hand. „Du
würdest ihm damit das Herz brechen!”
„Mit
jeder seiner Lügen bricht er mir ebenfalls das Herz. Ich habe ihm vertraut…“
„Bitte!
Bitte, du darfst ihr nichts tun. Sie ist anders...”, jammert Mary, nicht bereit
Chasitys Hand loszulassen. Dicke, blutige Tränen kullern über ihre Wange,
begleitet von einem herzzerreißenden Schluchzen.
Während
Chasity komplett überfordert mit der Situation ist, ergreift Claudia die
Initiative und zerrt Mary von Chasity, während diese wild um sich schlägt.
„Wachen!”,
kreischt Claudia, ohne das Chasity auch nur irgendeine Anstalt machen würde,
einzugreifen. Sie ist gefangen in ihren Gefühlen. Auf der einen Seite möchte
sie Mary glauben, aber auf der anderen Seite hat sie Angst davor ihre Macht zu
verlieren, wenn sie sich gegen alle Clanmitglieder stellt. Es bleibt ihr nichts
anderes übrig als auf Claudias Urteilsvermögen zu vertrauen.
Egal
wie viel vorgefallen ist und wie schlecht sie sich in letzter Zeit auch
verstanden haben, hofft Lia, dass sie noch immer auf die Freundschaft mit
Lindsay zählen kann. Natürlich könnte sie auch zu Mike gehen, mit dem sie
sowieso verabredet ist, aber sie braucht den Rat einer Freundin - um genau zu
sein den Rat ihrer besten Freundin. Lindsay hat sie bereits vor Tru gewarnt,
aber was ist mit Orlando? Sie hatte sich für Lia gefreut. Außerdem kennt
Lindsay sich mit dem ganzen Vampirkram richtig gut aus. Sie steht nicht nur
total auf Twilight und verschlingt einen Vampirroman nach dem anderen, sondern
bewegt sich auch noch in der Gothicszene. Wenn Lindsay ihr nicht helfen kann,
wer dann? Sie muss ihr einfach helfen!
Ein
kurzer Blick auf ihre Armbanduhr verrät ihr, dass es bereits zu spät ist, um
noch mal nach Hause zu gehen und sich umzuziehen. Unwohl blickt sie an sich
hinab. Nach Party sieht sie gewiss nicht aus. Ihre schwarzen Chucks sind zwar
bequem, aber alles andere als stylisch und die roten Blutspritzer auf den
weißen Spitzen machen es nicht unbedingt besser. Ihre Jeans ist so alt, dass
sie bereits knapp über ihren Knöcheln endet und den einen oder anderen Riss an
den Knien. Aber am schlimmsten ist der blaue Kapuzenpullover auf dessen Mitte
sich ein großer Blutfleck ausgebreitet hat, welcher sich mittlerweile rostrot
verfärbt. Über den Spott der anderen braucht sie sich in einem solchen Aufzug
gar nicht erst
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