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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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wäre, dass ein bedeutender Gedanke durch schlichtes Vergessen verloren ging. Vielleicht hätten wir dann schon Autos, die ohne Benzin, Wasserstoffoder Strom fahren. Vielleicht gäbe es die Welt aber auch schon gar nicht mehr. Mit dem Vergessen hat es so einiges auf sich. Bei Kriminalfällen natürlich besonders.

    Resnais ist ganz froh, dass er mal rausgekommen ist. Normalerweise muss er immer telefonieren oder wenigstens das Telefon bewachen. Das ist in Ordnung, er ist ja noch Anfänger. Trotzdem! Deshalb ist er bestimmt nicht zur Polizei gegangen.
    Aber was erwartet Roland? Dass ich Heimann an einem Kiosk aufgabele, wo er sich gerade besäuft?
    Mit Saufen hat es nichts zu tun, der Gedanke ist Quatsch. Dann sieht Resnais etwas Merkwürdiges. Heimann drückt sich in einen Hauseingang.
    »Was verstecken Sie sich dann da, Herr Heimann?«
    »Was wollen Sie?«
    »Kommissar Colbert schickt mich, wir warten auf Sie.«
    »Gott sei Dank, ich … Jemand hat versucht, mich zu töten.«
    »Zu töten? Und wie?«
    »Mit einem Backstein.«

    Nicht da hinfahren, nicht! Ist das der Irre in ihm, der ihm sagt, dass er nicht da hinfahren soll, wo er das Mädchen erschlagen hat? Warum noch mal in den Wald? Damit du dich daran erinnerst, dass gar nichts passiert ist! Er kann es nicht mehr auseinanderhalten. Der vernünftige Teil hat ihn jahrelang gerettet, jetzt bedroht er ihn. Leichtsinn hoch drei!
    Sie sind ihm ohnehin auf der Spur. Er hat sich auffällig verhalten. In der Schule. Nur das kann es sein. Oder hatte ihn doch jemand gesehen? Im Haus war kurz Licht angegangen. Der Gedanke, dass die Hexe ihn vielleicht gesehen hat, war ja überhaupt der Auslöser gewesen. Deswegen hatte er bei der Zeitung angerufen und die Spur Richtung Heimann gelenkt. Und genau das war ein Fehler gewesen!Warum hatte er das gemacht? Ich hab doch gar nichts getan! Aber welcher Teil war das, der ihm sagte, dass er nichts getan hatte? Der vernünftige Teil! Der weiß, dass ich nichts getan habe. Ich muss also nicht hinfahren und nachsehen! Ich muss das gar nicht tun!
    Trotzdem. Er muss noch mal dort hin. Natürlich! Vor Ort würde er sich bestimmt erinnern. Daran, dass gar nichts passiert ist. Daran, dass der vernünftige Teil in ihm recht hat. Und fahren ist immer gut. Oder schlecht! Schlecht! Die Mädchen hat er immer mit dem Auto verfolgt. Das ist doch sein Trick gewesen. Seine perversen Triebe umzulenken in diese Verfolgungen. Und es ist ja auch nie mehr etwas passiert. Die Straßen sind wieder frei. Wenn die Straßen nicht frei wären, könnte er nicht fahren. Es war kein Mord, rede dir das nicht ein! Es sind auch nicht die Gedanken an den Mord, die ihn zwingen zu fahren. Es ist etwas, das der vernünftige Teil fordert. Etwas, das im Namen der Vernunft immer stärker wird, in ihm. Dieser Zwang, andere zu verfolgen. Nur, wen verfolgt er im Moment eigentlich? Sich selbst? Ist das noch vernünftig, was der vernünftige Teil in ihm tut? Ist das nicht längst viel stärker und zwanghafter als seine Lust auf die Mädchen? Die Pläne. Die Wege. Die Linien, die er im Kopf hat. Sie zu verfolgen. Sie in seiner Gewalt zu haben. Zu wissen, wo sie sind und was sie tun. Immer dabei zu sein. Ist das vernünftig?
    Immerhin hab ich heute eine gute Idee gehabt!
    Er hat angefangen bei dem Spiel mitzuspielen, dass die Polizei mit ihm spielt. Seine Vernunft will, dass er sich der Gefahr stellt. Aber was mache ich jetzt? Warum fahre ich noch mal zum Wald? Ja, warum tut er das? Damit du siehst, dass nichts ist! Er gibt Gas. Seine Stimmung ist von einem Moment zum nächsten umgeschlagen. Er kann es kaum noch erwarten. Sich von der Last dieser eingebildeten Schuld zu befreien.

    Walter Heimann ist ziemlich aufgeregt. »Jemand hat versucht, mich umzubringen!«
    Resnais ist zum ersten Mal bei einer Vernehmung dabei. Seit drei Minuten versucht Heimann, Ohayon und den Kommissar davon zu überzeugen, dass ein Mordanschlag auf ihn verübt wurde. Höchste Zeit für Resnais, etwas zu sagen.
    »Ich glaube nicht, dass das ein Mordanschlag war, Herr Heimann. Ich war oben auf dem Baugerüst. Da liegen eine Menge solcher Backsteine rum. Einige ziemlich dicht am Rand. Ich würde sagen, das war ein Unfall. Der Stein ist einfach runtergefallen.«
    Roland Colbert weiß, dass er im Augenblick nicht klären kann, ob jemand einen Stein auf Walter Heimann geworfen hat. Also versucht er, das Beste aus der Situation zu machen. »Wer, glauben Sie, könnte den Stein geworfen haben?«
    »Na der, der auch

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