Schneerose (German Edition)
zu wundern. Aber was macht es schon für einen Unterschied? Sie
könnte auch von einem Topstylisten zu Recht gemacht dort aufkreuzen und alle
würden sich das Maul über sie verreißen. Das Wichtigste ist, dass sie endlich
mit Lindsay reden kann. Trotzdem will sie Mike nicht schon wieder vor den Kopf
stoßen und so zieht sie ihr Handy aus ihrer Hosentasche und wählt schnell seine
Nummer. Bereits nach dem ersten Klingeln hebt er ab.
„Lia?”,
fragt er mit ungläubiger und leicht ängstlicher Stimme, obwohl er genau weiß,
dass sie es ist. Er hat ihren Namen schließlich auf dem Display gelesen.
„Ich
wollte dir nur Bescheid sagen, dass du mich nicht abzuholen brauchst. Wir
können uns direkt auf der Party treffen.”
Schweigen.
„Mike?
Bist du noch dran?”
„Willst
du nicht mit mir gesehen werden oder warum darf ich dich nicht abholen?”
„Ich
schaffe es nicht mehr rechtzeitig nach Hause. Wir sehen uns doch dann da.”
„Dann
sag mir wo du bist und ich hole dich dort ab.”
Langsam
wird er Lia lästig, so gern sie ihn auch hat.
„Das
ist wirklich nicht nötig, ich bin in 10 Minuten da.”
„Wir
wollten aber zusammen hingehen.”
„Das
tun wir doch auch!”
„Nein,
wir betreten den Raum nicht zusammen, sondern getrennt. Das macht einen
Unterschied!”
Was
ist nur los mit ihm? So kennt sie ihn gar nicht. Er führt sich wirklich albern
auf. Total kindisch.
„Mike,
du benimmst dich schon wie Lindsay. Was ist eigentlich dein Problem?”
„Ich
benehme mich überhaupt nicht wie Lindsay. Wir haben nichts miteinander zu
tun.”, schallt es durch den Lautsprecher aufgebracht zurück. Lia seufzt.
„Bis
gleich!”
Es
hat keinen Sinn weiter mit ihm zu diskutieren und so legt sie einfach auf.
Die
Party findet in einer Art Kneipe am Hafen statt. Über dem Eingang klebt ein
großes Banner der Scarborough Grammar School mit dem traditionellen Leuchtturm.
Tannen- und Mistelzweige schmücken die Fassade, so wie bunte Lichterketten die
Fenster. Nur noch zwei Tage bis Weihnachten.
Als
Lia in die Straße einbiegt, schlägt ihr bereits der laute Bass von “Crawling”
von Linkin Park entgegen und löst ein unangenehmes Gefühl in ihrer Magengegend
aus. Die Passanten auf dem Weg haben sie bereits mit argwöhnischen Blicken
bedacht, aber obwohl Lia das bereits gewöhnt sein müsste, bereitet es ihr
schwitzige Hände. Sie hasst große Menschenmengen und sich jetzt in eine winzige
verrauchte Kneipe zu drängen, um dort Ausschau nach Lindsay zu halten,
verursacht ihr richtiggehende Magenkrämpfe.
„Without a sense of confidence”
Bevor
sie sich unter dem ersten Getuschel in das Gebäude drängen kann, ergreift
plötzlich jemand ihren Arm. Erschrocken zuckt sie zusammen und fährt mit
scheuem Blick herum. Sie stockt und muss erstmal genauer hinsehen, bevor sie
wirklich begreift wer dort vor ihr steht. Sein wirres Haar liegt glatt und
streng zurück gegellt an seinem Kopf. Die dicke Hornbrille ist verschwunden und
durch unauffällige Kontaktlinsen ersetzt worden. Anstatt einem Pullunder mit
weißem Hemd trägt er ein rotes Shirt mit schwarzem Ledermantel. Durch die
passende Lederhose nimmt Lia zum ersten Mal war, dass er so etwas wie eine
Figur besitzt und dazu nicht mal eine schlechte, abgesehen von dem kleinen
Waschbärbauch. Vielleicht nicht so muskulös wie Orlando, aber durchaus attraktiv.
Verwundert blickt sie in Mikes Augen, der sie erwartungsvoll angrinst. Bevor
sie irgendetwas sagen kann, werden sie rüde angerempelt und auf den Boden der
Tatsachen zurückgeholt.
„Loser!”,
lallt es laut, begleitet von einer Alkoholfahne, in ihr Ohr und zwei
Mitschüler, die sie sonst nur vom Sehen kennen, drücken sich an ihnen vorbei.
Ganz
ungewohnt, ergreift Mike plötzlich Lias Hand. Sein Griff ist fest.
„Komm,
wir holen uns etwas zu trinken!”, sagt er bestimmt und zieht Lia mit sich in
die Kneipe. Was ist nur los mit ihm? So kennt sie ihn gar nicht und sie ist
sich auch gar nicht mehr so sicher, ob sie sich über diese Veränderung freuen
soll. Als sie auf dem Weg durch die aneinanderrempelnden und schwitzenden
Körper aus dem Augenwinkel Lindsay entdeckt, bleibt sie sofort stehen. Aber
Mike nimmt gar keine Rücksicht auf sie, sondern zieht nur noch fester an ihrem
Arm, sodass sie sich schließlich richtiggehend losreißen muss. Erst dann dreht
er sich verärgert zu ihr herum.
„Was
ist los?”, ruft er ihr durch die laute Musik zu.
„Da
hinten ist Lindsay, ich will kurz mit ihr
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